R. G. Grant, Der Erste Weltkrieg

„Dieses Buch zeigt den Krieg in all seinen Facetten: von den kurzen Scharmützeln in den fernöstlichen Kolonialgebieten, wo Japan deutsche Kolonien im Pazifik besetzte, bis zu den Schlachthöfen der Westfront, die in vier Jahren unverminderter Kämpfe Millionen junger Männer verschlangen.“ (8)

Was waren die Voraussetzungen und Ursachen für den Ausbruch des 1. Weltkrieges und wie entwickelten sich der Schwung und die Begeisterung des anfänglichen Angriffskrieges in einen zermürbenden und aufzehrenden Stellungskrieg? Aber auch warum gelang es nicht den Krieg und seine wachsende Grausamkeit und Zerstörung frühzeitig zu beenden? Auf Fragen wie diese bietet Grant’s „Der Erste Weltkrieg“ detaillierte Antworten.

Im 1. Kapitel „Der unruhige Kontinent 1870 – 1914“ finden wir eine Vorgeschichte zum 1. Weltkrieg, ohne die der rasch um sich greifende Krieg unverständlich bleibt. Nach einer kurzen überblickbietenden Einleitung zur Lage in Europa und einer Chronik der Ereignisse zwischen 1870 – 1914, werden die Verhältnisse und Spannungen zwischen den europäischen Staaten, sowie die beginnenden Kriegspläne und Entwicklungen auf dem Gebiet Rüstung skizziert. All das findet schließlich in der Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Sarajewo den Funken, der das Sprengfass Europa zur Explosion bringen soll.

Das 2. Kapitel „Nicht nur bis Weihnachten – Dezember 1914“ widmet sich dem ersten Kriegsjahr 1914, in dem immer mehr Mächte in den Krieg gezogen werden, der sich nach anfänglichen offensiven Erfolgen immer mehr zum Stellungskrieg entwickeln soll. Die vorangestellte Chronik bietet einen guten Überblick darüber, wie sich die Ereignisse bei Kriegsbeginn überschlugen und die Fronten im Westen zu erstarren beginnen. Neben der Darstellung der wichtigsten Kriegsereignisse in Europa aber auch in den Kolonien und zur See werden auch Waffengattungen und wichtige Protagonisten aller Beteiligten Mächte vorgestellt.

Kapitel 3 kurz „Patt 1915“ genannt, nimmt den weiteren Verlauf des Krieges bereits vorweg. Die Schützengräben werden zum Symbol für den militärischen Stillstand und die Zunahme des Grauens und Schreckens des Krieges, der durch neue Waffen und Techniken, wie Luftbombardements und Giftgas immer mehr Opfer fordert. Auch wird immer klarer, dass sich der Krieg in die Länge ziehen wird. Die Wirtschaft wird auf Kriegswirtschaft umgestellt und die chemische Kriegsführung läutet ein neues grausames Kapitel des Mordens ein. Themen wie der Kriegseintritt Italiens, das türkische Massaker an den Armeniern, der Einsatz der Kolonialarmeen, die Kriegspropaganda, Amerika im Krieg u.a. ergänzen das umfangreiche Kapitel.

Das 4. Kapitel „Jahr der Schlachten 1916“ steht im Zeichen der großen Schlachten und Offensiven, mit denen sich die kriegführenden Mächte aus Sackgasse zu befreien suchten, die nach dem zunehmenden Stillstand entstanden war. Neben der Schlacht bei Verdun, der Skagerrakschlacht in der Nordsee, der Brussilow Offensive an der Ostfront, der Somme-Offensive im Westen u.a. erfahren wir auch vom irischen Osteraufstand gegen die Briten, von Flugzeugen und Luftkämpfen, der Bedeutung von Geheimdienst und Spionage, der medizinischen Versorgung im 1. Weltkrieg und dem Leben an der „Heimatfront“.


"Der Erste Weltkrieg. Die visuelle Geschichte" überzeugt durch sein herausragendes Foto-, Bild- und Kartenmaterial und die verständliche Geschichtsdarstellung. Bild: Dorling Kindersley

Kapitel 5 „Revolution und Desillusionierung 1917“ zeigt, wie der Krieg in eine neue Phase eintritt. Der uneingeschränkte deutsche U-Boot-Krieg führt zum Kriegseinritt der USA und im Osten führt die Russische Revolution zum Sturz des Zaren und zum Ende des Krieges gegen Russland. Neben zahlreichen Offensiven stehen die Auswirkungen und Ziele des Krieges, aber auch Friedensinitiativen im Mittelpunkt. Der U-Boot-Krieg, Bombenangriffe mit dem Flugzeug und der Einsatz von Panzern zeigen eine weitere Steigerung der technischen Kriegsführung.

Das 6. Kapitel „Sieg und Niederlage 1918“ widmet sich dem letzten Kriegs und den letzten verzweifelten Versuchen der Kriegsmächte, den Sieg für sich zu erringen. Die Chronik dieses Jahres lässt erkennen, wie die Kräfte der Mittelmächte im Laufe der Monate schwinden und der Krieg schließlich an sein Ende kommt, wofür vor allem die katastrophalen Verhältnisse an den sogenannten „Heimatfronten“ verantwortlich sind, wo Hungerskatastrophen drohen. Während Deutschland an der Ostfront den Krieg zu seinen Gunsten entscheidet, kann dem Druck aus dem West nicht mehr standgehalten werden. Neben den wichtigsten Kriegsereignissen finden im Kapitel aber auch Themen wie „Schriftsteller im Krieg“ und „Meuterei und Revolution“ Platz.

Das abschließende Kapitel „Die Nachkriegszeit 1919 – 1923“ bietet einen Ausblick auf die ersten Jahre nach dem Weltkrieg, auf seine politischen, gesellschaftlichen und sozialen Folgen ebenso, wie auf die Veränderung der Landkarte Europas in den Friedenskonferenzen. Die harten Forderungen der Alliierten im Friedensvertrag von Versailles sollten Deutschland auf Dauer unschädlich machen, legten jedoch den Keim für eine Radikalisierung des politischen Lebens in Deutschland und somit die Grundlage für den 2. Weltkrieg. Eine Auflistung großer Soldatenfriedhöfen, Kriegsdenkmäler, Gedenkstätten und Museen in den verschiedensten Ländern sowie ein umfangreiches Register runden das ausführliche Werk zum 1. Weltkrieg ab.

Grants opulente visuelle Geschichte zum Ersten Weltkrieg überzeugt durch den wohlstrukturierten chronologischen Aufbau, mit dem sich der Kriegsverlauf übersichtlich nachvollziehen lässt. Die zahlreichen Exkurse zu verschiedenen Themen rund um den Krieg, seien es Waffentechnik, Biographien, soziale und politische Verhältnisse innerhalb der Länder u.a. geben der Darstellung die nötige Breite, um den Krieg nicht allein auf seine Kämpfe und Schlachten zu reduzieren.

Dabei schärfen der Rückblick und die Vorausschau auf die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen vor und nach dem 1. Weltkrieg auch für heutige Leserinnen und Leser den Blick für Gefahren- und Spannungsherde, die zu Kriegen führen können. Das ausgezeichnete Foto-, Bild- und Kartenmaterial und die verständliche Geschichtsdarstellung machen den großen Bildband zu einem empfehlenswerten Nachschlagwerk zum 1. Weltkrieg.

R. G. Grant, Der Erste Weltkrieg. Die visuelle Geschichte, mit 700 Fotografien, Karten und Illustrationen, übers. v. Burkhard Schäfer / Birgit Lamerz-Beckschäfer [Orig. Titel: World War I – The Definitive Visual Guide]
München: Dorling Kindersley 2014, 360 Seiten, 36,00 €, ISBN 978-3-8310-2527-5

 

Weiterführender Link:
Dorling Kindersley Verlag: R. G. Grant, Der Erste Weltkrieg

 

Andreas Markt-Huter, 15-05-2014

Bibliographie

AutorIn

R. G. Grant

Buchtitel

Der Erste Weltkrieg. Die visuelle Geschichte, mit 700 Fotografien, Karten und Illustrationen

Originaltitel

World War I – The Definitive Visual Guide

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Dorling Kindersley

Übersetzung

Burkhard Schäfer / Birgit Lamerz-Beckschäfer

Seitenzahl

360

Preis in EUR

36,00

ISBN

978-3-8310-2527-5

Kurzbiographie AutorIn

R. G. Grant hat mehr als 20 Bücher zur Militärgeschichte und Geschichte veröffentlicht.