Reinhard Kocznar, Brandgeld

Geld hat ähnlich wie Wasser mehrere Aggregatszustände, es kann in seiner Veranlagung fest, flüssig und gasförmig sein. Wenn es seine Besitzer wechselt, wird es oft zu einem heißen Ding, zu Brandgeld eben.

Reinhard Kocznar beschreibt das kriminelle Treiben diverser Anleger in der Provinz anhand von heißem Geld, das als großer Bluff durch die Gassen der Provinzstadt Innsbruck verschoben wird.

Der Fall tritt mit einem Knalleffekt zu Tage: Im Hause des Versicherungsmaklers und Ich-Erzählers Paul Prokop stürzt sich eine Frau in die Tiefe. Der Erzähler ist über die Tote sehr erstaunt, weil diese Frau Rofner, eine Vermögensberaterin, „in der Leiche gar nicht mehr als solche erkennbar ist“. Grund ist eine Behübschungsaktion vor dem Tod, die auf große Pläne hin deutet, nicht aber auf Suizid. Es liegt also Mord in der Luft.

In der Folge erleben wir den Versicherungsmakler als Ermittler und Aufdecker von Machenschaften in einem mittelständischen Kreis voller satter Typen, die ihre Kohle gelangweilt herumschieben wie früher Kinder das Fetzenleibchen. Gemeint ist immer ein Bürgertum, das in Innsbruck seit Jahrhunderten mit erhobener Nase den Ton angibt und sich mit regionalen Geschäften durch die diversen politischen Gegebenheiten laviert.

Jetzt im Schatten der Finanzblasen ist es offensichtlich üblich, Geld so lange zu veranlagen, bis es sich scheinbar in Luft auflöst. Hier setzt der Erzähler mit seinem thermisch-monitären Grundgesetz ein:

Im Weltall geht nichts verloren, Geld, das jemand nicht hat, hat eben ein anderer.

Während der Recherchen tauchen immer skurrilere Typen auf, die von Ungarn oder Italien aus über die Drehachse Innsbruck die Geschäfte laufen lassen. Der Erzähler beschleunigt seine Aufklärungstour, die ihn an wichtigen Mahnmalen der Geschäftswelt vorbeiführt, hinter jeder gepflegten Fassade steckt ein arglistiges Geschäft.

Als noch eine zweite Tote in ähnlichem Ambiente aufgefunden wird, treibt es den Makler einem beschleunigten Ende der kriminellen Machenschaften entgegen. Die Lösung darf wie immer hier nicht verraten werden.

Reinhard Kocznars Innsbruck-Krimi blättert die Stadt in ihrer schelmischen Bösartigkeit lakonisch auf. Die Oberfläche wird ohne Kommentar zur Kenntnis gebracht. „Am Bozner Platz dealten die Marokkaner.“ Die Geschichte entwickelt sich vor allem aus griffigen Gesprächen, die immer wieder in sagenhaft deutlichen Anleitungen münden.

Ich muss dorthin gehen, wo das Geld liegt.

Für Analytiker des Zeitgeistes sind die Marken der Kleidung, Autos und Getränke aufschlussreich, so tickt selbstverloren eine Stadt, wenn sie nicht gerade ein provinzielles Highlight ausrichtet. Die Wahrheit lässt sich nur über das Auslesen von PC-Programmen, Abschnüffeln von USB-Sticks und Screen-Shots auf diversen Displays auslesen. Jede digitale Verschlüsselung endet in einer analogen Leiche.

Und unter dem Karst der Geschäftswelt wuseln stets die Geldströme und Zacken der Börsenkurse. Geld ist unsichtbar, geruchs-und geschmacklos, man muss es zuerst aus einem Tresor schöpfen, ehe man es verbrennen kann in jeder Bedeutung des Wortes. Brandgeld zeigt, was Geld alles anrichtet, wenn man es von den Falschen beaufsichtigt herumgeistern lässt.

Reinhard Kocznar, Brandgeld. Kriminalroman.
Meßkirch: Gmeiner 2014, 312 Seiten, 12,40 €, ISBN 978-3-8392-1599-9

 

Weiterführende Links:
Gmeiner Verlag: Reinhard Kocznar, Brandgeld
Homepage: Reinhard Kocznar, Brandgeld

 

Helmuth Schönauer, 30-06-2014
 

Bibliographie

AutorIn

Reinhard Kocznar

Buchtitel

Brandgeld

Erscheinungsort

Meßkirch

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Gmeiner Verlag

Seitenzahl

312

Preis in EUR

12,40

ISBN

978-3-8392-1599-9

Kurzbiographie AutorIn

Reinhard Kocznar, geb. 1951 in Hall, lebt in Innsbruck.