Klaus Rohrmoser, Dunkle Mutter Finsternis

Die besonders heftige Gegenwart tritt in der Literatur gerne als Endzeit auf, von da ab ist es dann nicht mehr weit bis zu einer ausgewachsenen Apokalypse.

Klaus Rohrmoser schreibt in seinem Roman „Dunkle Mutter Finsternis“ von ein paar verlorenen Heldinnen und Helden, die nach einer Attacke auf die Zivilisation in Bunkern, Reduits und versprengten Inseln übrig geblieben sind. In 99 Anschnitten fährt das Messer der Analyse durch ein soziales Konstrukt, das entlarvt und dekonstruiert ist.

Gleich zu Beginn haben Affen offensichtlich das Gesetz des Handelns an sich gerissen, indem sie in tiefe Kavernen vordringen, um das letzte Trinkwasser zu schlürfen. Nahrungssuche, Flucht und Bewegung sind die Schlagwörter dieses Überlebenskampfes, worin die Menschen wieder untergeordnete Subjekte geworden sind.

Der Ausnahmezustand in allen Gesellschaftsformen erstreckt sich geographisch von Madagaskar, wo die Affen getürmt sind, bis nach Peru, wo die Krieger des leuchtenden Pfades den Dschungel verlassen haben. Einzelne Helden berichten von ihren neuen Gesetzen, „erst wenn du getötet hast, bist du ein richtiger Mann“ (26), oder von ihrer generellen Psychose:

Die Wahrheit heißt Angst. Ich fürchte mich vor Draußen. So einfach ist das. (41)

Die Figuren sind alles Gehetzte und Gejagte, atemlos sind sie zu kaum mehr als zu einem kurzen Gedanken fähig. „Ich verwildere immer mehr und fühle mich unverwüstlich.“ (119) Der Schöpfungsbericht ist aus dem Ruder gelaufen und wird reziprok abgearbeitet. „Am achten Tag hat er das Nordlicht geschaffen.“ (98)

Im allgemeinen Chaos gibt es Reste von menschlichen Zusammenhängen. Eine Mutter wird mit Fragmenten von Morphium unter der Wahnsinnsgrenze gehalten, bis Betäubungsmittel und Leben aus sind. Jemand ist offensichtlich noch Vater geworden und will für das Kind einen Namen finden, der ein Programm ist. Das Kind soll Cain heißen. Jemand wacht verwundert auf, er hat die ganze Nacht ohne surreale Elemente geträumt. Anderswo ist ein Paradies markiert, worin es keinen Vögel gibt, dafür sind an anderer Stelle nur Kinder und Greise ausgestreut.

Als verloren gegangenes Leitmotiv streunt die „Copenhagen“ durch die Restmeere, ihre Besatzung wird bei passender Gelegenheit von Bord gehen, aber es ist nichts Küsten- oder Hafenähnliches in Sicht. Eine Schäferidylle baut sich auf und jemand geht mit zwei Kindern aus der Endzeit hinaus.

Klaus Rohrmoser inszeniert die Dunkle Mutter Finsternis mit knappen, scharfen Scherenschnitten. Ratsch-ratsch und die Katastrophe ist da, die Sätze sind entzwei, die Botschaft stürzt ins Leere. – Das Schrecken Erweckende an diesem „Zukunftsroman“ ist seine Aktualität, besteht er doch zur Gänze aus Elementen der Gegenwart.

Klaus Rohrmoser, Dunkle Mutter Finsternis. Roman.
Maria Enzersdorf: Edition Roesner 2014. 221 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-902300-87-4.

 

Weiterführende Links:
Edition Roesner: Klaus Rohrmoser, Dunkle Mutter Finsternis
Wikipedia: Klaus Rohrmoser

 

Helmuth Schönauer, 09-09-2014

Bibliographie

AutorIn

Klaus Rohrmoser

Buchtitel

Dunkle Mutter Finsternis

Erscheinungsort

Maria Enzersdorf

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Edition Roesner

Seitenzahl

221

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-902300-87-4

Kurzbiographie AutorIn

Klaus Rohrmoser, geb. 1953 in Innsbruck, ist Schauspieler und Regisseur.