Georg Haderer, Sterben und sterben lassen

In den wirklich schweren Fällen des Krimi-Daseins ist das Komplizierteste und Unverständlichste der Kommissar selbst, der durch seine bloße Existenz alles düster und unausstehlich macht.

Georg Haderers Major Schäfer ist so ein österreichisches Aufklärungsunding, das von Fall zu Fall unauflöslicher wird. Mittlerweile hat sich der Grantler und Bürokratie-Fachmann in das entlegene Schaching versetzen lassen, das im oberösterreichischen Niemandsland irgendwo im Norden jenseits der GPS-Peilung liegt.

Als Eröffnungszug für eine Unglückssträhne wählt man in der jetzt Schäfer zugeteilten Gegend meist den letalen Jagdschuss. Schon auf der ersten Seite kommt es zu einer Verwechslung eines Einheimischen mit einem Wildschwein, das für den Zweibeiner tödlich endet. Schäfer überbringt routiniert der Witwe die Nachricht von der tödlichen Breitseite für ihren Mann und tut sich auch beim Begräbnis noch sehr berührend hervor, was aber unnötig ist. In Schaching stirbt man einfach auf der Jagd und der Unglücksschütze hängt sich nach angemessener Trauerzeit auf.

In der Provinz kann man nie die Tragweite einer Amtshandlung richtig einschätzen, das Überfahren einer Stopptafel kann zu einer heftigen Ermittlung führen, der pressemäßig richtig arrangierte Sexualmord an einem Mädchen jedoch zu einer Vertuschung. Und vor allem eines muss man immer im Auge behalten: Die Provinz vergisst nie!

So liegt der Hauptfall von Sterben und sterben lassen ein Vierteljahrhundert zurück. Ein siebenjähriges Mädchen ist ermordet worden und Frederik Bosch hat zu dieser Zeit gute Gene für einen Mörder, so dass er als solcher vorverurteilt und prompt verurteilt wird. Jetzt ist die Strafe abgesessen und der vermeintliche Mörder will wieder heim auf seinen Hof. Aber der Provinz-Mob vergisst nicht, und schon stehen die ersten Tafeln in den Rasen gerammt, wonach die Mördersau verschwinden soll.

Besonders der Clan um einen Regionalpolitiker wird ziemlich fahrig und unruhig, und dann stellt man dem Major Schäfer die These vor, wonach der Verurteilte unschuldig gesessen sei.

Mehr braucht Schäfer nicht, weiß er doch, dass in der Bürokratie eine Gedankenkette genauso logisch ins Feld „schuldig“ wie „unschuldig“ führen kann. Die Untersuchungsmethoden seit damals haben sich zwar verändert, die Lust, rasch irgendeinen Täter zu finden, ist freilich die gleiche geblieben. Major Schäfer stehen unangenehme Zeiten bevor, zumal er ja in seiner Eigenbrötelei mit jedem Tag unberechenbarer wird.

Georg Haderers sechster Schäfer-Fall tobt sich wieder österreichisch-krumm in der Provinz aus, ein Stück angewandte Zeitgeschichte quer durch knallige Headlines.

Georg Haderer, Sterben und sterben lassen. Kriminalroman.
Innsbruck: Haymon 2014. 368 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-7099-7156-7

 

Weiterführende Links:
Haymon Verlag: Georg Haderer, Sterben und sterben lassen
Wikipedia: Georg Haderer

 

Helmuth Schönauer, 01-10-2012

Bibliographie

AutorIn

Georg Haderer

Buchtitel

Sterben und sterben lassen

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Haymon Verlag

Seitenzahl

368

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-7099-7156-7

Kurzbiographie AutorIn

Georg Haderer, geb. 1973 in Kitzbühel, lebt in Wien.