Tom Burgis, Kleptopia

tom burgis, kleptopia„Dies ist eine wahre Geschichte. Sämtliche Tatsachen, aus denen sie sich zusammensetzt, entstammen Interviews oder Dokumenten und werden, wo immer möglich, durch weitere Quellen belegt. Wenn gesagt wird, ein Protagonist habe dies oder jenes gedacht, geschieht dies, weil er diese Gedanken dem Autor mitgeteilt oder sonstwie dokumentiert hat.“ (S. 9)

„Kleptopia“ zeigt auf, wie nach dem Ende des Kalten Krieges staatliches Vermögen der ehemals kommunistischen Länder in einem System der Selbstbedienung, Korruption und Kriminalität in privaten Reichtum umgewandelt worden ist. Wie eine internationale Kleptokratie mit Hilfe des westlichen Finanzsektors sein kriminelles Netzwerk aufgebaut und schmutziges Geld gewaschen hat, ist Thema dieses investigativen Sachbuches.

Aufgedeckt wurden die Netzwerke und Machenschaften der internationalen Kleptokratie vor allem durch Nigel Wilkins, den Chef der Regelaufsicht der Londoner Filiale einer Schweizer Bank und spätere Mitarbeiter der Finanzaufsichtsbehörde der City of London. Trotz aller Widerstände von Seiten seiner Arbeitgeber, ist es ihm gelungen, immer tiefer in die verworrenen Fäden der korrupten Geldverschiebungen und Verflechtungen von Banken, Staaten und Kleptokraten einzudringen.

Am Beginn steht das sogenannte Oligarchen-Trio Maschkewitsch, Chodiev und Ibragimow, deren Vermögen aus den riesigen Rohstoffvorkommen Kasachstans, wie Eisenerz, Öl, u.a., stammte und die ca. 40 Prozent der Wirtschaft des Landes kontrollierten. Über allen steht jedoch Nursultan Nasarbajew, der als „Vater der Nation“ das Land beherrscht und die Menschen in Freunde und Feinde zu unterteilen pflegt. Um ihr Geld in Sicherheit zu bringen, hat das Trio alle Vermögensstände ihres Unternehmens in die Aktiengesellschaft ENRC (Eurasian Natural Resources Corporation) umgewandelt, die an der Londoner Börse gehandelt wurde und dem Trio Unsummen an zusätzlichem Geld eingebracht hat.

Burgis schildert, wie schmutziges Geld aus mafiösen Systemen wie in Kasachstan, Zimbabwe, dem Kongo u.a. Ländern im Westen mit Hilfe von korrupten Bankern und Politikern in die westliche Finanzwelt fließt und hilft, demokratische Wahlen wie z.B. in Frankreich und den USA zu manipulieren. Neben der glitzernden Welt der Reichen und Mächtigen zeigt Burgis aber auch die Folgen für die kleinen, wie Sklaven arbeitenden Menschen auf. So wird die knapp fünfzigjähre Roza Tuletayeva als Anführerin eines Streiks gegen Ausbeutung und für bessere Arbeitsbedingungen in der Ölbranche in den Ölfeldern von Schangaösen in Kasachstans von den Wachbeamten des Konzerns brutal niedergeschlagen, von der Polizei gefangengenommen und brutal gefoltert. Am Ende wurde sie in einem Prozess, dessen Ergebnis bereits festgelegt war, zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Minutiös zeichnet Tom Burgis die Konstellation der zahlreichen Protagonisten in seinem realen Schauspiel „Kleptopia“ nach und bietet gleich zu Beginn eine Liste der Akteure, damit seine Leserinnen und Leser nicht den Überblick über die zahlreichen beteiligten Figuren aus den verschiedensten Regionen der Welt verlieren. Dabei wechseln die Schauplätze ständig von Kasachstan nach London, von Moskau nach Zimbabwe und vom Kongo bis nach Nordamerika. Gezeigt wird wie mit Macht Geld gewonnen werden kann, um wiederum in Macht verwandelt zu werden.

Ein überaus lesenswertes und informatives Sachbuch, das zeigt, dass auch heute noch investigativer Journalismus imstande ist, kriminelle Strukturen und Systeme offenzulegen. Inwiefern dieses Wissen um kriminelle Machenschaften auch hilft, diese zu beseitigen, bleibt hingegen eine offene Frage.

Tom Burgis, Kleptopia. Wie Geheimdienste, Banken und Konzerne mit schmutzigem Geld die Welt erobern, übers. v. Michael Schiffmann [Orig. Titel: Kleptopia. How Dirty Money ist Conquering the World]
Frankfurt a. Main: Westend Verlag 2021, 441 Seiten, 22,70 €, ISBN 978-3-86489-326-1

 

Weiterführende Links:
Westend Verlag: Tom Burgis, Kleptopia
Homepage: Tom Burgis

 

Andreas Markt-Huter, 02-11-2021

Bibliographie

AutorIn

Tom Burgis

Buchtitel

Kleptopia. Wie Geheimdienste, Banken und Konzerne mit schmutzigem Geld die Welt erobern

Originaltitel

Kleptopia. How Dirty Money ist Conquering the World

Erscheinungsort

Frankfurt a. Main

Erscheinungsjahr

2021

Verlag

Westend Verlag

Übersetzung

Michael Schiffmann

Seitenzahl

441

Preis in EUR

22,70

ISBN

978-3-86489-326-1

Kurzbiographie AutorIn

Tom Burgis ist investigativer Journalist bei der Financial Times. Er hat aus mehr als vierzig Ländern berichtet, hat wichtige Journalistenpreise in den USA und Asien gewonnen. Tom Burgis lebt in London.