Gerhard Ruiss / Oswald von Wolkenstein, So sie mir pfiff zum Katzenlohn

Buch-Cover

Manchmal ist auch die Literatur zu weltrekordverdächtigen Aktionen fähig. Sechshundert Jahre nach ihrer Entstehung sind die Gedichte von Oswald von Wolkenstein erstmals komplett als Gedichte in einer zeitgenössischen Sprache greifbar.

Zu verdanken ist dieses Mammut-Unterfangen dem Autor, Liedermacher und Dichter-Gewerkschafter Gerhard Ruiss.

In einer Vorbemerkung schreibt er ganz im politisch-süffisanten Stile Wolkensteins davon, dass er in den sieben Jahren der Nachdichtung jeweils dreimal Neuwahlen in Österreich und Italien erleben durfte, ein Zeichen, wie labil die politischen Verhältnisse sind und wie stabil dagegen die Literatur wirkt.

Und einen guten Tipp hat Gerhard Ruiss parat: Bei großen Projekten sollte man sich im Vorhinein einmal kühn über die Sache drüber aussehen, die Wahrscheinlichkeit des Gelingens ist dann umso höher.

Im dritten Teil "So sie mir pfiff zum Katzenlohn" geht es nun (nach "Und wenn ich nun noch länger schwieg" und "Herz dein Verlangen") vor allem um Liebeslieder, die vielleicht einen versöhnlichen Ausklang des (Liebes-) Lebens Wolkensteins ans Tageslicht fördern.

Dabei beginnt das Liebesrasen in einem fulminanten Stil, der an die wildesten Expressionisten erinnert.

Berst, / brich, / fest, / stark, / geht tief, / verlangt, / lieb, liebt dich, nimmt, / soviel du gibst / und was du hast, / schmerzt es dich gar zu sehr, / gern / will ich / dich davor bewahren. (13)

Die Gedichte sind zu thematischen Zyklen zusammengefasst, die mit kräftigen Headlines überschrieben sind. Das öffnet manchem Tür und Tor, Die dich liebt von Herzen, Papst oder Kaiser Bauersmann, Sie hat mein Herz getroffen bis hin zum ironischen Ende der Sammlung: Der Neuigkeiten letzter Stand.

Den Nachdichtungen angefügt sind die Originaltexte. Ein Vergleich lässt den Leser immer wieder staunen, wie genau und wild, feurig und fein Gerhard Ruiss letztlich den Ton Oswald von Wolkensteins getroffen hat. Die Lieder lassen sich sofort wieder aktuell auf die Bühne bringen und wie bei einem feuerfesten Fresko merkt man den Texten niemals die sechshundert Jahre an.

Eine Liste der Lebensdaten, Begleitumstände und Hintergründe zu Oswald von Wolkenstein schließt die Sammlung ab. Dabei fällt auf, dass es zu Lebzeiten Wolkensteins mindestens so wild und heftig zugegangen ist wie zu unseren Tagen. Börsencrash, Schiffsunglück, Erbschaftsstreit und Putsche sind am der Tagesordnung. Heute wie damals aber hilft ein Stück spitze Literatur, um durch all diese Wellen hindurch zu surfen.

Gerhard Ruiss / Oswald von Wolkenstein, So sie mir pfiff zum Katzenlohn. Lieder. Nachdichtungen. Band III.
Wien, Bozen: Folio 2010. 180 Seiten. EUR 22,50. ISBN 978-3-85256-523-1.

 

Weiterführende Links:
Wikipedia: Oswald von Wolkenstein
Folio-Verlag: Gerhard Ruiss / Oswald von Wolkenstein, So sie mir pfiff zum Katzenlohn
Wikipedia: Gerhard Ruiss

 

Helmuth Schönauer, 09-09-2010

Bibliographie

AutorIn

Gerhard Ruiss / Oswald von Wolkenstein

Buchtitel

So sie mir pfiff zum Katzenlohn. Lieder. Nachdichtungen. Band III

Erscheinungsort

Bozen

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Folio

Reihe

Lieder. Nachdichtungen. Band III

Seitenzahl

180

Preis in EUR

22,50

ISBN

978-3-85256-523-1

Kurzbiographie AutorIn

Gerhard Ruiss, geb. 1951 in Ziersdorf, lebt in Wien.

Oswald von Wolkenstein, geb. um 1377 in Schöneck / Tirol, starb 1445 in Meran.