Franz Kabelka, Dünne Haut

Buch-CoverVorarlberg ist weltberühmt fuzzig seit jenem berühmten Satz eines Schmalspurpolitikers, wonach das Land einfach too small sei. Diese Winzigkeit muss auch Chefinspektor Tone Hagen zur Kenntnis nehmen, denn nicht einmal für einen ordentlichen Fall reicht es im Land.

So fährt er mit dem Rad leicht emotionalisiert und illuminiert mit einer leeren Kiste Bier am Gepäcksträger durch die Stadt, als ihn ein rotzfreches Auto schneidet. Tone Hagen nicht faul, haut eine leere Bierflasche auf das fette Autodach und das Unheil nimmt seinen Lauf.

Ein Inspektor mit so dünner Haut ist naturgemäß rehabilitierungsbedürftig. Im angrenzenden Schwabenland gibt es für müde Typen eine Psycho-Klinik, die dem ausgepowerten Kriminalisten gut tun wird.

Einmal von skurrilen Patienten und einer feinfühligen Ärzteschaft umgeben, kommen die verdrängten Tiefschläge aus der Vergangenheit ans Tageslicht des Bewusstseins, eine Liebensbeziehung, die unglücklich im irischen Moor geendet hat, ist besonders hartnäckig und will täglich aufgearbeitet werden.

In einer guten Psychiatrie weiß man mit der Zeit nicht mehr, wer verrückt ist und wer nicht, auf den weißen Mantel ist nicht Verlass, denn letztlich hat jeder Lebensweisheiten unter seinem Mantel versteckt und lässt sie in verrückten Schüben ins Freie.

Ein höherer Arzt treibt es animalisch mit seinen Untergebenen, eine blitzfreche Patientin verführt alles, was nur den Hauch eines sexuellen Hormons an sich trägt.

Inspektor Hagen flüchtet mit einem einsitzenden Kabarettisten aus der Anlage und trinkt sich durch den Abend, aber so lange man in die Klinik zurück muss, ist man Gefangener verrückter Krankengeschichten. Einmal juckt es den Inspektor doch noch, eine Krankengeschichte aufzurollen und zu recherchieren. Tatsächlich geht es in diesem Fall um Kindesmissbrauch, Rosenkrieg und Entmündigung.

Wer ist der Verrückte in einem Fall, der Täter oder das Opfer? Wieder einmal entscheidet sich erst in letzter Minute, was man für normal und für abnorm erklären soll. Tone Hagen ist müde und wird vielleicht seinen Aufenthalt in der Klinik verlängern.

Franz Kabelka erzählt von einem wunderbaren Anti-Kommissar, der sich müde und verbraucht durch den Spätabend seiner Karriere schleppt. Das Land ist vielleicht so normal und aufgeräumt, dass sich die Unordnung der Kriminalität von alleine löst. Andererseits sind die Menschen so hyper-vernünftig, dass sie vielleicht alle in eine Psychoklinik gehörten. Und vielleicht ist die ganze Welt eine Klinik, worin die Rollen ständig neu verteilt werden.

Dünne Haut ist ein verrückt guter Krimi über das hundsgewöhnliche Leben in der Provinz.

Franz Kabelka, Dünne Haut. Kriminalroman.
Innsbruck: Haymon 2008. 219 Seiten. EUR 19,90. ISBN-10: 3-85218-574-0.

 

Weiterführende Links:
Haymon-Verlag: Franz Kabelka, Dünne Haut

 

Helmuth Schönauer, 21-10-2008

Bibliographie

AutorIn

Franz Kabelka

Buchtitel

Dünne Haut

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Haymon

Seitenzahl

219

Preis in EUR

19,90

ISBN

3-85218-574-0

Kurzbiographie AutorIn

Franz Kabelka, geb. 1954 in Linz, lebt in Feldkirch.

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