Hannes Obermair u.a. (Hg.), Regionale Zivilgesellschaft in Bewegung

Eine fette Festschrift ist natürlich immer eine Gaudi für die geehrte Person, aber man sollte sich auch als Leserin und Leser ordentlich freuen, dass es ab und zu helle Köpfe im Land gibt wie Hans Heiss, der imstande ist, eine fette Festschrift über die Zivilgesellschaft auszulösen.

Im Bereich der regionalen Zivilgesellschaft gibt es naturgemäß viele weiße Flecken, das Thema steht erst am Anfang der Diskussion, dennoch bemüht sich Hans Heiss schon ein Leben lang, eine politische Kultur der regionalen Identität zu entwickeln, die die bürokratisch angehauchte Zentralverwaltung in Brüssel ergänzt, manchmal auch zu ihr in Opposition steht.

Dreißig Autorinnen nähern sich ihrem jeweiligen Forschungsbefund über Einstiegsluken wie: Region und Nation | Bürgerlichkeit und Antibürgerlichkeit | Ökonomien des Politischen | Demokratie auf dem Prüfstand | Biographien fremd und eigen | Res gestae und Erinnerungskulturen.

Bereits aus den Abstracts lassen sich interessante Thesen herauslesen und zu Behauptungen verdichten:

  • Der Integrationsprozess Europas ist von Regierungen bestimmt, von exklusiven Beamtenstäben gestaltet, von Technokraten umgesetzt. (Thomas Benedikter)
  • In Brixen kommt es 1956 mit der „Weißen Turm-Liste“ kurz zu einem Aufmucksen innerhalb der Einheitspartei SVP, der Spuk ist aber bald vorbei. (Joachim Goller)
  • Die Autonomie entwickelt sich weiter und wird von einer persönlichen zu einer territorialen Autonomie führen. (Günther Pallaver)
  • In den Lesebüchern soll 1923 Andreas Hofer durch eine „lombardische Spähwache“ ersetzt werden, was zu starken Unruhen im Kopf führt. (Norbert Parschalk)
  • Nicht wenige ehemalige Nationalsozialisten lassen sich in den Wohlstand abdrängen und gründen politisch unauffällig wirtschaftliche Seilschaften. (Gerald Steinacher)
  • Der Gebirgskrieg wird über den Mythos Gebirgsjäger zu einem heldenhaften persönlichen Ereignis, zum Unterschied von der anonymen Materialschlacht an der Westfront des Ersten Weltkrieges. (Oswald Überegger)

Die Beiträge geben einen guten Überblick darüber, was aktuell gerade erforscht wird und wie selbst die kleinsten Begebenheiten oft „irreal-logisch“ für die regionale Geschichtsschreibung von Bedeutung sind.
Im Nachspann sind die Autorinnen mit Kontaktadressen angeführt, so dass eine Diskussion über die aktuellen Thesen leicht geführt werden kann, denn eine Zivilgesellschaft besteht nun einmal in einer Diskussion in Augenhöhe von Mensch zu Mensch.

Hannes Obermair / Stephanie Risse / Carlo Romeo (Hg.), Regionale Zivilgesellschaft in Bewegung. Festschrift für Hans Heiss. Cittadini innanzi tutto. Italienisch / Deutsch.
Bozen, Wien: folio 2012. 655 Seiten. EUR 39,-. ISBN 978-3-85256-618-4.

 

Weiterführender Link:
Folio-Verlag: Hannes Obermair / Stephanie Risse / Carlo Romeo (Hg.), Regionale Zivilgesellschaft in Bewegung

 

Helmuth Schönauer, 13-02-2013

Bibliographie

AutorIn

Thomas Benedikter / Joachim Goller / Günther Pallaver u.a.

Buchtitel

Regionale Zivilgesellschaft in Bewegung. Festschrift für Hans Heiss

Originaltitel

Cittadini innanzi tutto

Erscheinungsort

Bozen

Erscheinungsjahr

2012

Verlag

Folio-Verlag

Herausgeber

Hannes Obermair / Stephanie Risse / Carlo Romeo

Seitenzahl

655

Preis in EUR

39

ISBN

978-3-85256-618-4

Kurzbiographie AutorIn

Hans Heiss, geb. 1952 in Brixen, lebt als Historiker und Politiker in Brixen.