Klaus Merz, Der Argentinier

Buch-CoverNach dem zweiten Weltkrieg hat sich offenbar halb Europa auf den Weg gemacht, um in Argentinien das Heil zu suchen. Großvater ist auch dabei, alles was man darüber weiß, lässt sich vielleicht in verschmitzten klaren Sätzen zusammenfassen.

Klaus Merz erzählt in seiner wundersam romantischen Novelle von einem Großvater, von dem letztlich nur ein kompaktes Außengerüst eines gelungenen Lebens übrigbleibt.

Nach dem Krieg also dampft der Held voller Erwartungen nach Argentinien, eigentlich kommt er aus der Landwirtschaft und will sich als Gaucho verwirklichen, aber als Allergiker hält er es unter den Gräsern des weiten Landes nicht aus und muss in Buenos Aires absteigen.

Wie im Traum umfängt ihn sofort der Tango, Leidenschaft springt auf den Europäer über und was so alles in den langen Tangonächten passiert, wird vorerst nicht verraten.

Bald einmal aber kehrt Großvater heim nach Europa, wo Amelie noch immer auf ihn wartet.

Großvater war seiner Frau nur langsam zugewachsen. Erst über den Atlantik, später über das Grab ihres kleinen Sohnes hinweg. (39)

Es gibt ein Happy-End, das sich durch das ganze Leben zieht. Für die Umwelt gilt der rätselhafte Star kurz als der "Argentinier", man weiß nicht viel über seine Reise, aber da er sich sorgsam in der alten Welt eingelebt hat, gilt er als verlässlicher Geschichtenerzähler und Lebensphilosoph, der immer nur so viel erzählt, dass sein Ruf nicht angekratzt wird.

Als Großvater stirbt, kommt aus Argentinien eine Kondolenzpost, worin sich seine Enkelin erstmals in Europa meldet. Die Hinterbliebenen sind verblüfft und überrascht, aber es ist anzunehmen, dass der Glanz des Argentiniers dadurch nicht gestört wird.

Klaus Merz erzählt in dieser Novelle eine sichtbare und eine unsichtbare Geschichte. Spannend ist jeweils die Ausblendung, was äußerlich erzählt wird, hat immer auch noch einen unsichtbaren inneren Nachklang, der erst nach dem Ende hörbar wird. In feiner Art wird von einem kauzigen alltagstauglichen Helden gesprochen, der es einmal im Leben geschafft hat, sich einen Traum zu verwirklichen und diesen dann ein Leben lang als Glück herum trägt. Für ein gelungenes Leben braucht es offensichtlich einen Traum, der nur dem Helden bekannt ist.

In den drei Pinselzeichnungen von Heinz Egger sind die Höhepunkte der Novelle mit sattem Stil auf den Ausriss eines Notizblocks gesetzt: Der Gaucho reitet mitten in einer Rinderherde, In der Hitze der Stadt bricht in einem Hinterhof der Tango aus, Mitten in der Nacht spielt jemand schattenlos auf dem Akkordeon. So präzise lässt sich diese Novelle aufmalen.

Klaus Merz, Der Argentinier. Novelle. Mit drei Pinselzeichnungen von Heinz Egger.
Innsbruck: Haymon 2009. 97 Seiten. EUR 14,90. ISBN 978-3-85218-580-4.

 

Weiterführende Links:
Haymon-Verlag: Klaus Merz, Der Argentinier
Wikipedia: Klaus Merz

 

Helmuth Schönauer, 17-03-2009

Bibliographie

AutorIn

Klaus Merz

Buchtitel

Der Argentinier

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Haymon

Seitenzahl

97

Preis in EUR

14,90

ISBN

978-3-85218-580-4

Kurzbiographie AutorIn

Klaus Merz, geb. 1945 in Aarau, lebt in Unterkulm.<br /><br /> Heinz Egger, geb. 1937, lebt in Burgdorf / Schweiz.