Konstantin Kaiser, Ausgewählte Gedichte

Buch-CoverWörter sind Steine, die man immer wieder umdrehen muss um vielleicht zu sehen, wer sich darunter versteckt hat.

Konstantin Kaisers Lebenswerk besteht in der Aufzeichnung verschollener Biographien der österreichischen Exilliteratur. Immer wieder versucht er in entlegenen Gegenden oder in die Vergangenheit abgesunkenen Archiven Spuren von emigrierten, vertriebenen und ermordeten österreichischen Schriftstellern aufzunehmen und so deren Leben für die Erinnerung zu bewahren.

Auch für das eigene lyrische Schaffen ist ein Kernmotiv der sorgfältige Umgang mit Wörtern und ihr manchmal verdrehter oder versteckter Sinn. Gedichte können Zuflucht sein für zerbrechliche Gedanken oder eine Stimmritze, die dem Unhörbaren einen Klang verleiht.

Ein Wort umgedreht. // Das Wort / war ein Stein. / Unter dem Stein der Hundertfüßer / bäumte sich auf. / Wieder den Stein das Wort / behutsam umgedreht. Lange böse / auf die glatte Vorderseite geschaut. (15)

Durch Fenster in allen Höhenlagen schaut Konstantin Kaiser auf das Innere dieses Sprachhauses, das ihn an manchen Tagen erschlägt. Auf der Spurensuche nach räumlich und zeitlich entlegener Literatur kommen immer wieder Zweifel auf, ob der eingeschlagene Weg auch der richtige ist. Wie man in verschiedenen Religionen an exponierten Stellen Andachtsschreine errichtet um die Götter gnädig zu stimmen, so stellt der Autor öfters Sprach-Schreine auf für eine gnädige Erinnerung oder ein Gedächtnis.

Antia Pichler ist ein Erinnerungsgedicht gewidmet, das mit der seltsam klar-monumentalen Inschrift beginnt:

Warst in der traurigen Kunst, / nicht unterwiesen, / dich an der Dauer Gunst / nicht zu verdrießen. (46)

Die Bäume der Walachei treten wild ins Bild, bedrängen in der Nacht das lyrische Ich, müssen aber tagsüber parieren neben dem Asphalt.

An einer kleinen rumänischen Tankstelle treten plötzlich alle auf wie in einem Kammerstück entlegener Absurdität, der Tankstellenpächter, die Prostituierte, der vom Leben geschundene und verworfene Krüppel. Sie alle deuten ihr Schicksal nur an, und wenden sich noch im Auftritt ab, so dass niemand ihre wahre Geschichte erfährt.

Daniela Strigl nennt ihre Einführung ?Knappe Gedichte. Das ist das Wesen von Konstantin Kaiser, er macht sich rar und hält seine literarischen Auftritte knapp, und wenn er etwas schreibt, dann sind es rare, knappe Zeilen, wie in Fels gehauene Fußnoten auf der Suche nach dem großen Staub der Vergangenheit.

Konstantin Kaiser, Ausgewählte Gedichte. Podium Porträt 31. Mit einem Vorwort von Daniela Strigl.
Wien: Podium 2007. 64 Seiten. EUR 6,-. ISBN 978-3-902054-51-7.

 

Weiterführende Links:
Podium-Verlag: Konstantin Kaiser, Ausgewählte Gedichte
Amazon: Konstantin Kaiser

 

Helmuth Schönauer, 22-01-2008

Bibliographie

AutorIn

Konstantin Kaiser

Buchtitel

Ausgewählte Gedichte

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Podium

Reihe

Podium Porträt 31

Seitenzahl

64

Preis in EUR

6,00

ISBN

978-3-902054-51-7

Kurzbiographie AutorIn

Konstantin Kaiser, geb. 1947 in Innsbruck, lebt in Wien.

Daniela Strigl, geb. 1964 in Wien, ist Kritikerin und Essayistin in Wien.

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