Friedrich Hahn, unterm strich

Egal ob auf dem Notizblock als knisternder Gestus aufgekritzelt oder auf einem Display als üppiger Fingerzeig ausgewischt: wenn man einen Strich zieht, kommt darunter ein Ergebnis zu liegen, egal wie richtig oder falsch es ausgefallen ist.

Friedrich Hahn setzt als Künstler des Wortes und des Bildes seine aktuellen Werke vorsichtshalber gleich unter den Strich und lädt die Leserschaft dazu ein, sich den Weg zu diesem Ergebnis auszumalen. Dabei verwischen sich die Gattungen Schrift, Bild, Collage zu einer Performance, die sich „Bilder zum Lesen / Texte zum Schauen“ nennt.

tanz deinen weg // auf spurensuche / hinter der bühne / die krankheit des schlafes / in der tiefe der ohnmacht // trübe aussichten / liebe / botschaften über / den tod hinaus // ein setzkasten / macht sich gedanken (36)

Der Künstler tritt dabei in den Hintergrund und stellt sich wie ein Setzkasten in den Dienst der Gedanken, Botschaften und Ideen, die sich durch hartnäckiges Schreiben, Malen und Collagieren allmählich zum Werk verfestigen. Anlässlich seines 60-ers kommen im Rahmen einer Retrospektive die wichtigsten Kanten und Eckpunkte in einer Universalschau „unterm Strich“ zum Vorschein.

In den aktuellen Gedichten gärt es unter dem Firnis des Alltags, Möwen fliegen aus dem September hinaus und verlassen das Jahr, der Körper fahrt sich in den Standby-Modus herunter und wird zu einem Horchposten für die Stille Zeit des Winters, letzte Gedanken versinken als Asche in einer zeitlosen Gischt.

In den Wunschbildern treten Konstellationen aus dem Unterbewusstsein ans Tageslicht, historische Statuen fahren die Faust aus und klopfen einem Alltagsmodell auf den Kopf, über einer Autobahnbrücke streut eine säende Frau die Samen für monströsen Verkehr, an die Stelzen aus Beton ist eine Jesukind-Installation angeklebt, Adam wird aus dem Paradies eines leeren Konzertsaales vertrieben.

In den sogenannten Bildunterschriften sind die Wahrnehmungskanäle neu verkabelt. Umfangreiche Ausrisse aus einem größeren Text werden zu einem Bildblock verklumpt, während das Bild zu einem Fußnotenschlitz zusammenschrumpft.

selten, aber doch, sagt man dinge, von / denen man gar nicht weiß, dass man sie / je gedacht hat (58)

Überraschungstexte, Biographie als Textur, Lexikon-Bilder, politische Statements als Klebestücke auf fremdem Untergrund: Friedrich Hahn löst ungeniert die üblichen Seh- und Schaubewegungen auf, indem er Hintergrund und Metaebene in den Vordergrund rückt.

Seifenblase mit Reisverschluss, Schönheit der Schalen, stille Post als Bedeutung, alle diese Komponenten werden schließlich mit der Ironie eines höheren Beamten zusammengefasst, wonach die Texte und Objekte schwer in Ordnung seien. (101)

Friedrich Hahn, unterm strich. Bilder zum Lesen. Texte zum Schauen. Abbildungen.
Wien: Verlagshaus Hernals 2014. 122 Seiten. EUR 27,90. ISBN 978-3-902975-06-5.

 

Weiterführende Links:
Verlagshaus Hernals: Friedrich Hahn, unterm strich
Wikipedia: Friedrich Hahn

 

Helmuth Schönauer, 08-01-2015

Bibliographie

AutorIn

Friedrich Hahn

Buchtitel

nterm strich. Bilder zum Lesen. Texte zum Schauen

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Verlagshaus Hernals

Illustration

Friedrich Hahn

Seitenzahl

122

Preis in EUR

27,90

ISBN

978-3-902975-06-5

Kurzbiographie AutorIn

Friedrich Hahn, geb. 1952 in Merkengersch / NÖ, lebt in Wien.

Themenbereiche