Christoph Wagner, Universität der Genüsse

Kochen, was das Sinneszeug hält! - Spätestens seit Peter Kubelka an der Städelschule in Frankfurt im Rahmen seiner Koch- und Filmvorlesungen an der Universität gekocht hat, wird die Verbindung Gastrosophie und Universität international mit Genugtuung zur Kenntnis genommen.

Christoph Wagner gilt schon zu Lebzeiten als der umfangreichste Gastrosoph, bei ihm laufen Lyrik und Kochen, Weinkunde und Philosophie, Besteck und Lebensmittelmanagement in einander über. Aus den fast abgeschlossenen Skripten ist jetzt als Vermächtnis ein Handbuch der Genüsse geworden.

Zu Beginn widmet sich Christoph Wagner dem Wesen des Genießers, im Prinzip kann jeder Genießer werden, wenn er über seine Geschmackseindrücke reflektiert. Genießen ist also das Kommunizieren über das „Geschmeckte“, so kann man vermutlich nur in Gesellschaft Kulinarik betreiben, denn alleine bleibt man mit seinen Geschmäcken übrig.

Das Genießen selbst soll durchaus auch schlechte Erfahrungen beinhalten, damit man merkt, wie das Gute wirkt. Dabei tauchen so seltsame Begriffe wie „Ekelschwellenangst“ auf. Der Genießer darf sich nämlich vor nichts grausen, wenn es ihn nämlich beim Essen würgt, gehen auch die Sinnesorgane für Geschmack auf Tauchstation. Und schließlich muss man sich Geschmack auch leisten können, denn es ist meist ein Privileg der Reichen, den sogenannten Zeitgeist des Geschmacks zu entwickeln.

In der Soziologie des Geschmacks und der Entwicklung der europäischen Esskultur wird dann eine andere Geschichte erzählt. Wie isst man in diversen Gesellschaften, wie entwickelt sich ein Bankett, und wer darf an welchen Geschmäckern teilhaben?
Ziemlich handfest fallen dann auch die fünf Genussregeln aus:

  • Genuss muss demokratisch sein
  • Genuss ist Vollglück in der Beschränkung
  • Genuss darf nicht inflationär werden
  • Genuss muss auch Sünde sein dürfen
  • Genuss bedeutet auch Verantwortung

Ein eigenes Kapitel bekommt die österreichische Küche, die als Grenzgang zwischen Gastfreundschaft und Anbiederung beschrieben wird.

Ein Giga-Kapitel widmet sich dem Wein und seiner Kultur, hier kommt der Begriff Universität noch einmal voll zum Vorschein, es gibt nichts, worin nicht der Wein seine Spuren hinterließe. Der Wein baut sich dabei nicht nur selbst im Fass aus sondert baut eine eigene Sprache um sich herum.

Für Glossen entwickelte Skurrilitäten lassen sich wie Witze erzählen, eine Wurst, die Kafka heißt, Kaffee aus Katzenkot, Wildbret, das längst gezähmt ist, oder Vegetarismus als groteske Ausformung. Elegante Rezepte und ein umfangreiches Stichwortverzeichnis runden die Universität der Genüsse ab. – Ein Handbuch für alle Genussfälle.

Christoph Wagner, Universität der Genüsse. Herausgegeben von Renate Wagner-Wittula
Innsbruck: Haymon Verlag 2015, 552 Seiten, 29,90 €, ISBN 978-3-7099-7223-6

 

Weiterführende Links:
Haymon Verlag: Christoph Wagner, Universität der Genüsse
Wikipedia: Christoph Wagner

 

Helmuth Schönauer, 26-01-2016

Bibliographie

AutorIn

Christoph Wagner

Buchtitel

Universität der Genüsse

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2015

Verlag

Haymon Verlag

Herausgeber

enate Wagner-Wittula

Seitenzahl

552

Preis in EUR

29,90

ISBN

978-3-7099-7223-6

Kurzbiographie AutorIn

Christoph Wagner, geb. 1954 in Linz, starb 2010 in Kindberg.