Jimmy Liao, Die Sternennacht

„Bevor ich sechs wurde, lebte ich mit meinen Großeltern in den Bergen fern der Stadt. Nachts sind die Sterne dort sehr groß und hell. Damals vermisste ich meine Eltern in der Stadt. Jetzt vermisse ich meinen Opa in den Bergen und meine Oma im Himmel.“

„Die Sternennacht“ erzählt die Geschichte eines jungen Mädchens, das in einer großen Stadt lebt und seit ihrer Kindheit unter großer Einsamkeit leidet. Als ihre Eltern aus beruflichen Gründen vom Land in die Stadt gezogen sind, bleibt sie bei ihren Großeltern zurück. Später zieht sie ihren Eltern nach und vermisst ihre Großeltern.

Die Mutter verbringt viel Zeit mit Dienstreisen im Ausland und hat wenig Zeit für ihre Tochter, die ihre Mutter zwar liebt, sich von ihr aber nicht verstanden fühlt. Auch ihr Vater, der ständig telefoniert, redet nicht viel mit ihr. Das Verhältnis ihrer Eltern ist manchmal von Streit überschattet, sie merken nicht, wie unglücklich und einsam sie ist und wie sie in der Schule von manchen Mitschülerinnen drangsaliert wird. Oft schließt sie sich in ihr Zimmer ein, um sich in ihre eigene Fantasiewelt zu verkriechen.

Das Mädchen muss oft an ihren Opa denken, der immer vom Sternen in den Bergen geschwärmt hat, die so schön sind „wie auf dem Bild von der Sternennacht, das van Gogh gemalt hat“. Als ihr Opa erkrankt und stirbt, hatte sie keine Möglichkeit bei ihm zu sein. In Einsamkeit versucht sie mit dem schweren Verlust fertig zu werden.

In einer kalten Winternacht lernt sie einen seltsamen fremden Jungen kennen, der im Nachbarhaus lebt und zum Schnee hinaufsingt. Er ist wie sie ein Einzelgänger, der nicht viel von sich erzählt, gerne liest und zeichnet. Auch er zieht die Wut der anderen Kinder auf sich, die ihn eines Tages verprügeln. Das Mädchen kann sich nicht zurückhalten und versucht dem Jungen zu helfen, wobei beide sich verletzt im Krankenhaus wiederfinden.

Damit beginnt eine wunderbare Freundschaft, welche die beiden ihre Einsamkeit vergessen und gemeinsam ihre starke Fantasie ausleben lässt. Mit ihrem neuen Freund kann das Mädchen noch einmal den wunderbaren Sternenhimmel beim Haus ihres Großvaters betrachten.

Jimmy Liao erzählt die Geschichte zweier sensibler, fantasiebegabter Kinder, die unter den kinderfeindlichen Lebensverhältnissen, dem Leistungsdruck in der Schule und der fehlenden Aufmerksamkeit durch die Eltern leiden. Mit Hilfe ihrer Fantasie gelingt es den beiden gemeinsam, Farbe, Fröhlichkeit, Mitgefühl, Verständnis und Freundschaft in das Grau ihrer Umwelt zu bringen.

Ein Buch voll Mitgefühl und Hoffnung für das Leben junger Menschen, denen die soziale Umwelt und der schon früh ansetzende Leistungsdruck viel von ihrer unbekümmerten Kindheit raubt. Der klare, präzise Text und die wunderschön gestalteten Illustrationen, die in ihrer bunten Farblichkeit immer wieder auch den Maler van Gogh zitieren. Ein überaus empfehlenswertes Kinder- und Jugendbuch, voller Melancholie und Optimismus zugleich, das junge Leserinnen und Leser emotional anzusprechen weiß.

Jimmy Liao, Die Sternennacht. Ill. v. Jimmy Liao, übers. v. Marc Hermann, ab 12 Jahren
Uitikon Waldegg: Chinabooks Verlag 2017, 70 Seiten, 23,60 €, ISBN 978-3-905816-69-3

 

Weiterführende Links:
Chinabooks Verlag: Jimmy Liao, Die Sternennacht
Wikipedia: Jimmy Liao

 

Andreas Markt-Huter, 11-12-2017

Bibliographie

AutorIn

Jimmy Liao

Buchtitel

Die Sternennacht

Erscheinungsort

Uitikon Waldegg

Erscheinungsjahr

2017

Verlag

Chinabooks Verlag

Illustration

Jimmy Liao

Übersetzung

Marc Hermann

Seitenzahl

70

Preis in EUR

23,60

ISBN

978-3-905816-69-3

Lesealter

Kurzbiographie AutorIn

Jimmy Liao wurde in Taiwan geboren und studierte an der Fakultät der Schönen Künste der Chinesischen Kulturuniversität in Taipeh. Nach einer Leukämieerkrankung startete er eine neue Berufslaufbahn als Illustrator und Bilderbuchautor.