Robert Burns , Here's a bottle …

Wenn es einem Dichter gelingt, den archaischen Lebenskampf durch Saufen zu unterlegen und dabei noch Patriotismus zu entwickeln, steht einem flächendeckenden Absingen seiner Hymnen nichts mehr im Wege.

Robert Burns 1759 – 1796 gilt nicht zuletzt deshalb als schottischer Nationaldichter, weil seine Gedichte und Songs oft nahe an der Gerste und dem schottischen Überlebensmittel Whiskey angesiedelt sind. Seine Texte sind voll von Widerstandskraft, Lebenswillen, Aufmüpfigkeit und Partisanenwesen. Diese Zutaten sind für den Kampf gegen Invasoren, feindlich-religiöse Übernahmen oder schlicht dem Entkommen eines dürftigen Alltags unentbehrlich.

Die sprachliche Widerborstigkeit des Schottischen gegenüber dem Englisch der Invasoren zeigt sich auch dem Laien recht anschaulich, wenn das Schottische in den vergleichsweise Sprach-bockigen Wiener Dialekt versetzt wird.

Dieter Berdel hat die Trinklieder, Spottverse und Balladen beeindruckend hinterfotzig ins Wienerische übersetzt. Zu einem stillen Helden, dem man nur zunicken kann, wird in beiden Sprachen John Barleycorn, der freundliche Meister, der als purer Alkohol auftritt. „John Barleycorn ist die personifizierte, teils spöttische, teils verharmlosende Umschreibung von Alkohol aus Gerste, also Whisky und Bier“, heißt es in einer liebevollen Warnung. (37)

In einem Ambiente, wo es nichts zu Fressen gibt, wirken Bittgebete vor dem Essen und Dankgebete nach der hohlen Mahlzeit wie pure Verhöhnung des göttlichen Wesens.

Dischgebet fua n Essn // Heagod, waun uns da hunga gwöd, / Deng aun uns a bissl, / Schik uns drobn fon himmöszöd / An schofskobf auf di schissl! / Amen. (73)

Gebete vor und nach dem Hunger, Umtrunke, ein Lebe-Hoch der Gerste, Freundschaften, Wirtschaften, Einbringen der Nicht-Ernte, Unglücke, Wetterkapriolen, Schicksalsschläge, es gibt immer einen Grund, das Glas zu heben und auf das nächste Glück zu singen. Der sarkastische Umgang mit dem Unglück wird durch das Wienerische prächtig in den Vordergrund gerückt! Vor allem, wenn noch glucksende Glücksgeräusche hinzukommen wie bei diesem satten Gö, das einen auch das brutalste Leben easy aushalten lässt.

A flaschl und a glassa freind, / Braucht da mensch no mea, gö? / Wea waas, waun moi da dod eascheint, / Ob s leicht foid oda schwea, gö? (29)

In einer eigenen Lied-Abteilung gleichen diese Überlebenssongs gesungenen Grabsprüchen, ein ganzer Friedhof kann mit dem Glas in der Hand abgesoffen werden, und die Freunde unter der Erde nehmen kein Ende. Die längeren Balladen am Schluss der Sammlung nehmen das Motiv des Heran-Trinkens an die Existenzgrenze wieder auf.

Die Texte sprechen natürlich für sich, man muss sie bloß laut vorlesen und ist schon literarisch illuminiert. Dennoch sind Lebenslauf des schottischen Helden, Glossar und Quellen sehr bereichernd. Allein das Glossar der Wiener Dialektausdrücke ist schon wieder eine eigene Heldenoper!

Robert Burns / Dieter Berdel, Here's a bottle … und a glassa freind. Trinklieder, Spottverse, Balladen in Scottish Dialect / Wiener Dialekt
Krems: Edition Roesner 2016, 223 Seiten, 24,90 €, ISBN 978-3-902300-98-0

 

Weiterführende Links:
Edition Roesner: Robert Burns / Dieter Berdel: Here's a bottle … und a glassa freind
Wikipedia: Robert Burns
Atelier 3A: Dieter Berdel

 

Helmuth Schönauer, 11-02-2016

Bibliographie

AutorIn

Robert Burns / Dieter Berdel

Buchtitel

Here's a bottle … und a glassa freind. Trinklieder, Spottverse, Balladen in Scottish Dialect / Wiener Dialekt

Erscheinungsort

Krems

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

Edition Roesner

Seitenzahl

223

Preis in EUR

24,90

ISBN

978-3-902300-98-0

Kurzbiographie AutorIn

Robert Burns, 1759 – 1796, gilt als schottischer Nationaldichter.<br />Dieter Berdel, geb. 1939 im Burgenland, lebt in Wien.