Manfred Chobot, Mich piekst ein Ameisenbär

Weltgeschichten sind die größten Globetrotter, sie kommen überall hin, nehmen überall das Wesentliche auf und bringen die besten Sachen zu Hause auf den Vorlese-Tisch.

Manfred Chobot schickt seine Helden meist freiwillig um die Welt, sie tun sich das Fremde aus Neugierde an und erweitern dabei ihren Horizont. Die Reisevorbereitung und Einstimmung sind dabei fast wichtiger als die Reise selbst, auch hier gilt die stille Lebensweisheit: So wie du eine Reise antrittst, so ist sie!

Die ideale Reise legt gleich zu Beginn ein seltsamer Kauz hin, der zwar alles gebucht hat, aber ohne Kohle unterwegs ist. Mit Bescheidenheit und Hellhörigkeit gelingt es ihm, an den jeweiligen touristischen Schauplätzen seine gebuchte Besichtigungstour zu verkaufen und gegen echte Erfahrung einzutauschen. Am Schluss kommt er sogar mit mehr Geld heim, als er losgefahren ist.

Die titelgebende Geschichte vom pieksenden Ameisenbären spielt überall auf der Welt, handelt sie doch von Situationen, in denen einem sprichwörtlich die Luft wegbleibt. Kulturelle Obszönitäten, Exhibitionisten an unerwarteter Stelle und sexuelle Angebote aus dem Nichts führen im ersten Augenblick dazu, dass es dem Betrachter die Sprache verschlägt. Gepiekste Ameisenbär-Situationen müssen daher immer hintennach recherchiert werden, wenn sich Zorn und Rauch des Augenblicks verzogen haben.

Die Weltgeschichten zeigen immer Grundbegebenheiten, eine Regierung, die sich kaufen lässt, kann überall angesiedelt sein, eine Polizeiwachstube, in der sich aus Langeweile die Polizisten ins Knie schießen, findet man in den entlegensten Gegenden genauso wie im Trubel der Großstadt, solche Helden der Langeweile tauchen nämlich in jedem Ambiente ab.

Oft halten sich die Geschichten im ersten Augenblick an erwartete Muster, wenn etwa Crocodile einem toten Känguru einen Hut aufsetzt, damit das Foto gut wird, oder wenn in der Südsee abends das Fernsehen kommt und alle Romantik vertreibt. Unter der Folie der Reiseerlebnisse kommen dann freilich die Risse zum Vorschein, wenn die thailändische Sex-Bude so arg wird, dass sie nicht einmal mehr zum Wixen taugt, wenn unter den Eincheck-Scannern tatsächlich die Seele gepixelt und zerbröselt wird, wenn eine Grenzstation unter einem Skulpturenpark verwildert.

Im Wienerischen wird manchmal eine Szene auch „Welt“ genannt, wenn sie besonders auffällig oder alltagsunkeusch ausfällt. Manfred Chobots Geschichten handeln nicht nur von der ganzen Welt, sie sind auch Welt-Geschichten.

Manfred Chobot, Mich piekst ein Ameisenbär. Weltgeschichten.
Wien: Löcker 2013. 245 Seiten. EUR 19,80. ISBN 978-3-85409-688-7.

 

Weiterführende Links:
Löcker-Verlag: Manfred Chobot, Mich piekst ein Ameisenbär
Wikipedia: Manfred Chobot

 

Helmuth Schönauer, 29-10-2013

Bibliographie

AutorIn

Manfred Chobot

Buchtitel

Mich piekst ein Ameisenbär. Weltgeschichten

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2013

Verlag

Löcker Verlag

Seitenzahl

245

Preis in EUR

19,80

ISBN

978-3-85409-688-7

Kurzbiographie AutorIn

Manfred Chobot, geb. 1947 in Wien, lebt in Wien.