Walter Klier, Leutnant Pepi zieht in den Krieg

Buch-CoverWer in der Wühlkiste seiner Familie zu graben beginnt, dessen Ergebnisse münden oft in einer dicken Saga-Schwarte. So sind Thomas Manns Buddenbrooks etwa gleich dick wie Walter Kliers Leutnant Pepi.

Der Autor Walter Klier, dessen Texte immer wieder mit zeitgenössischem Alltagsmaterial unterlegt sind, öffnet also eines Tages ganz im Sinne von Adalbert Stifter die Kiste seines Großvaters und findet darin sauber gebündelt die Feldpost von Leutnant Pepi, der in den ersten Weltkrieg gezogen ist.

An und für sich sind diese Feld-Texte so markant und skurril, dass sie von sich aus eine persönliche Verlorenheitsgeschichte in der großen weiten Welt der allgemeinen Geschichte erzählen. Im Roman werden diese authentischen Partikel cool unterlegt mit allgemeinen Angaben, wie sie Geschichtsbücher liefern, mit Originalzitaten der Habsburger und ihren kriegerischen Absichten, mit Erinnerungsschüben des Autors, der immer wieder ins vorige Jahrhundert zu den Originalzitaten zurückgerissen wird.

Trotz der sechshundert Seiten des Romans, in dessen Abspann Fotos und Literaturangaben eingeflochten sind, vergeht der Weltkrieg wie im Nu, täglich ist etwas los, und nicht umsonst heißt der erste Kommentar des Leutnant Pepi: Bis jetzt ist der Krieg ganz lustig.

Diese Lustigkeit ist freilich von kurzer Dauer, bald einmal sind die besten Freunde tot, Pepi wird zweimal verwundet, wobei er als Angeschossener letztlich alle Sinne und somit auch die stramme Haltung verliert.

Das Wahnsinnige an diesem Roman besteht jedoch in seinem Anlauf. Darin wird das Leben Innsbrucker Studenten geschildert, die irgendwie etwas studieren, viel in die Berge gehen und das damals noch Europa-große Österreich bis an seine kontinentalen Grenzen ausreizen. Politisch wird geschlägert und gesoffen, was die Abenteuerlust hergibt. Und als über Nacht der beinahe heiß ersehnte Krieg ausbricht, ist endlich was los und alle melden sich mit Hurra.

Diese Stimmung muss man sich als Leser vor Augen halten, wenn manches Mal in der Gegenwart die Perspektivenlosigkeit der so genannten heutigen Jugend bejammert wird. Die Alternative, regelmäßig eine Generation in einem Krieg zu vernichten, ist hoffentlich in der heutigen Diskussion vom Tisch.

Walter Kliers Roman ist eine Universalstudie im besten Sinne. Geschichte, Schicksal, Humor und Arglosigkeit, Liebe und Bergesglühen, staatstragende Sätze und euphorische Alltagsseufzer wechseln einander im Absatz-Takt ab. Übrig bleibt ein erstauntes Kopfschütteln über die subjektiven Auswirkungen einer sonst so amorphen Weltgeschichte und das Staunen über Kliers Erzähltechnik, mit der sich eine ferne Zeit frech wie Zeit im Bild auf die Seiten zaubern lässt.

Walter Klier, Leutnant Pepi zieht in den Krieg. Roman.
Hohenems: Limbus 2008. 557 Seiten. EUR 29,80. ISBN 978-3-902534-16-3.

 

Weiterführende Links:
Limbus-Verlag: Walter Klier, Leutnantn Pepi zieht in den Krieg
Wikipedia: Walter Klier

 

Helmuth Schönauer, 03-09-2008

Bibliographie

AutorIn

Walter Klier

Buchtitel

Leutnant Pepi zieht in den Krieg

Erscheinungsort

Hohenems

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Limbus

Seitenzahl

557

Preis in EUR

29,80

ISBN

978-3-902534-16-3

Kurzbiographie AutorIn

Walter Klier, geb. 1955 in Innsbruck, lebt in Innsbruck.