Hans Christian Andersen, Die kleine Meerjungfrau

„Für die kleine Meerjungfrau gab es keine größere Freude, als von der Menschenwelt droben zu hören; die alte Großmutter musste alles erzählen, was sie von den Schiffen und Städten, Menschen und Tieren wusste …“

Hans Christian Andersens Geschichte von der kleinen Meerjungfrau, die sich nach der Welt der Menschen sehnt und sich in einen Prinzen verliebt, ist tragisch und traurig aber auch voller Sehnsucht, Hoffnung und Liebe, was Dirk Steinhöfel in seinen Bildern zwischen Traum und Alptraum auf dramatische und berührende Weise zugleich widerspiegelt.

Die Geschichte des großen dänischen Märchenerzählers von der kleinen Meerjungfrau, die für ihre große Liebe bereit ist alles zu opfern, hat schon immer die Herzen der Menschen berührt und gleichzeitig geängstigt. Indem den Leserinnen und Lesern sämtliche Hintergründe vor Augen liegen, leiden sie an der Unwissenheit ihrer Helden, wie z.B. des Prinzen ebenso wie an der Sprachlosigkeit der Meerjungfrau, ein Opfer ihrer unbändigen Liebe, ihres Wunsches ein Mensch zu sein und eine unsterbliche Seele zu erhalten.

Bei Steinhöfel erscheint dieses archaisch anmutende Opfer, das die Meerjungfrau bereit ist der Meerhexe das Beste zu geben, was sie besitzt: ihre Stimme, als durchaus blutiges Opfer.

„Nun hast du den Mut verloren? Strecke deine Zunge heraus, dann schneide ich sie ab, das ist meine Bezahlung, und du erhältst den kräftigen Trank!“

Die farbigen Blutspritzer Steinhöfels wühlen auf, stoßen ab und ziehen an zugleich und unterstreichen in ihrer Intensität die Dramatik der Entscheidung und der Geschichte. Die ruhige Stummheit der Meerjungfrau steht in starkem Kontrast zu ihrem aufgewühlten Innenleben, das sich in ihrer Haltung und ihren Blicken widerspiegelt.

Den Tod und ihre Auflösung vor Augen steht sie vor der übermenschlichen Entscheidung selbst zu sterben oder den geliebten Prinzen zu töten. Sie entscheidet sich für die Liebe und rettet damit ohne es zu ahnen sich selbst, ihre Hoffnung auf eine unsterbliche Seele.

Die Meerjungfrau hat keine unsterbliche Seele, kann sie niemals erlangen, es sei denn, sie gewinnt eines Menschen Liebe! Von einer fremden Macht hängt ihr ewiges Leben ab. Die Töchter der Luft haben auch keine ewige Seele, aber sie können sich selbst durch gute Taten eine schaffen.

Andersen Geschichte ist dunkel und schwer, voller Tragik und Grausamkeit, aber auch voller Licht und Hoffnung, was von Steinhöfel gekonnt in dramatische Traumbilder übertragen wird, die gleichberechtigt mit dem Text ihren eigenen Bilder- und Gefühlskosmos erzeugen und die sie die Betrachter förmlich einsaugen. Das überaus emotional umgesetzte Gesamtkunstwerk berührt zutiefst, es ängstigt und zieht an zugleich und wird den Leserinnen und Leser noch lange Zeit in Erinnerung bleiben. Die dichte Symbolik und Gefühlsdichte empfiehlt das Buch Jugendlichen ab 14 Jahren.

Hans Christian Andersen, Die kleine Meerjungfrau. Ill. v. Dirk Steinhöfel, ab 14 Jahren
Hamburg: Oetinger Verlag 2014, 112 Seiten, 20,60 €, ISBN 978-3-7891-7160-4

 

Weiterführender Link:
Oetinger Verlag: Hans Christian Andersen, Die kleine Meerjungfrau
Wikipedia: Hans Christian Andersen

 

Andreas Markt-Huter, 30-04-2014

Bibliographie

AutorIn

Hans Christian Andersen

Buchtitel

Die kleine Meerjungfrau

Erscheinungsort

Hamburg

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Oetinger Verlag

Illustration

Dirk Steinhöfel

Seitenzahl

112

Preis in EUR

20,60

ISBN

978-3-7891-7160-4

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Dirk Steinhöfel studierte Gestaltung und Entwurf an der Fachschule für Porzellan und Keramik im oberfränkischen Selb. Er ist als freier Künstler, Illustrator und Autor für verschiedene Verlage tätig und lebt in der Nähe von Marburg.