James Riley, Weltenspringer
„Und dann passierte etwas, mit dem Owen nie im Leben gerechnet hätte. Fünf von Schokolade verschmierte Finger schoben sich aus der Mitte des Buches, packten den Rand und hievten sich heraus.“ (15)
Owen mag nichts weniger als Langeweile und der Mathematikunterricht seines Lehrers Mr Barberry zählt für ihn zum Langweiligsten, was er sich vorstellen konnte. Keine Spur von Aufregung und Abenteuer wie in seiner Lieblings-Fantasy-Serie „Kiel Gnomenfuß“, das eindeutig zu Owens Lieblingsbüchern zählt. Doch dann geschieht etwas, das seine ganze Aufmerksamkeit und Neugier auf sich zieht. Er bemerkt wie seine Schulkameradin Bethany hinter dem Buch „Charlie und die Schokoladenfabrik“ verschwindet, um später mit schokoverschmierten Finger wieder aufzutauchen.
Als Owen das Buch „Charlie und die Schokoladenfabrik“ für seine Mutter in das Bücherregal der Kinderabteilung zurückstellen will, steigt Bethany zu seiner Verwirrung aus dem Buch.
„Du … warst in dem Buch?“, fragte er und schaute zwischen ihr und dem noch immer schokoladigen Buch, das auf dem Boden lag, hin und her. „Red keinen Blödsinn“, sagte sie zu ihm und rang sich ein falsches Lachen ab. „Du hast mich nur nicht gesehen.“ (16f)
Owen ist ganz aufgebracht und sieht seine große Chance, endlich der tristen Langeweile in seinem Leben zu entkommen. Bethany versucht vergeblich Owen davon zu überzeugen, dass er sich getäuscht habe und muss schließlich zugeben, dass sie tatsächlich die Fähigkeit besitzt, in Bücher und ihre Geschichte zu steigen.
Sie erzählt ihm außerdem, dass ihr Vater eine Fantasiegestalt sei, die ihre Mutter beim Lesen kennengelernt habe. Ohne zu wissen wie, habe sie ihn und andere Kinder in das Märchenbuch der Brüder Grimm gezogen. Während sie und die Kinder das Buch wieder verlassen konnte, sei ihr Vater aber zurück geblieben. Seit dieser Zeit, versucht Bethany ihren Vater in allen möglichen Büchern wieder zu finden.
Owen verspricht Bethany ihr Geheimnis zu wahren, möchte als Gegenleistung dafür aber nur ein einziges Mal seinem großen Kiel Gnomenfuß, dem Magister und Dr. Verity in einem Buch so richtig begegnen. Trotz aller Versprechungen, sich zu verstecken und unsichtbar zu bleiben, mischt sich Owen, zum Entsetzen von Bethany, tatkräftig in die Handlung der Geschichte ein und rettet den gefangenen Magister und Kiel Gnomenfuß vor Dr. Verity.
Owen ahnt nicht, welche Katastrophe er durch sein verbotenes Eingreifen in eine Geschichte damit auslöst, als plötzlich der Magister und Kiel Gnomenfuß aus dem Buch entschwinden und in seinem Zimmer auftauchen, um nach Antworten suchen. Mit Hilfe eines magischen Zaubers zwingt der Magister Owen zu verraten, dass alle Figuren des Buches nur Produkte der Fantasie des Buchautors sind. Zu seiner Bestürzung muss Owen feststellen, dass die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit endgültig durchbrochen sind und er und Bethany mitten in einem gefährlichen Abenteuer stecken.
Eine gute Geschichte kann ihre Leserinnen und Leser tief in ihren Bann ziehen. James Riley geht einen Schritt weiter und stellt die Frage: was passiert, wenn die Leserinnen und Leser in die Geschichten eindringen und diese verändern können. Wenn Fiktion und Wirklichkeit durcheinander geraten und verschwimmen. Die Folgen hängen sicherlich von der Art des Buches ab. Besonders spannend sind sie jedoch, wenn es sich, wie bei den „Weltenspringern“ um eine Fantasy-Geschichte handelt, in der auch Zauberei und Magie und Weltuntergangsszenarien nicht zu kurz kommen.
Das überaus spannende und unterhaltsame Fantasy-Buch dürfte alle jungen Leserinnen und Leser begeistern und bietet viel Potential für zahlreiche Folgebände. Ein Muss für alle Leseraten, die es lieben, wenn die Grenze zwischen Fantasy und Realität verwischt.
James Riley, Weltenspringer. Ill. v. Maximilian Meinzold, übers. v. Gabriele Haefs [Orig. Titel: Story Thieves], ab 10 Jahren
Stuttgart: Planet – Thienemann-Esslinger Verlag 2016, 384 Seiten, 15,50 €, ISBN 978-3-522-50497-3
Weiterführende Links:
Planet – Thienemann-Esslinger Verlag: James Riley, Weltenspringer
Homepage: James Riley
Andreas Markt-Huter, 23-11-2016