Klaus Zierer, Hattie für gestresste Lehrer

„Die zentralen Ergebnisse, zu denen Hattie gekommen ist, sind in wesentlichen Teilen eigentlich banal. Aber genau darin liegt paradoxerweise der vielleicht wichtigste Beitrag seiner Arbeit: Er hat das Selbstverständliche mit solcher Wucht und so umfassend auf den Punkt gebracht, dass es künftig kaum noch möglich sein wird, die einfachen pädagogischen Wahrheiten länger zu ignorieren.“ (6)

Nirgends sonst prallen die unterschiedlichen ideologischen Positionen dermaßen heftig aufeinander wie im Bildungsbereich und auch die zahlreichen Schulreformen der letzten Jahre und Jahrzehnte spiegeln mehr die Ratlosigkeit und Hektik wieder, mit denen versucht wird, auf die Ergebnisse von internationalen Bildungsstudien zu reagieren. Der neuseeländische Pädagoge John Hattie zeigt in seiner Mammutstudie auf, was eine gute Schule und einen guten Unterricht ausmacht. Klaus Zierer fasst in seinem Buch die wesentlichen Kernbotschaften von Hatties Arbeit kurz und prägnant zusammen.

Gleich zu Beginn wird den Leserinnen und Leser John Hattie direkt in einem Interview vorgestellt, wo er auf Fragen nach wirksamen Faktoren für guten Unterricht, der Bedeutung der Klassengröße und den Merkmalen guter Lehrer antwortet.

Die wesentliche Kernthesen aus Hatties Arbeit lauten:

1. Lehrekräfte können nicht zaubern und sind daher nicht für alles verantwortlich.

2. Strukturelle Faktoren haben eine sehr geringe Bedeutung für den Lernerfolg.

3. Lehrkräfte sind der wichtigste Einflussfaktor für die Schülerinnen und Schüler,
    der gesellschaftlich beeinflusst werden kann. (6 f)

Mit seiner umfassenden Studie zwingt er den öffentlichen Fokus in der Bildungsdebatte auf die Lehrerinnen und Lehrer und auf die Qualität ihres Unterrichts zu richten.

In sieben Kapiteln werden nun die wesentlichen Ergebnisse von John Hatties Bildungsforschung, die er in seinem Buch „Visible Learning“ veröffentlicht hat, kurz und verständlich vorgestellt.

Im 1. Kapitel „Was hat John Hattie gemacht: Einblicke in »Visible Learning«" wird zunächst Hatties methodischer Ansatz erläutert. Anschließend werden die Systematik des Buches und wichtige Ergebnisse vorgestellt sowie zentrale Begriffe wie „Meta-Analyse“, und „Effektstärke oder die Größe der Datengrundlagen geklärt.

Kapitel 2 „Was für sich alleine wenig wirkt: Strukturen“ setzt sich mit dem Bereich Schule näher auseinander und versucht den untergeordneten Stellenwert schulischer Strukturen für guten Unterricht aufzuzeigen.

Das 3. Kapitel „Was unhintergehbar ist: Schüler und ihr familiärer Hintergrund“ nimmt die Bereiche „Elternhaus“ und „Lernende“ näher unter die Lupe und versucht verschiedene Einflussfaktoren auf das Lernen herauszuarbeiten. Zu den zentralen Faktoren, welche die Lernleistungen von SchülerInnen beeinflussen, zählen der sozioökonomische Status der Eltern, der Fernsehkonsum, die Selbsteinschätzung sowie die Motivation der Lernenden. Daneben wird aber auch der Einfluss des Geschlechts auf die schulischen Leistungen untersucht.

Im 4. Kapitel „Worauf es wirklich ankommt: Lehrer und Leidenschaft“ werden die Bereiche „Curricula“, „Unterrichten“ und „Lehrperson“ beleuchtet, Faktoren präsentiert und diskutiert, um am Ende die Kernbotschaft für diese Bereiche zu formulieren: sowohl der Einfluss der Methoden im Unterricht als auch der Lehrperson auf die schulische Leistung der Lernenden ist sehr groß.

Das letzte Kapitel zieht ein Resümee „Was bleibt“ und zeigt in einem Tortendiagramm die Effektstärken der sechs vorgestellten Bereiche, denen alle ähnlich große Bedeutung zukommt, wobei aber von den Bereichen „Unterrichten“ und „Lehrperson“ die größten beeinflussbaren Impulse ausgehen können.

Klaus Zierer gelingt es mit viel Nachdruck, die wesentlichen Inhalte und Kernbotschaften aus John Hatties Buch „Visible Learning“ einfach, verständlich und komprimiert zu vermitteln. Dabei erweist sich seine Methode der Wissensvermittlung, bei der er jedem Kapitel Reflexionsaufgaben sowie Ziele und Inhalt voranstellt und am Ende in einer Zusammenfassung noch einmal die Kernaussagen des Kapitels zur Sprache bringt, als überaus effektiv.

"Hattie für gestresste Lehrer" empfiehlt sich als komprimierter und lesenswerter Einstieg in die pädagogische Theorie John Hatties und macht neugierig auf mehr.

Klaus Zierer, Hattie für gestresste Lehrer. Kernbotschaften und Handlungsempfehlungen aus John Hatties "Visible Learning" und "Visible Learning for Teachers"
Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren 2014, 133 Seiten, 14,20 €, ISBN 978-3-8340-1400-9

 

Weiterführende Links:
Schneider Verlag Hohengehren: Klaus Zierer, Hattie für gestresste Lehrer
Wikipedia: Klaus Zierer
Wikipedia: John Hattie

 

Andreas Markt-Huter, 31-03-2016

Bibliographie

AutorIn

Klaus Zierer,

Buchtitel

Hattie für gestresste Lehrer. Kernbotschaften und Handlungsempfehlungen aus John Hatties Visible Learning und Visible Learning for Teachers

Erscheinungsort

Baltmannsweiler

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Schneider Verlag Hohengehren

Seitenzahl

133

Preis in EUR

14,20

ISBN

978-3-8340-1400-9

Kurzbiographie AutorIn

Klaus Zierer studierte von 1996 bis 2001 das Lehramt an Grundschulen und war von 2004 bis 2009 als Grundschullehrer tätig. Er promovierte und habilitierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Der deutsche Erziehungswissenschaftler war er seit 2011 Professor für Erziehungswissenschaft an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und ist seit 2015 Ordinarius für Schulpädagogik an der Universität Augsburg.

John Hattie ist ein neuseeländischer Pädagoge und seit 2011 Professor für Erziehungswissenschaften und Direktor des Melbourne Education Research Institute an der University of Melbourne (Australien). Zuvor war er Professor für Erziehungswissenschaften an der University of Auckland. Er gilt als einer der einflussreichsten Pädagogen der Gegenwart.