Renate Welsh, O‘ du fröhliche

„Die große Anna und die kleine Anna. Die alte Anna und die junge Anna. Die dicke Anna und die dünne Anna. Die laute Anna und die stille Anna. Sie sehen sich nicht oft, aber wenn sie sich sehen, freuen sich beide auf den Anna-Tag.“ (5)

Was gibt es schöneres zur Winter- und Weihnachtszeit als einander, wenn es draußen kalt ist und schneit, Geschichten vorzulesen. Renate Welsh erzählt zwölf besinnliche Weihnachtsgeschichten. Geschichten aus dem Alltag, die zum Nachdenken anregen und den tieferen Sinn von Weihnachten erahnen lassen.

In der Geschichte von „Anna und Anna“ wandern die große und die kleine Anna durch die Stadt und lernen unterschiedliche Menschen kennen, wie einen Pianisten auf einem winzigen Klavier oder einen unfreundlichen, traurigen Mann, der nichts von Weihnachten hält.

„Euer Weihnachten, das hab ich g’fressen!“ (13)

Die Kurzgeschichte „O Tannenbaum“ begleitet eine Gruppe Kinder, die im Wald eine unterhaltsame Wanderung unternehmen und im Sommer Weihnachtslieder singen. Als sie von einem Kirschbaum auf einen alten Mann mit Kirschkernen schießen, geht die Brille des Mannes kaputt.

In „Wer klopfet an?“ soll es eine Woche vor Weihnachten ein Fest für die Familien geben, bei dem Ellis Klasse das Lied von der Herbergssuche singen soll. Dafür üben die Kinder fast jeden Tag und basteln Sterne aus Papier, in denen die Kinder einen Wunsch schreiben sollen.

Es musste etwas sein, das man nirgends kaufen kann. In keinem Geschäft, hat die Lehrerin gesagt. (26)

Die Besinnlichkeit der Vorbereitungen für das Familienfest nimmt ein abruptes Ende, als der Herr Direktor mit zwei Polizisten im Klassenzimmer erscheint, die ihre Mitschülerin Emine einfach mitnehmen. Elli ist verzweifelt und rennt den Polizisten hinterher, kann aber nur noch mitansehen, wie Emine im Polizeiauto weggefahren wird. Auch Ellis Eltern sind entsetzt über die Emines Abschiebung und so beschließen alle gemeinsam etwas dagegen zu unternehmen.

Auch die weiteren Geschichten behandeln Themen aus dem Alltag, die sich an den unterschiedlichsten Orten abspielen, sei es am Bauernhof, auf einer Straßenbank oder bei einer Skype-Verbindung zwischen Österreich und Australien. Allen gemeinsam ist ein ruhiger, innehaltender Blick auf den Alltag, mit dem die wirklich wichtigen Dinge des Lebens in hellem Licht erscheinen.

Renate Welsh versteht es mit viel Einfühlungsvermögen wichtige zeitlose Grundgedanken von Weihnachten wie Mitgefühl, Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft in Geschichten mit aktuellem Themenbezug zur Sprache zu bringen. Dabei stehen immer die einzelne Personen und ihre Beziehungen zueinander im Mittelpunkt, was es den jungen Leserinnen und Lesern ermöglicht, sich in die jeweiligen Situationen und Menschen einzufühlen. Eine überaus empfehlenswerte und schöne Sammlung von Weihnachtsgeschichten zum gemeinsamen Lesen, die nachdenklich macht und gleichzeitig das Herz erwärmt.

Renate Welsh, O‘ du fröhliche. 12 Weihnachtsgeschichten, ill. v. Julie Völk, ab 6 Jahren
Innsbruck: Obelisk Verlag 2016, 80 Seiten, 12,95 €, ISBN 978-3-85197-839-1

 

Weiterführende Links:
Obelisk Verlag: Renate Welsh, O‘ du fröhliche
Wikipedia: Renate Welsh
Homepage: Julie Völk

 

Andreas Markt-Huter, 01-12-2016

Bibliographie

AutorIn

Renate Welsh

Buchtitel

O‘ du fröhliche. 12 Weihnachtsgeschichten

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

Obelisk Verlag

Illustration

Julie Völk

Seitenzahl

80

Preis in EUR

12,95

ISBN

978-3-85197-839-1

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Renate Welsh wurde in Wien geboren und studierte zwei Jahre Englisch, Spanisch und Literaturwissenschaften. Sie arbeitete am British Council in Wien und war nebenberuflich, später freiberuflich als Übersetzerin tätig. Seit 1969 hat sie begonnen Kinder- und Jugendbücher zu schreiben.<br />Juli Völk wurde in Wien geboren und studierte in Hamburg Illustration. Durch ihren klaren und zarten Stil verbindet sie Realität mit Fantasie und schafft so eine ganz eigene Atmosphäre in ihren Illustrationen. Sie lebt und zeichnet in der Nähe von Wien.