Martin Kolozs, Ein Funke Leben

Mit dem berühmten starken Anfangssatz brennt sich ein Roman unauslöschlich in das Gedächtnis der Leserschaft. „Jeden Sonntagmorgen, seit 1998, wachte Samuel Bly alleine auf und masturbierte.“ (9)

Nicht nur wegen dieses starken Auftritts des Helden Samule Bly ist Martin Kolozs Roman „Ein Funke Leben“ eine unvergessliche Angelegenheit, das Kammerstück über Trauer, Sinn des Lebens und Verlöschen des Daseins in der dahin strömenden Zeit bremst den bloßen Tagesablauf und implementiert quer gelegte Gedanken.

Gleich auf den ersten Seiten ist klar, wir haben es mit einem kaputten Helden zu tun. Samuel versucht zusammen mit uns Lesern, irgendwie über die Runden zu kommen, aus der Reaktion seiner Frau, der Tochter und eines Reverends bastelt er sich eine Geschichte zusammen, wie er den Tod seines Sohnes auf die Reihe kriegen könnte.

„Die Wahrheit muss die Kraft haben, zu verletzen“ (89) heißt so eine Überlebensparole. Dabei beginnt jede Szene der Trauerarbeit recht sympathisch mit einer Naturbeschreibung, irgendein Vogel kündet von schönem Wetter, das Gelände formt sich zu netten Buchten aus, der Wald ist still und kräftig, die Literatur bietet alles auf, was im Sinne des poetischen Realismus zur Gesundung beitragen kännte, aber die Fakten sind verheerend.

In jenem Jahr, als Sam mit dem Masturbieren einsetzt, ist der Sohn im Pazifik ertrunken. Dessen Freund ist in die Drogenwelt abgetaucht, während einer Therapie stellt er ein Gedenk-Taferl an den Strand, was den Sam vollends nervt. Denn der Drogensüchtige hat kein Recht, um seinen Sohn zu trauern. Die Tochter ist nach L.A. und hat den Hund Dino zurückgelassen, der letzte Halt, zumal ja auch auf die Frau kein Verlass ist. Und der Hund ist alt und todkrank.

Irgendwie muss diese fiebrige Geschichte zu Ende gebracht werden. Sam gibt vor, den Hund einzuschläfern und fährt damit in die Berge. In den Fängen der Natur kommt es zu einem emotionalen Showdown mit der eigenen Trauerarbeit. Sam erleidet eine Herzattacke und der Hund ruft noch den Parksheriff, ehe er selbst stirbt. Der Held überlebt mit einem Funken Leben in sich.

Was hier auf engstem Raum an dramaturgischen Medikamenten zusammengetragen ist, dient letztlich der Überprüfung der Verlässlichkeit der Literatur. Wie als religiöse Mantras tausendfach erprobt sind es letztlich die einfachen poetischen Weisen, die jenseits der Logik Sinn zu stiften vermögen.

Martin Kolozs begegnet dem Chaos einer aufgewühlten Heldenszenerie mit scheinbar einfachen Mittel, jeder Satz ist eine Anspielung, die als Zitat aber auch als originäre Notwendigkeit gelesen werden kann. Selbst der Titel kann als eine Konnotation zu Erich Maria Remarque aufgefasst werden, in dessen Roman „Der Funke Leben“ (1952) die Insassen eines KZ Widerstand organisieren und sich so am Leben halten. Letztlich darf der Funke Leben nicht als solcher ausgesprochen sondern muss jeden Tag neu umkreist werden.

Martin Kolozs, Ein Funke Leben. Roman.
Hohenems: Bucher 2015, 110 Seiten, EUR 13,50, ISBN 978-3-99018-312-0.

Weiterführennde Links:
Bucher Verlag: Martin Kolozs, Ein Funke Leben
Wikipedia: Martin Kolozs

 

Helmuth Schönauer, 22-02-2015

Bibliographie

AutorIn

Martin Kolozs

Buchtitel

Ein Funke Leben

Erscheinungsort

Hohenems

Erscheinungsjahr

2015

Verlag

Bucher Verlag

Seitenzahl

110

Preis in EUR

13,50

ISBN

978-3-99018-312-0

Kurzbiographie AutorIn

Martin Kolozs, geb. 1978 in Graz, lebt in Innsbruck und Wien.