Lesen in Tirol stellt vor: Die Servicestelle für Schulbibliotheken

Schulbibliotheken sind heute keine Ansammlungen von Büchern in unübersichtlichen Bücherregalen mehr. Gerade in den letzten Jahren hat sich einiges bewegt und die Schulbibliothek hat sich mittlerweile zum Informations- und Kommunikationszentrum der Schule gemausert. An dieser Entwicklung in Tirol hat die Servicestelle für Schulbibliotheken in der Hauptschule Reichenau einen nicht unwesentlichen Anteil.

Seit mittlerweile fünf Jahren besteht die Servicestelle für Schulbibliotheken in der Burghart-Breitner-Straße 20. Eingerichtet wurde die Servicestelle von den Pflichtschul-Lehrern Adi Weisz und Reinhard Wieser und geleitet wird sie heute von Reinhold Embacher und Christine Wanner. An jedem ersten und zweiten Mittwoch im Monat zwischen 14 und 18 Uhr finden interessierte SchulbibliothekarInnen und DeutschlehrerInnen die Möglichkeit, sich über die neuesten Entwicklungen im Bereich der Büchereien oder der Lesepädagogik zu informieren.

Aufgaben und Merkmale einer Schulbibliothek werden für Hauptschulen durch eine Richtlinie des Landesschulrats für Tirol verbindlich festgelegt. Für Volksschulen, Sonderschulen und Polytechnische Schulen hat die Richtlinie einen empfehlenden Charakter.

Zu den Aufgaben heißt es u.a.:

Durch die Nutzung einer Schulbibliothek und ihrer vielfältigen Angebote kann in vielen Bereichen selbständiges Lernen unterstützt und gefördert werden. Die Schulbibliothek kommt mit ihrem Medienbestand (Bücher, Zeitschriften, Spiele, Ton- und Bildträger) den Erfahrungen, Bedürfnissen und Interessen der Kinder entgegen und bereichert somit den gesamten Bildungs- und Erziehungsprozess.

Neben der direkten Unterstützung der Unterrichtsarbeit leisten Schulbibliotheken auch einen wertvollen Beitrag zur Leseerziehung. Kinder und Jugendliche, die während ihrer Schulzeit "bibliotheksgewohnt werden", werden auch als Erwachsene mehr lesen.

Eine Schulbibliothek bewirkt darüber hinaus eine Öffnung der Schule und kann viel zum kulturellen Leben der Schule, des Stadtteils bzw. der Gemeinde durch Veranstaltungen wie Lesungen oder Ausstellungen beitragen. Es sollte daher jede Schule im Pflichtschulbereich über eine Bibliothek verfügen.
Servicestelle für Schulbibliotheken: "Schulbibliotheken"

 

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Lesen in Tirol hat Reinhold Embacher in der Servicestelle in der Schulbibliothek der Hauptschule Reichenau besucht und zu einem kurzen Interview gebeten.

 

Lesen in Tirol: Was hat sich im Bereich der Schulbibliotheken in Tirol in den letzten Jahren geändert und wie werden sich die Schulbibliotheken weiterentwickeln?

Reinhold Embacher: Die Servicestelle für SB gibt es seit dem Jahr 2000. In dieser Zeit war die große Herausforderung die technische Ausstattung der SB zur multimedialien SB. Eine Bücherei an einer Schule war noch vor ca. 10 Jahren lediglich mit Printmedien ausgestattet. Heute werden die Printmedien durch die neuen Medien ergänzt.

Die  Schulbibliothek ist mit seinen Computerarbeitsplätzen, Beamer und Präsentationsmöglichkeiten das multimediale Zentrum einer Schule. All das wird heute bereits bei der Planung einer SB mitgedacht und mitgebaut. Wenn eine Schule keine eigene Aula besitzt, bietet sich die Bibliothek zudem noch als Veranstaltungszentrum an einer Schule an, wo von der Fachkonferenz bis zu Elternforen und größeren Veranstaltungen alles stattfinden kann. Das wäre natürlich der ideale Zustand für eine Schulbibliothek.


Reinhold Embacher leitet seit Herbst 2004  gemeinsam mit Christiane Wanner die Servicestelle für Schulbibliotheken
im Pflichtschulbereich.
Foto: Markt-Huter

 

Lesen in Tirol: Welche Aufgaben kommen bei dieser Entwicklung der Servicestelle für Schulbibliotheken zu?

Reinhold Embacher: Die ursprüngliche Motivation für die Einrichtung der Servicestelle für Schulbibliotheken war es, den Lehrerinnnen und Lehrern, die sich daran machten eine Schulbibliothek einzurichten, eine Hilfestellung zu geben. Es ging zunächst meist darum, die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für die Einrichtung einer Schulbibliothek zu klären, das heißt: Schulen wurden besucht, Beratungen angeboten, wie die Schulbibliothek eingerichtet werden sollte und welche konkreten Schritte dazu gesetzt werden müssen.

Mittlerweile sind wir in der glücklichen Lage, dass sehr viele Hauptschulen mit Schulbüchereien versorgt sind. In letzter Zeit hat sich aber auch bei den Volksschulen einiges im Bereich der Schulbibliotheken bewegt. Wir stehen selbstverständlich immer noch bei der Einrichtung beratend zur Seite, wie es beispielsweise demnächst für die Errichtung einer Volkschulbibliothek in Kitzbühel der Fall sein wird.

Lag der ursprüngliche Aufgabenbereich der Servicestelle also in der Einrichtung der Bibliotheken in den Schulen, so hat er sich in letzter Zeit zunehmend auf den Bereich der Fortbildung verlagert. SchulbibliothekarInnen werden auch weiterhin über die neuesten Entwicklungen informiert und darüber, was sich laufend bei den Schulbibliotheken verbessern lässt. In der letzten Zeit sind aber verstärkt auch der Lesebereich und die Lesepädagogik als neue Aufgaben hinzugekommen. Man könnte sagen, dass wir vom Schwerpunkt Bibliotheken? auf das Lesen? übergegangen sind und wir alles aufgreifen, was mit Leseförderung zu tun hat.

Lesen in Tirol: Wie erfolgt die Fortbildung der SchulbibliothekarInnen in der Servicestelle?

Reinhold Embacher: Unsere Veranstaltungen sind landesweite Veranstaltungen des Pädagogischen Instituts und zielen generell auf die Lesefortbildung hin. Ich bin nun seit mittlerweile fast einem Jahr in der Servicestelle, wo ich unter anderem auch als Referent tätig bin oder Veranstaltungen leite. Es handelt sich dabei um 2 bis 3 Veranstaltungen im Monat. Für Beratungen stehen Christiane und ich an jedem 1. und 2. Mittwochnachmittag jeden Monats zur Verfügung. Die beratende Tätigkeit, hat aber dadurch, dass die Bibliotheken fertig eingerichtet sind, merklich abgenommen, sodass in dieser Zeit auch Veranstaltungen stattfinden.

Für unsere Fortbildungsveranstaltungen werden sehr viele ReferentInnen eingeladen, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen weitergeben. Diese Treffen bieten aber auch den Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, ihre Erfahrungen untereinander auszutauschen. Wir legen besonderen Wert darauf, dass nicht der Eindruck entsteht: Da sitzt jemand draußen, der das Lesen erfunden hat, der den anderen nun großartig etwas erzählen kann. Ich bin immer froh, wenn KollegInnen aus dem Pflichtschulbereich eigene Sachen vorstellen, mit denen sie Erfolg gehabt haben, und sie bereit sind diese auch weiterzugeben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass SchulbibliothekarInnen in erster Linie am Erfahrungsaustausch interessiert sind und gerne Anstöße aufnehmen, wenn es neue Entwicklungen gibt, die sie in ihre Bibliothek integrieren können.


Die Servicestelle ist jeden ersten und zweiten Mittwoch im Monat geöffnet und bietet regelmäßig interessante
Veranstaltungen zum Thema Schulbibliothek und Lesen.
Foto: Markt-Huter

 

Besonders froh bin aber darüber, dass sich nicht nur SchulbibliothekarInnen sondern auch viele Deutsch-LehrerInnen für die Fortbildungen interessieren, sie regelmäßig besuchen und auch Vorträge gestalten. Ich versuche auch ReferentInnen von außerhalb der Schule für Vorträge zu gewinnen, wie z.B. Vevi Kahr von der Beratungsstelle für Lesepädagogik oder wie heute Frau Elfi Rotner für einen Vortrag über Kinder- und Jugendliteratur. Da sie in einer Buchhandlung arbeitet, ist sie naturgemäß mit den meisten Büchern besser vertraut, als es in der Regel ein Lehrer/eine Lehrerin sein kann. Wir haben aber auch schon ReferentInnen aus den Pädagogischen Instituten anderer Bundesländer eingeladen.

Lesen in Tirol: Wie erfolgt die Ausbildung zum Schulbibliothekar?

Reinhold Embacher: Die Ausbildung zum Schulbibliothekar erstreckt sich mittlerweile über ein Jahr und umfasst 25 Ausbildungsstunden. Es handelt sich um einen Akademielehrgang, der auch eine Woche Aufenthalt in Südtirol beinhaltet. Während des Jahres finden hier in der Schulbibliothek in der Reichenau immer wieder Wochenendkurse statt, die von Adi Weisz und Reinhard Wieser durchgeführt werden.

Der Kurs war ursprünglich ein Kurs des Pädagogischen Instituts und wird seit neuestem als Lehrgang der Pädagogischen Akademie geführt. Abgeschlossen wird die Ausbildung zum Schulbibliothekar mit einer schriftlichen Arbeit zu einem Leseprojekt in der Schulbibliothek. In unserer Service-Stelle befindet sich ein Archiv, in dem sämtliche Arbeiten der Absolvent/Innen des Kurses für SchulbibliothekarInnen katalogisiert und gesammelt sind. Alle Kolleginnen und Kollegen, die Anregungen brauchen und in diesen Arbeiten nachschlagen wollen, können sich diese gerne ausleihen. Wir sind im Augenblick gerade dabei sie zu katalogisieren. Ideal wäre es, wenn wir sie online zur Verfügung stellen könnten; im Augenblick müssen die Arbeiten aber noch aus Listen ausgesucht werden.

Lesen in Tirol: Ist für die Zukunft eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Schulbibliotheken und Öffentlichen Büchereien vorgesehen?

Reinhold Embacher: Eine Zusammenarbeit der Schulbibliotheken mit den Öffentlichen Bibliotheken findet eigentlich nur dort statt, wo in kleineren Orten die Schulbibliothekare auch die Öffentlichen Bibliotheken betreuen. Es kann auch sein, dass die Öffentliche Bücherei am Vormittag von der Schule genutzt wird und die Öffnungszeiten für die Bevölkerung der Gemeinde eben erst am Nachmittag sind.

Hier könnte man vielleicht von einer Zusammenarbeit zwischen Schulbibliothek und Öffentlicher Bibliothek sprechen. Unserer Servicestelle aber wurden von vornherein als Servicestelle für Schulbibliotheken und als Fortbildungseinrichtung für SchulbibliothekarInnen eingerichtet. Eine engere Kooperation mit den Öffentlichen Büchereien wird derzeit von uns nicht forciert.

Lesen in Tirol: Vielen Dank für das Interview!

 

Andreas Markt, 30-03-2005

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