William Trevor, Ein Traum von Schmetterlingen

Mit Meistererzählungen wird meist ein Meister geehrt, der für eine Werkausgabe noch nicht tot genug ist, beim Publikum aber bereits das Gütesiegel „zeitlos“ erworben hat.

William Trevor wird wegen seiner Bedächtigkeit oft der Bildhauer der Worte genannt. Neben seinen über zwanzig Romanen, in denen sich meist Helden so in sich entfaltet haben, dass sie kaum noch etwas außerhalb ihrer Reichweite mitbekommen, sind es vor allem die Kurzgeschichten, in denen die Zeit eingefroren wird an einem x-beliebigen Punkt der Biographie mit wenig Aussicht auf Veränderung.

Gerade das Fehlen der Zukunftsperspektive macht die Protagonisten müde, sie haben meist alles gegeben, um für einen kurzen Höhepunkt in eine William-Trevor-Geschichte zu gelangen.

Die Meistersammlung wird mit dem Klassiker aus 1975 eröffnet. „In Isfahan“ ist der Schah noch am Werk, das britische Empire hat noch überall seine Pfoten im Spiel, weshalb britische Staatsbürger überall auf der Welt durch die Sehenswürdigkeiten flanieren, britische Kultur pflegen und feststellen, dass sie persönlich in einer Sackgasse gelandet sind. Im iranischen Isfahan treffen eine Frau aus Bombay und ein Mann, der typisch englisch aussieht, bei einer Stadtrundfahrt aufeinander.

Am Abend gehen die Gespräche im Hotelzimmer weiter und schrammen an jener Erotikkante entlang, an der beide erkennen, dass eine Affäre nichts bringt. So sinken beide in die eigene museale Welt und in jene von Isfahan zurück.

Die Titelgebende Erzählung „Ein Traum von Schmetterlingen“ aus dem Jahre 1978 beschreibt eine bedrohte Dorfidylle. Mitten unter die gestopften Einheimischen soll ein Pflegeheim errichtet werden, eine Versammlung jagt die andere und niemand getraut sich mit offenem Visier die Dinge beim Namen zu nennen. Selbst als der Held wegen einer aufwühlenden Versammlung schlecht schläft, sublimiert er alles in Schönheit und träumt von Schmetterlingen.

Die jüngste Erzählung stammt aus dem Jahre 2013. Unter dem sarkastisch kurzen Titel „Frauen“ gerät eine junge Frau an zwei 55-jährige kinderlose Beamtinnen, die ihren emotionalen Vogel ungehemmt ausleben. Sie bestimmen, wer die Mutter von wem ist und erzählen ziemlich viel Brösel, die gut zum Tee passen.

Unter den knapp fünfzig Meistererzählungen sind auch wieder so Leckerbissen wie „Mogeln beim Canasta“ abgedruckt, worin die Helden schon bei der Vorstellung, vielleicht geschwindelt zu haben, der Schlag trifft. – Meisterlich, was sonst!

William Trevor, Ein Traum von Schmetterlingen. Meistererzählungen. A. d. Engl. von Brigitte Jakobeit und Hans-Christian Oeser. Mit einem Vorwort von Thomas David
Hamburg: Hoffmann und Campe 2015, 750 Seiten, 35,00 €, ISBN 978-3-455-40527-9

 

Weiterführende Links:
Hoffmann und Campe Verlag: William Trevor, Ein Traum von Schmetterlingen
Wikipedia: William Trevor

 

Helmuth Schönauer, 22-12-2015

Bibliographie

AutorIn

William Trevor

Buchtitel

Ein Traum von Schmetterlingen. Meistererzählungen

Erscheinungsort

Hamburg

Erscheinungsjahr

2015

Verlag

Hoffmann & Campe Verlag

Übersetzung

Brigitte Jakobeit und Hans-Christian Oeser

Seitenzahl

750

Preis in EUR

35,00

ISBN

978-3-455-40527-9

Kurzbiographie AutorIn

William Trevor, geb. 1928 in Mitchelstown / Irland, lebt in Devon / England.