Peter Steiner, Der Sandfallenbauer

Nur selten gelingt es einem Helden, das abgehangene Spätlebensalter als geerdetes Kind auf einem Traktor zu verbringen und dabei die Leser zu verzücken.

Peter Steiners Roman vom „Sandfallenbauer“ ist beinahe ein Märchen vom geglückten Leben. Der Ich-Erzähler hat sein Leben in allen Weltteilen als Geologe und Gesteinserkunder verbracht, er kann die Erde lesen mit ihren Faltungen, Ritzen und Verwürfen. Jetzt für den Lebensabend hat er sich mitten in Amerika ein Stück unbebautes Land zugelegt und verbringt mit seiner Frau die Tage hautnah an den Poren der Erdkruste.

Als sogenannter Sandfallenbauer hat er einst eine Menge Becken und Filter angelegt, worin sich die Ausscheidungen der Erde absondern. Das Leben lässt sich als Auseinandersetzung mit der Geographie abbilden, egal ob Ur-Land gerodet wird, Güter verlassen werden oder Makler den Boden in Cash verwandeln.

Selbst die Träume sind stets mit dem Boden in Berührung, wenn das Kind über die Schritte des Großvaters im Acker staunt, ein Aufsteiger sich den ersten grünen Flecken in der Speckschicht der Stadt zulegt oder der Hobby-Maler die nahen Hügel in Aquarell-Gestein verwandelt. Tag für Tag sitzt der Erzähler auf dem Traktor und liest die Felder.

Inzwischen fahre ich über die Felder wie über die Seiten eines aufgeschlagenen Buches. Und wie beim Lesen eines Buches gerate ich in Gedanken zwischen die Zeilen, wo das Wesentliche verborgen liegen soll. (19)

Am Rand des Geländes ziehen Veränderungen auf. Ein Nachbar macht sich vom Acker, er hat genug vom Leben in der Einschicht und zieht ins Unbekannte. An anderer Stelle tauchen neue Aussteiger auf. Eine Fotografin hat sich angesiedelt und kommt neugierig vorbei, um die Ernte zu fotografieren.

„Mit wem spielt man, wenn rundherum alle tot sind?“ fragt sich der Landschaftspflüger und richtet ein Übergangshaus ein, worin man diffuse Lebensabschnitte aussitzen kann. Manchmal reizt es ihn auch, die Landschaft etwas zu verformen, indem er einen Teich anlegt, die undichte Tonschicht glättet und auf die ersten Biberbauten wartet. Wie auf einem alten Stich nennt er die Gegend ab nun „das liebliche Tal“.

Allmählich fließen die Konturen der Landschaft zu einem Piktogramm aus, bei genauerem Hinsehen tun sich chinesischen Schriftzeichen auf, die untereinander gelesen das Gedicht der Erde ergeben:

Hirse / Feuer / Herbst / Herz / Melancholie / der Herbst / des Herzens. (192)

Peter Steiners „Roman der Geologie“ lässt den Helden in den Zeilen der Oberfläche zurück, während seine Seele hinabtaucht ins Magma, wo Zeit und Feuer auf der Skala in Millionen gemessen werden.

Peter Steiner, Der Sandfallenbauer. Roman.
Innsbruck: Edition Laurin 2014. 224 Seiten. EUR 18,90. ISBN 978-3-902866-19-6.

 

Weiterführende Links:
Edition Laurin: Peter Steiner, Der Sandfallenbauer
Homepage: Peter Steiner

 

Helmuth Schönauer, 30-09-2014

Bibliographie

AutorIn

Peter Steiner

Buchtitel

Der Sandfallenbauer

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Edition Laurin

Seitenzahl

224

Preis in EUR

18,90

ISBN

978-3-902866-19-6

Kurzbiographie AutorIn

Peter Steiner, geb. 1937 in Baden bei Wien, lebt Baden bei Wien.