Achill Moser / Aaron Moser, Über die Alpen nach Italien

Werbung für Literatur geht oft eigenartige Wege. Da hat beispielsweise ein Verlag die Rechte eines Klassikers, was ist also naheliegender, als einen Zeitgenossen buchstäblich auf den Weg des Klassikers zu schicken.

Im Falle von Heinrich Heine wird das Gesamtwerk von jenem Verlag betreut, der auch den Abenteurer und Anthropologen Achill Moser losgeschickt hat, mit seinem an Afrika geschulten Blick die Alpen im Geiste Heines zu durchwandern. Der Abenteurer hat, um auch ein jüngeres Publikum anzusprechen, seinen zwanzigjährigen Sohn Aaron mit im Gepäck, der einen forschen Schritt hat und nach jedem Kapitel eine SMS an seine Mama schreibt.

Die Wanderung verfolgt drei Ziele, denn ohne Ziel darf man sich heutzutage nicht mehr auf den Weg machen. Einmal gilt es die Italien-Reise Heinrich Heines 1828 und seine Aufzeichnungen darüber aufzufrischen, dann gilt es zu beobachten, was einem Fußgänger passiert, der von den Verkehrswegen an die Wand gedrückt die Alpen durchwandert, und schließlich will ein alter Haudegen des Lebens als Vater überprüfen, wie die jüngere Generation und insbesondere sein Sohn so in den Alpen ticken.

Die Reiseroute von Heinrich Heine sowie dem Moser-Duo führt von München über Innsbruck, Bozen, Verona nach Mailand, von dort aus gibt es einen Wanderbogen über Genua und Lucca nach Florenz. So viel sei verraten, sowohl die Original-Reise Heines als auch das Revival können als gelungen bezeichnet werden, alle kommen lebend in Florenz an.

In Innsbruck stellen sich die Gegenwartswanderer tapfer vor der Nächtigungstafel des Goldenen Adlers an und suchen die Zeile mit Heinrich Heine heraus. Dann vergehen sie sich sinnlos nach Mutters, ehe sie über das Igler Hochplateau (!) die Sill hinauf zum Brenner finden.

Einen Höhepunkt, zumindest was die Seehöhe betrifft, stellt der Brenner dar, edel aufgepflanzt zwischen Innsbruck und Bozen.

Gleich hinter der Grenze befindet sich die italienische Ortschaft Brenner. Eine große Enttäuschung. Denn Brenner ist kein Ort zum Wohlfühlen. Alles wirkt düster und ausgestorben. (112)

Aber auch Bozen bringt es letztlich nicht richtig.

So schön die Hauptstadt Südtirols sich auch präsentiert, unsere Blicke schrecken ein wenig zurück vor rollenden Blechschlangen, lauten Straßenlokalen, überfüllten Fußgängerzonen und grellen Beschriftungen. (123)

Die Wanderung bleibt auch in der Folge geprägt von körperlichen Ermüdungserscheinungen und einem ständig wegschlafenden Geist, der durch Heine und Auftrag zum Protokollieren wach gehalten wird.

Die Reise über die Alpen ergibt ein nettes Ereignis, das sich leicht liest. So ungefähr lesen wir sonst von Wanderungen durch Burkina Faso oder Mauretanien. Die subjektiven Eindrücke können in der Literaturgeschichte geadelt und vergoldet werden, wenn sie beispielsweise von Heine aufgezeichnet werden. Auch für die Modeerscheinung „literarisches Reisen“ gilt: je berühmter der Ausführende umso ergreifender die Ausführung!

Achill Moser / Aaron Moser, Über die Alpen nach Italien. Zu Fuß 1500 Kilometer auf den Spuren Heinrich Heines. Abb.
Hamburg: Hoffmann und Campe 2011. 287 Seiten. EUR 20,60. ISBN 978-3-455-50193-3

 

Weiterführende Links:
Verlag Hoffmann und Campe: Achill Moser / Aaron Moser: Über die Alpen nach Italien
Homepage: Achill Moser

 

Helmuth Schönauer, 25-01-2012

Bibliographie

AutorIn

Achill Moser / Aaron Moser

Buchtitel

Über die Alpen nach Italien. Zu Fuß 1500 Kilometer auf den Spuren Heinrich Heines

Erscheinungsort

Hamburg

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Hoffmann und Campe

Illustration

Achill Moser

Seitenzahl

287

Preis in EUR

20,60

ISBN

978-3-455-50193-3

Kurzbiographie AutorIn

Achill Moser, geb. 1954, lebt in Hamburg.<br /><br /> Aaron Moser, geb. 1991, lebt in Hamburg.