April Genevieve Tucholke, All the strangest things are true
„Angeblich ist man in dem Alter noch zu jung für die wahre Liebe, ich aber nicht. Ich liebte Poppy. Sie war das Mädchen von nebenan, das vom Fahrrad fiel und sich über die blutigen Knie kaputtlachte. Sie war die Heldin des Wohnviertels …“ (6)
Nachdem seine Mutter und sein Bruder die Familie verlassen haben, zieht der 16-jährige etwas schüchterne Midnight mit seinem Vater an den Rand eines kleinen Städtchens. Dort freundet er sich mit der rothaarigen, gleichaltrigen und geheimnisvollen Wink an, die mit ihren zahlreichen Geschwistern allein mit ihrer Mutter auf einer Farm lebt. Midnight muss aber immer wieder an seine erste große Liebe Poppy denken, die ihn wie ein Spielzeug zu kontrollieren weiß.
Midnight fühlt sich hin und hergerissen zwischen den beiden unterschiedlichen Mädchen. Während es ihm gelingt, sich immer mehr von Poppy zu lösen, sieht diese der beginnenden Beziehung zwischen Midnight und der in ihren Augen verrückten Wink mit Argusaugen zu. Poppy, die es meisterhaft versteht, alle um sich herum zu manipulieren und ihre Ziele zu erreichen, ist in Winks Bruder Leaf verliebt. Dieser jedoch hat ihr manipulierendes und egoistisches Wesen durchschaut und sie zurückgewiesen.
Aus Frust darüber hat sich Poppy Midnight als Geliebten ausgewählt, der seiner ersten großen Liebe hoffnungslos verfallen war, auch wenn ihr Interesse an ihm rasch verblasst ist. Erst als sich Midnight für die von ihr verachtete Wink zu interessieren scheint, beginnt Poppy, mit Hilfe ihrer treu ergebenen Clique, ihre Kontrahentin vor Midnights Augen zu mobben.
Midnight ist von der Gleichgültigkeit Winks fasziniert, mit der sie die Demütigungen und Angriffe Poppys über sich ergehen lässt. Aber seine Gefühle zu Poppy sind noch lange nicht verblasst, auch wenn er weiß, dass ihr neues Interesse für ihn nicht wirklich echt ist. Poppy versucht Midnight an eingem gemeinen Plan zu beteiligen. Sie will Wink auf ein altes verlassenes Farmerhaus locken, das von einem Fluch belegt sein soll. Sie weiß, dass sich Wink, die sich von esoterischen Ideen und Gruselgeschichten angezogen fühlt, vor dem Haus fürchtet. Poppy hat vor sie fesseln und die Nacht über im Haus zurück lassen.
Midnight ist über das grausame Vorhaben schockiert und weiht Wink in Poppys Plan ein. Als er sich bereit erklärt, Poppy mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen, beginnt die ganze Geschichte aus dem Ruder zu laufen.
April Tucholke erzählt die Geschichte aus den wechselnden Perspektiven seiner drei Hauptfiguren Midnight, Poppy und Wink und breitet dabei das Innenleben der Protagonisten aus, ohne wirklich deren zahlreiche Geheimnisse zu verraten. Während Midnights Charakter offen wie ein Buch zu lesen ist, beginnen sich die wahren Beweggründe von Poppy und Wink im Laufe der Geschichte immer mehr zu vernebeln. Dabei nimmt die vermeintliche Beziehungsgeschichte zwischen Jugendlichen immer mehr mysteriöse, geheimnisvolle und esoterische Elemente auf, die der Handlung eine unerwartete Wende geben.
Tucholke versteht es zu erzählen und zieht die Leserinnen und Leser von Beginn weg in ihren Bann. Trotz der Innenansicht von drei Personen schwebt über der ganzen Geschichte ein Hauch von Mysterie, der stets offen lässt, in welche Richtung sich das Geschehen entwickeln wird. Ein überaus spannend zu lesender und empfehlenswerter Jugendroman.
P.S: Ein wenig merkwürdig bleibt, dass für die deutsche Ausgabe ein englischer Titel gewählt wurde, der sich jedoch vom englischen Originaltitel unterscheidet.
April Genevieve Tucholke, All the strangest things are true. Übers. v. Anne Brauner [Orig. Titel: Wink Poppy Midnight], ab 14 Jahren
Stuttgart: Thienemann Verlag 2017, 224 Seiten, 15,30 €, ISBN 978-3-522-20232-9
Weiterführende Links:
Thienemann Verlag: April Genevieve Tucholke, All the strangest things are true
Wikipedia: April Genevieve Tucholke (engl.)
Andreas Markt-Huter, 26-06-2017