Theodore Bauer, Cosi fanno i filosofi

Das ist ja das Geheimnis am Essay, dass Autorin, Stoff und Publikum nichts falsch machen können. Die Fügung „Cosi fan tutte“ ist das ideale Motto jeglichen Essays.

Theodore Bauer kämpft zu Beginn ihrer Mozart-Überlegungen noch mit dem Zweifel, ob sie als junge Künstlerin frech auf Mozart zugehen dürfe, dann aber kommt sie zur Ermunterung, dass Mozart-Opern das Freche im Umgang und in der Rezeption geradezu herausforderten.

Für das Publikum hat diese offene, assoziative Vorgangsweise den Vorteil, dass je nach Vorwissen der musikalische Halbtonspezialist, die dramaturgische Hintergrundspezialistin und der hausbackene Alles-Leser auf ihre Rechnung kommen.

Jenseits der fachlich fein austarierten Nuancen geht es beim „Mozart-Essay“ in der Hauptsache um Mozarts zwei Opern „Don Giovanni“ und „Cosi fan tutte“, in beiden Fällen wird über Liebe, Erotik, Sex und Macht gesungen. Während man sich in der Vergangenheit vor allem um Don Giovanni gekümmert hat, weil der offensichtlich die männliche Lesart des Sex gut zum Ausdruck bringt, sind in der Gegenwart die Opernhäuser voll von Cosi fan tutte, weil hier emanzipatorisch der Sex auch aus weiblicher Sicht einen Auftritt hat.

Am Beispiel herausragender Inszenierungen arbeitet die Autorin die wechselnden An- und Aufsichten heraus, die Figuren werden im jeweiligen zeitgenössischen Kontext vorgestellt, auf den Diskussionsebenen Stoff, Oper und Inszenierung werden die wichtigsten Kehrtwendungen und Spitzfindigkeiten angerissen. Allein die simple Frage Vergewaltigung ja oder nein kann ganze Publikumsreihen in Brand setzen.

Offensichtlich dürfte die sogenannte postmoderne Sichtweise zu Ende gehen, die Aufführungen werden nämlich ziemlich redundant rezensiert. Wie überhaupt die Schlüsselwörter der Kommentare sich ständig ändern und dadurch entlarvend sind. Momentan ist der Begriff „zerbröseln“ in aller Munde, die Dramaturgie zerbröselt auf der Bühne, die Helden zerbröselt es am eigenen Schicksal.

Theodore Bauer verwendet fallweise einen durchaus fulminanten Erzählton, sie riskiert lieber eine ungewöhnliche These, als in einem allgemeinen Abnicken zu ersticken. In der Auseinandersetzung mit Kierkegaard kommt dieses unverschämt religiöse Feuer zum Vorschein, das zwischendurch gewöhnungsbedürftig ist.

Völlig ausgeblendet sind die kommerziellen und marktpolitischen Aspekte, es gibt ja nicht wenige, die meinen, Mozart sei vor allem ein riesiges Geschäft für jene, die das große Geschäft schon gemacht haben.

Theodore Bauer, Cosi fanno i filosofi. Essay, mit einem Vorwort von Alfred Pfabigan
Innsbruck: Limbus Verlag 2016, 140 Seiten, 13,00 €, ISBN 978-3-99039-090-0

 

Weiterführender Link:
Limubs Verlag: Theodore Bauer, Cosi fanno i filosofi

 

Helmuth Schönauer 30-10-2016

Bibliographie

AutorIn

Theodore Bauer

Buchtitel

Cosi fanno i filosofi. Essay

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

Limbus Verlag

Seitenzahl

140

Preis in EUR

13,00

ISBN

978-3-99039-090-0

Kurzbiographie AutorIn

Theodore Bauer, geb. 1990 in Wien, lebt im Burgenland.