Wolfgang Pollanz, Kurze Geschichte der Welt in 25 Gängen

Buch-Cover

Was wären die großen Weltereignisse ohne das Essen, und artet nicht manches Mahl zu einem Weltereignis aus?

Wolfgang Pollanz serviert die Weltgeschichte anhand toller Tafel-, Snack- Fressgeschichten.

Schon der erste Erzählgang ist kurz und historisch makaber. Ein Fluggast in einer jener beiden Maschinen, die von Terroristen in das Worldtrade-Center gelenkt werden, nimmt ein typisches Flugzeugmenu ein, als sich plötzlich drei Männer mit roten Stirnbändern erheben und offensichtlich ... Die Geschichte endet mit diesen drei magischen Punkten.

Elvis hingegen hat es mit widerwärtigen Fressalien zu tun, die seinen Körper aufschwemmen und ihm das Kotzen bringen, dennoch aber ist die Fresssucht zwischen den Auftritten eine Sache, für die es sich vielleicht zu leben lohnt, da daraus eines Tages ein guter Mythos entstehen wird.

Cäsar hasst am Gallischen Krieg die Verpflegung so sehr, dass er zu träumen beginnt, wie er einmal während des Krieges besser essen könnte, vielleicht sollte er sich nach Ägypten aufmachen?

In der letzten der fünfundzwanzig Episoden wird mit einem der ältesten Märchen der Menschheitsgeschichte aufgeräumt, Adam und Eva sind nicht Opfer einer Verführung durch den Apfel geworden, sondern haben erbärmlich an Blähungen gelitten, welche dieses gepflückte Fallobst ausgelöst hat.

Wolfgang Pollanz hat die einzelnen Gänge so geschickt in einander geflochten, dass daraus etwas Logisches wird, das man vielleicht Weltgeschichte nennen könnte. Oft sind es kleine Verstimmungen im Verdauungsapparat, die die größten Ereignisse auslösen. Andererseits ist die Suche nach guten Menüs oft die einzige Triebfeder, die Heroen zu heldenhaftem Handeln ermuntert.

Die Episoden sind beinahe läppisch korrekt dargestellt und haben nichts anderes im Sinn, als den Leser aus dem üblichen Beobachtungsstrahl herauszuziehen, damit er einen trockenen Blick auf die historischen Ereignisse werfen kann. Die allgemeine Lust nach Kochsendungen, Rezepten und gebratenen Spiegeleiern von Prominenten wird eindrucksvoll karikiert, indem letztlich die Moral auf das Fressen reduziert wird.

Ob Carlos im Escorial, Caesar im Teutoburger Wald, Elvis in Tennessee, sie alle werden einsam und depressiv, wenn sie dem eigenen Teller gegenübersitzen, nackter als nackt, verfressener als verfressen.

Wolfgang Pollanz erzählte Fressorgie ist wahrscheinlich der beste Zugang zu groß aufgemachten Weltgeschichten, denn darin wird nichts anderes behauptet, als dass in Wirklichkeit alles ganz anders war, einfacher und trivialer, als es in den Geschichtsbüchern steht.

Wolfgang Pollanz, Kurze Geschichte der Welt in 25 Gängen.
Wies: Kürbis 2007. 99 Seiten. EUR 14,90. ISBN 978-3-900965-31-0.

 

Helmuth Schönauer, 11-10-2007

Bibliographie

AutorIn

Wolfgang Pollanz

Buchtitel

Kurze Geschichte der Welt in 25 Gängen

Erscheinungsort

Wies

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Kürbis

Seitenzahl

99

Preis in EUR

14,90

ISBN

978-3-900965-31-0

Kurzbiographie AutorIn

Wolfgang Pollanz, geb. 1954 in Graz, lebt in Wies, Steiermark.