Martin Baltscheit, Ich bin für mich
"Auch in der Demokratie ist es unangenehmer, regiert zu werden, als zu regieren', schrieb schon der österreichische Rechtsanwalt, Schriftsteller und Journalist Friedrich Adler.
In Martin Baltscheits Kinderbuch Ich bin für mich! Wahlkampf der Tiere dreht sich alles um Wahlkampf und Herrschaft.
"Alle vier Jahre wählten die Tiere einen König. Der Löwe liebte die Wahlen, den die Tiere stimmten immer für ihn. Er stellte sich auf einen Hügel und fragte: "Wer ist für mich?' Und alle Tiere riefen: "Wir sind für dich!'
Das ging für den Löwen so lange gut, bis eines Tages eine kleine graue Maus anmerkte, dass eine Wahl ohne Gegenkandidaten im Grunde wenig Sinn mache. Und so treten Löwe und Maus gegeneinander zur Wahl an und Löwe muss über das strategische Geschick und die eindrucksvollen Wahlplakate von Maus erschrecken.
Die anderen Tiere fühlen sich von Maus angespornt, ebenfalls einen von ihrer Art in den Wahlkampf zu schicken. Maus tritt für die Gruppe der Nagetiere an und verspricht für seinen Wahlsieg, dass keine Katze mehr eine Maus fressen dürfe. Wenn er König sei, dürften die Mäuse die Katzen fressen.
Ein Kater wiederum verspricht die Mäuse zur allgemeinen Grundnahrung zu machen, sollte er den Wahlsieg davon tragen. Eine Ameise fordert mehr Arbeit für alle. Ein Schaf verkündet den Wahlslogan "Meine Wolle gehört mir!' und ein Karpfen wirbt mit guten Ideen für einen Stausee, der alle Tiere in Zeiten der Dürre mit Wasser versorgen solle. Der Vogel Strauß schwärmt von einem überdimensionalen Flughafen und der Schäferhund propagiert Recht und Ordnung für den Fall seines Sieges.
Nach den Reden kam es zur Abstimmung, wobei jeder Kandidat genau eine Stimme erhielt, bis auf den Löwen, der keine Stimme erhalten hatte und somit abgewählt war. Da sich nun alle anderen als König fühlten, begannen sie auch gleich ihre Wahlversprechen umzusetzen, was zu einem so großen Chaos führte, dass der Löwe schließlich mit fürchterlichem Gebrüll Neuwahlen forderte. Diesmal stellt sich nur ein Kandidat zur Wahl.
Martin Baltscheits tierische Auseinandersetzung mit dem Thema Demokratie, Wahl und Herrschaft bringt die wesentlichen Grundlagen für das Funktionieren einer demokratischen Herrschaft mit viel Witz und Humor auf den Punkt. Eine Demokratie ohne die Möglichkeit eines demokratischen Machtwechsels macht wenig Sinn. Ebenso wenig eine Politik, die auf Kosten anderer ausgerichtet wird oder nur die eigenen Interessen in den Mittelpunkt stellt. Besser ist da schon eine Politik, die sich dem Allgemeinwohl verpflichtet fühlt. Eine gelungen Parabel zum Thema Politik und Demokratie, die Jung und Alt gleichermaßen unterhalten wird.
Martin Baltscheit, Ich bin für mich. Ill. v. Martin Baltscheit und Christine Schwarz, ab 5 Jahren
Weinheim: Verlag Beltz & Gelberg 2011, 40 Seiten, 6,20 EUR, ISBN 978-3-407-76096-8
Weiterführende Links:
Verlag Beltz & Gelberg: Martin Baltscheit, Ich bin für mich
Wikipedia: Martin Baltscheit
Andreas Markt-Huter, 01-09-2011