Michael E. Dyson u.a., Political Correctness - Ein Streitgespräch

michael dyson u.a., political_correctness„Politische Korrektheit geht von der Prämisse aus, dass Ungleichheiten, die lange Zeit als natürlich gegolten hatten, so wie Geschlechter- oder Rasseungleichheiten, dem Auge des Betrachters deshalb weitgehend entzogen waren, weil diese Ungleichheiten der Weltsicht und den Interessen von Weißen, Christen und Männern dienten. Diese Ungleichheiten haben tiefe Wurzeln in die Sprache geschlagen …“ (S. 19)

Das Streitgespräch zum Thema „Political Correctness“ fand 2018 im Rahme der Munk-Debatten statt, die sich in Kanada zu einem wichtigen politischen Ereignis der öffentlichen Diskussion entwickelt haben. Dabei werden vor einem Live-Publikum Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer zur Debatte eingeladen, die auch in nationalen und internationalen Medien übertragen werden.

Für das Streitgespräch zum Thema „Political Correctness“ stehen auf der Seite der Befürworter Michael Eric Dyson, ein bekannter amerikanischer Autor, Professor und Radiomoderator, der sich speziell mit den Themen Rasse, Kultur und Politik in den Vereinigten Staaten beschäftigt, sowie die Journalistin, Autorin und Kolumnistin der New York Times, Michelle Goldberg. Den Contra-Part vertreten der bekannte britische Schauspieler, Drehbuchautor, Entertainer und Regisseur Stephen Fry, sowie Jordan Peterson, Professor für Psychologie an der Universität Toronto und Autor.

Michael Dyson verweist in seinem Statement auf die erheblichen Privilegien, die speziell weiße Männer in Anspruch nehmen können, womit weißen Männer gegenüber anderen immer einen Startvorteil und dadurch bessere Erfolgsaussichten genießen. Jetzt reagieren sie verbittert, weil ihnen die Vorteile genommen werden sollen.

Michelle Goldberg begrüßt politische Bewegungen, die sich für die Rechte bestimmter Gruppen einsetzen und Frauen und Farbige erst ermöglichen, sich selbst zu verwirklichen und erklärt, dass es keinen Widerspruch gäbe zwischen der Freiheit des Individuums und politischen Bewegungen für die Bürgerrechte, wie z.B. die #Mee-Too-Bewegung.

Stephen Fry betrachtet die Universitäten als das „neue Schlachtfeld“ der Political Correctness, wo die Meinungsvielfalt zunehmend verloren gehe. Besonders stört ihn an dieser Bewegung die Scheinheiligkeit, die Frömmelei, die Selbstgerechtigkeit, die Ressentiments, den Zorn, die Rechtgläubigkeit, das Denunziantentum, die Bloßstellungen u.a. Damit erreichen diese Bewegungen bei den Menschen das Gegenteil von dem, das sie bewirken wollen: eine tolerante Gesellschaft.

Die meisten Angriffe der Pro-Seite zielen auf Jordan Peterson, der sich weder als Freund der radikalen Linken noch der radikalen Rechten sieht. Er sieht die Universitäten heute von linkem Gedankengut mit einer kollektivistischen Ideologie beherrscht. Dabei stört ihn an der politischen Korrektheit, dass sie so tue, als habe sie das Mitgefühl für sich gepachtet. Dass sie Menschen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit eine bestimmte Identität zuweise und „Geschichte als Schlachtfeld zwischen verschiedenen Gruppen interpretiert“ hält er für eine gefährliche Entwicklung.

Das sehr emotional geführte Streitgespräch zwischen den unterschiedlichen Gesprächsteilnehmern, lässt die Gegensätze zwischen den verschiedenen Gruppen klar zutage kommen, verharren aber letztendlich doch an der Oberfläche, wo dem Gegenüber Meinungen und Ideen unterstellt werden, worauf nicht näher Bezug genommen wird.

Ein spannend zu lesendes Sachbuch Buch, in dem die tiefen emotionalen Gegensätze zwar recht stark zum Ausdruck kommen als, ideologischen Prämissen der Standpunkte hingegen wenig beleuchtet werden. Trotzdem bietet das Format als Dialog zwischen gegensätzlichen Standpunkten einen informativen Einblick in ein Thema, das auch bei uns immer stärker in die öffentliche Diskussion rückt.

Michael E. Dyson / Michelle Goldberg / Stephen Fry / Jordan Peterson, Political Correctness - Ein Streitgespräch. Mit einem Vorwort von Eva Illouz, übers. v. Jürgen Neubauer [Orig. Titel: Political Correctness]
München: Nagel & Kimche Verlag 2021, 160 Seiten, 17,50 €, ISBN 978-3-312-01142-1

 

Weiterführende Links:
Nagel & Kimche Verlag: Michael E. Dyson u.a., Political Correctness - Ein Streitgespräch
Wikipedia: Michael Eric Dyson (engl.)
Wikipedia: Michelle Goldberg (engl.)
Wikipedia: Stephen Fry
Wikipedia: Jordan Peterson

 

Andreas Markt-Huter, 28-04-2021

Bibliographie

AutorIn

Michael E. Dyson / Michelle Goldberg / Stephen Fry / Jordan Peterson

Buchtitel

Political Correctness - Ein Streitgespräch

Originaltitel

Political Correctness

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2021

Verlag

Nagel & Kimche Verlag

Übersetzung

Jürgen Neubauer

Seitenzahl

116

Preis in EUR

17,50

ISBN

978-3-312-01142-1

Kurzbiographie AutorIn

Michael Eric Dyson ist Autor, Professor und Radiomoderator und publizierte zu den Themen Race, Kultur und Politik.

Michelle Goldberg ist Kolumnistin der New York Times, Bestsellerautorin und Journalistin.

Stephen Fry ist ein englischer Schauspieler, Drehbuchautor, Bühnenschriftsteller, Journalist, Dichter, Entertainer und Filmregisseur.

Jordan Peterson ist Politologe, Influencer, klinischer Psychologe und Professor für Psychologie an der University of Toronto.