Manfred Chobot, Das Killer-Phantom

Selbst bei noch so großer Aufklärung bleibt immer noch ein Resträtsel, das unter anderem als Phantom dargestellt wird. Obwohl jedes Leben mit dem Tod endet, steckt hinter jedem Abgang eines Menschen ein Killer-Phantom, das mehr oder weniger logisch agiert.

Manfred Chobot setzt den Abgang seiner Figuren weniger in einen metaphysischen sondern eher in einen soziologischen Zusammenhang. Meist sind es die Umstände, die überlebten Partnerschaften oder die Ungustln im Grätzl, die auf einen seltsamen Tod hinausdrängen.

Das Killer-Phantom tritt vor allem leise und unspektakulär auf. In der Titelgebenden Eingangsgeschichte kommt es in halb Europa zu unerklärlichen Mordfällen, die auf einen hyper-mobilen Täter schließen lassen. Als man den DNA-Spuren genauer auf die Pelle rückt, ergibt sich einen mordende Fratze, die offensichtlich weiblich und voller Durchschnittswerte ist.

Nach Monaten stellt sich heraus, dass die Wattestäbchen, mit denen die Spuren am Tatort aufgelesen worden sind, selbst bereits von einer Stäbchen-Mitarbeiterin verunreinigt worden sind. Der Fall geht durch alle Medien, weil er die Schwachstelle eines scheinbar deppen-sicheren Systems zeigt. Was nützt mir alle Analyse, wenn ich unter falschen Voraussetzungen zu analysieren beginne?

Manfred Chobot, ganz realistischer Schriftsteller mit dem Blick für die Alltags-Lage, verschafft dem Fall des Killer-Phantoms eine neue Relevanz, indem er die Geschichte als Fiktion erzählt. Letztlich sind alle Fälle ein präpariertes Narrativ, das wir uns ausmalen, um den Fall aushalten zu können.

Unter dieser Prämisse gibt es in der Folge jede Menge letale Ungereimtheiten aus der Welt der kleineren und mittleren Kriminalität. Betrug, Diebstahl, Stalking, Mobbing, Seitensprung und Testamentsfälschung sind oft jene Entladungen, mit denen das Individuum Druck aus  dem Leben zu nehmen versucht. Manches Vorgehen endet tödlich und wird für natürlich gehalten, anderes bleibt rätselhaft und der Akt wird geschlossen.

„Sterben und Erben“ nennt sich der große Bottich, worin diese Fälle schwimmen, bei denen jemand durch Beiseite-Räumen des Testaments oder überhaupt des Erblassers sich etwas materielle Erleichterung verschafft. „Lügen und Betrügen“ ist jene Abteilung überschrieben, worin sich Täter eine persönliche Moral zulegen oder ein Geschäft ein wenig ins Illegale ausdehnen.

Über allem steht das Recht, das so gut es geht mit Augenmaß gesprochen wird. Dabei kommt diese Österreichische Spezialität zum Zuge, wonach die Dinge sprachlich scharf aber in der Handlung mit Augenzwinkern erledigt werden müssen.
Manfred Chobot erzählt ein Stück Alltag in der zeitlosen Gültigkeitsform von Geschichten. Was sich üblicherweise als ein paar Zeilen Chronik präsentiert, wird im Killer-Phantom zu einem Lebensprogramm ausgebaut, weil sich erst in den Phantom-Geschichten die tiefe Seele Österreichs ausloten lässt.

Manfred Chobot, Das Killer-Phantom. 36 Mini-Krimis
Wien: Löcker 2015, 212 Seiten, 19,80 €, ISBN 978-3-85409-768-6

 

Weiterführende Links:
Löcker Verlag: Manfred Chobot, Das Killer-Phantom
Wikipedia: Manfred Chobot

 

Helmuth Schönauer, 02-02-2016

Bibliographie

AutorIn

Manfred Chobot

Buchtitel

Das Killer-Phantom. 36 Mini-Krimis

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2015

Verlag

Löcker Verlag

Seitenzahl

212

Preis in EUR

19,80

ISBN

978-3-85409-768-6

Kurzbiographie AutorIn

Manfred Chobot, geb. 1947 in Wien, lebt in Wien.