Patrick Ness / Siobhan Dowd, Sieben Minuten nach Mitternacht
„Das Monster tauchte kurz vor Mitternacht auf. Wie das bei Monstern eben üblich ist. Conor war wach, als es kam. Er hatte einen Albtraum gehabt.“ (11)
Der 13-jährige Conor O’Malley wird in der letzten Zeit häufig von einem schrecklichen Albtraum geplagt. Seine Mutter ist an Krebs erkrankt und durch die anstrengende Behandlung ziemlich geschwächt und auch in der Schule laufen die Dinge alles andere als gut für ihn. Seit seine Freundin Lily die Krebserkrankung seiner Mutter in der Schule ausgeplaudert hat, sieht er sich von allen Seiten angestarrt. Ein paar seiner Mitschüler, Harry und seine Bande, haben es ganz besonders auf Conor abgesehen und mobben ihn bei jeder Gelegenheit.
Als Conor eines Nachts wieder aus seinem Albtraum erwacht, erscheint ihm um sieben Minuten nach Mitternacht ein Monster in Gestalt einer riesigen alten Eibe.
Dann stockte das Monster erneut. Du scheinst ja wirklich keine Angst zu haben. „Nein“, sagte Conor. „Vor dir jedenfalls nicht.“ Das Monster kniff die Augen zusammen. Das wirst du noch, sagte es. Bevor es vorbei ist. (19)
Als Conor in der Früh aufwacht, erscheint ihm die unheimliche Begegnung mit dem Monster wie ein Traum. Seine Mutter fühlt sich an diesem Morgen durch die neue Krebsbehandlung besonders geschwächt und kündigt Conor an, dass seine Großmutter ein paar Tage zu ihrer Unterstützung kommen wird. In der Schule fühlt sich Conor durch die Krankheit seiner Mutter zunehmend isoliert.
Wie angekündigt, wird Conor vom Monster wieder um sieben Minuten nach Mitternacht heimgesucht. Drei Geschichten wird es ihm in den nächsten Tagen erzählen, die vierte Geschichte aber wird Conor erzählen müssen.
Conor wand sich in der Hand des Monsters. „Ich bin nicht gut im Geschichtenerzählen.“ Du wirst mir die vierte erzählen, wiederholte das Monster, und es wird die Wahrheit sein. „Die Wahrheit?“ Nicht irgendeine Wahrheit. Deine Wahrheit. (46)
In der Zwischenzeit verschlechtert sich der Gesundheitszustand seiner Mutter zunehmend. Großmutter kümmert sich um den Haushalt, Conor und seine Mutter. Als diese für eine weitere Therapie ins Krankenhaus muss, kommt auch noch Conors Vater aus Amerika, um seine Ex-Frau zu besuchen.
Auch das Eiben-Monster besucht Conor wie vorausgesagt immer wieder und erzählt ihm drei Geschichten, die er anfangs nur schwer verstehen kann, weil sie seinem eigenen Gerechtigkeitssinn zutiefst widersprechen. Am Schluss muss Conor seine eigene Geschichte erzählen, die Wahrheit über sich und das wahre Monster in seinem Albtraum.
Patrick Ness erzählt die Geschichte, die Siobhan Dowd vor ihrem raschen Tod in ihren Grundzügen und Charakteren vorbereitet hat, auf eine ungemein beeindruckende und betroffen machende Weise. Vor dem Hintergrund des Krebstodes der Autorin, erhält der Roman, der sich mit den Themen Tod, Sterben, Krankheit und Loslassen auf nachdrückliche Weise auseinandersetzt, eine zusätzliche Dimension.
Ness verlegt die existentielle Auseinandersetzung mit dem Tod in eine alptraumhafte Begegnung mit einem Monster, das das Leben selbst repräsentiert. Wir erleben aber nicht nur den inneren Kampf eines Jungen, sondern auch, dass wir in unserem Leid immer noch Teil einer Gemeinschaft sind, die mehr oder weniger positiv auf unser Schicksal reagiert.
„Sieben Minuten nach Mitternacht“ ist ein berührendes Buch, in dem ein schwieriges Thema auf eine bildgewaltige Weise einfühlsam und kraftvoll zugleich vermittelt wird. Die düsteren, schattenhaften Illustrationen von Jim Kay unterstreichen die Atmosphäre der Angst auf eindrucksvolle Weise. Ein überaus empfehlenswerter Roman der jugendliche wie erwachsene Leserinnen und Leser gleichermaßen beeindrucken wird.
Patrick Ness / Siobhan Dowd, Sieben Minuten nach Mitternacht. Ill. v. Jim Kay, Übers. v. Bettina Abarbanell [Orig. Titel: A Monster Calls], ab 12 Jahren
München: Cbj-Verlag 2011, 216 Seiten, 17,50 €, ISBN 978-3-570-15374-1
Weiterführender Link:
Cbj-Verlag: Patrick Ness / Siobhan Dowd, Sieben Minuten nach Mitternacht
Andreas Markt-Huter, 25-04-2012