Brigitte Trieb, Arbeiten / Works 2004-2013

Im Kunstbetrieb getraut sich das betrachtende Subjekt heutzutage oft nicht mehr zuzugeben, dass es von einem Bild berührt wird ohne intellektuelle Zwischenschaltungen.

Brigitte Trieb schafft es mit ihren Arbeiten auf Anhieb, mit klaren Themen, Farben und einer sub-pathetischen Ironie den Betrachter zu beeindrucken. Das erste Gefühl ist, hier handelt es sich um mega-naive Malerei ohne Schnörkel. In den Bildern ist fast immer eine Ampel zu sehen, die die entsprechende Gefühlslage freigibt, alle anderen Farben für Gebüsch, Bäume, Landschaft oder Kleidung haben sich dieser Seh-Ampel unterzuordnen.

Die Themen der Bilder lesen sich wie ein Inventar zur Leuchtkraft der Dinge: Autobahnausfahrt, in den Alpen, im Bus, Autofahrerin, Grüne Ampel, Schwimmendes Schneewittchen. Tatsächlich steht jeweils eine Frau im Mittelpunkt und wird dabei den Gefahren der Demütigung durch Werbung, Klischee oder Verdummung ausgesetzt. Aber die zentralen Frauenfiguren brechen sehr elegant diese Erprobungen im mentalen Windkanal auf und steigen gestärkt aus dem Bild.

Beinahe schon Verachtung spricht aus dem Blick, mit dem die Autofahrerin sich gerade noch hingibt, die Karre durch den Dschungel männlicher Erwartungen zu lenken.

Die Pose mit Sektglas macht die jeweilige Umgebung sofort zu einem lächerlichen Ambiente, egal ob es sich um eine Pool-Party handelt, wobei sich der einzeln stehende Baum zum einzigen Gesprächspartner herausmausert, dem man zuprosten kann, oder ob der Pool in einem Park versenkt wird, worin die Leute stracks ins Grüne rennen ohne jeglichen Kontakt zu den Begleitpersonen.

„Nicht ein Baby, nicht ein Wald, nicht ein Sturm, aber auch nicht ein Auto verändern die Frau. Für Brigitte Trieb ist es eine Aufgabe, die Weiblichkeit der Frau zu verbildlichen“ (7), schreibt Heimo Kuchling in seinem Eingangsporträt. Und Kathrin Moling fügt in ihrem Beitrag über die Wirkung und Arbeitsweise der Künstlerin hinzu:

Künstlerisch sieht sich Brigitte Trieb in der Nachfolge der italienischen Renaissance, beispielsweise von Piero della Francesca, dessen Idealisierung der Formen etwa in der Gestaltung von perfekt geformten, ovalen Gesichtern zum Ausdruck kommt. (10)

Für den intellektuell unverbogenen Betrachter freilich hat jedes Bild die geheime Kraft in sich, ein Lieblingsbild zu werden, großer Favorit dabei: „Schwimmendes Schneewittchen“. Dabei hat eine für die aufgewühlte See perfekt geschminkte Frau offensichtlich genug von den vielen Zwergen, die sie an Land belästigen und schwimmt parallel zur Küste wie auf einem Laufsteg mit dünnen, hakigen Bewegungen einer stilisierten Zukunft entgegen.

Im Ausklangs-Bild schließlich schwebt eine Badenixe kurz vor dem Schminken auf einer Nivea-Kugel davon. Grandios leicht und ironisch!

Brigitte Trieb, Arbeiten / Works 2004-2013. Bilder. Texte u.a. von Heimo Kuchling, Katharina Moling und Ingrid Runggaldier.
Wien, Bozen: Folio 2014. 128 Seiten. EUR 24,90. ISBN 978-3-85256-644-3.

 

Weiterführende Links:
Folio Verlag: Brigitte Trieb, Arbeiten / Works 2004-2013
Homepage: Brigitte Trieb

 

Helmuth Schönauer, 28-05-2014

Bibliographie

AutorIn

Heimo Kuchling / Katharina Moling / Ingrid Runggaldier

Buchtitel

Arbeiten / Works 2004-2013. Bilder

Erscheinungsort

Bozen

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Folio Verlag

Illustration

Brigitte Trieb

Seitenzahl

128

Preis in EUR

24,90

ISBN

978-3-85256-644-3

Kurzbiographie AutorIn

Brigitte Trieb, geb. 1965 in Weiz, lebt in Wien und St Vigil / Enneberg.