Ada Zapperi Zucker, Über Frauen und andere Geschöpfe

Über Frauen und andere Geschöpfe lässt es sich nicht in einem Plot erzählen, sondern der Sound dieser Themen muss erarbeitet werden wie in einer Oper.

Ada Zapperi Zucker ist es als Opernsängerin gewöhnt, die Botschaft in zwei, drei Atemzügen auf die Bühne zu stellen. Im Falle der sieben Erzählungen über die „Frauen und andere Geschöpfe“, die naturgemäß erotisch und ironisch eingefärbt sind, gelingt dieser subtile semantische Hauch durch die Zwei-Achsigkeit der Sprache. Die Erzählungen sind links auf Italienisch geschrieben und sorgfältig übersetzt rechts auf Deutsch zu lesen, das Geheimnis der Stimmung besteht aber im Hin- und Herwechseln der Sprache. Denn die Kernbegriffe werden mit Umkreisungen herausgearbeitet, die Bedeutung ist nie fertig, manches lässt sich nur in einer Bewegung übersetzen und nicht als straffe Denotation.

In der Erzählung „Santina“ geht es beispielsweise um den Begriff einer ausgehaltenen Frau. Die jugendliche Ich-Erzählerin wird im Dorf mit einer Frau konfrontiert, die in der Straßenmitte geht statt am Rand. Sie soll schon einen Mann hinter sich gebracht haben und einen anderen haben, der sie als Witwe aushält. Die wildesten Sachen werden über sie verbreitet, so soll sie gut „die Zunge in den Mund schieben können“ (55) und gilt als Malafemmina. Einmal schleicht sich die Erzählerin in ihre Wohnung und ist verblüfft, wie sauber und keusch dort die Möbel stehen.

Bei der sogenannten „Liebe auf den ersten Blick“ bewirbt sich ein Arbeitsloser um die schöne rothaarige Verkäuferin. Er kann ihr nichts bieten als einen Einberufungsbefehl, aus dem sich vielleicht eine Witwenrente ergibt, wenn sie noch schnell heiraten. Die Hochzeitsnacht in einem Steh-Zimmer ist die Hölle, der Mann schläft dennoch nach seinem Auftritt noch ein bisschen und wird dann geweckt und rückt ein. Selbstverständlich geht er im Krieg verloren. Später kommt ein britischer Soldat als Befreier und nimmt die Frau mit auf die Insel, weil Rothaarige dort nicht auffallen.

In der Erzählung „Der Kuss“ geht alles schief, von hinten nämlich schaut der Mann aus wie der Lover, er wird heftig geküsst und das Missverständnis ist nicht mehr aus der Welt zu schaffen. Was ist das für eine Liebe, die sich so leicht verwechseln lässt?

Die gesellschaftlichen Rollenzwänge sind zwischendurch immer noch archaisch und nicht von dieser Welt. Gleich zu Beginn betritt die Erzählerin als junge Frau ein Lokal, worauf alle das Essen einstellen, weil sie noch nie eine Frau alleine gesehen haben. Und in der unbarmherzig genauen Schlussgeschichte von den „anderen Geschöpfen“ wird die Erzählerin in einem Zugabteil von einem Mann aufgefordert, sofort das Lesen einzustellen, weil er keine lesenden Frauen aushält. Die Frau sucht sich kopfschüttelnd ein neues Abteil und trifft auf eine Gruppe von Frauen, die als andere Geschöpfe alle schon von den Männern geflüchtet sind.

Ada Zapperi Zucker erzählt „international“ doppeldeutig, indem sie oft Regionalismen auf die Spur geht. Ihr Nachfassen, bis so eine Begebenheit mehrdeutig steht, ist beeindruckend. Hinter dem Erzählen aus der Frauenperspektive steckt oft das Kopfschütteln darüber, was die Männer oft für Erotik halten. - Abgeklärt sarkastisch.

Ada Zapperi Zucker, Über Frauen und andere Geschöpfe. Erzählungen. Zweisprachig. [Storie di donne e altre creature. Raconti.] A. d. Ital. von Rosalie Hosp.
München: Verlag ohne Geld 2015, 128 Seiten, 11,80 €, ISBN 978-3-943810-11-0

 

Weiterführende Links:
Homepage: Ada Zapperi Zucker
Verlag ohne Geld: Bücher

 

Helmuth Schönauer, 18-07-2015

Bibliographie

AutorIn

Ada Zapperi Zucker

Buchtitel

Über Frauen und andere Geschöpfe

Originaltitel

Storie di donne e altre creature

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2015

Verlag

Verlag ohne Geld

Übersetzung

Rosalie Hosp

Seitenzahl

128

Preis in EUR

11,80

ISBN

978-3-943810-11-0

Kurzbiographie AutorIn

Ada Zapperi Zucker, geb. 1937 in Catania, lebt in München.