Nikola Huppertz, Karla, Sengül und das Fenster zur Welt
In einem sehr warmherzigen Stil schreibt Nikola Huppertz die Geschichte einer deutsch-türkischen Freundschaft. Karla, die Erzählerin, wird mit den Unterschieden konfrontiert, die es zwischen den Kulturen gibt.
Karlas Eltern lassen sich scheiden und dadurch ändert sich für Karla, ein zehnjähriges Mädchen alles. Sie zieht mit ihrer Mutter in eine kleine Wohnung in einem Hochhaus und muss auf eine neue Schule. Auch Julia, ihre beste Freundin, kann sie nun nicht mehr so oft sehen.
Doch schon bald lernt Karla auf dem Spielplatz des Hochhauses Sengül kennen, ein türkisches Mädchen, das mit ihren Eltern, Geschwistern und der Großmutter im selben Haus wohnt wie sie. Gleich bei der ersten Begegnung der beiden Mädchen zeigt Sengül Karla ihren Geheimplatz, das Fenster über dem Treppenabsatz im zehnten Stock des Hochhauses. Von dort kann man fast über die ganze Stadt schauen. Sengül meint, sie könne fast bis nach Karabük schauen, wo ihre Eltern und die Großmutter herkommen und wo sie mit ihrer Familie immer den Sommer verbringt. Karla meint: "Es ist wie ein Fenster zur Welt. Als könnte man einfach losfliegen.'
Sengüls Familie nimmt Karla sehr herzlich auf, denn deren Grundsatz ist: Man kommt als Fremder und geht als Freund. Allerdings geht nicht alles ganz reibungslos vor sich, denn es bestehen viele Unterschiede zwischen Sengül und Karla. Sengül ist Muslima, sie isst kein Schweinefleisch und Allah hat auf alle Fragen eine Antwort, auch wenn es um Scheidung geht oder wie sich Frauen in der Öffentlichkeit verhalten sollen. Auch Sengül findet Karlas Familienverhältnisse kompliziert und weiß nicht recht, wie sie damit umgehen soll.
Es kommt fast zum Bruch, bevor die Freundschaft noch richtig angefangen hat. Doch nach einer kurzen Funkstille kommt Sengül mit einem Versöhnungsgeschenk wieder auf Karla zu und Karla bietet Sengül sogar die Mitgliedschaft in ihrem geheimen Klub an, den sie soeben mit Julia, ihrer alten Freundin gegründet hat.
Das Buch ist sehr ansprechend gestaltet. Die netten Illustrationen, die den Text ergänzen, regen zum Lesen an und erleichtern sicher das Buchverständnis.
Schön habe ich gefunden, dass ganz geschickt und gar nicht schulmeisterlich türkische Wörter in den Text eingeflochten sind. Die LeserInnen können so ganz nebenbei einige Wörter einer fremden Sprache lernen.
Mir hat das Buch auch deshalb gut gefallen, weil es, ohne belehrend zu sein, einen Weg zeigt, wie man schwierige Situationen mit ein bisschen gutem Willen und Toleranz meistern kann.
Buchempfehlung: ab acht Jahren
Nikola Huppertz, Karla, Sengül und das Fenster zur Welt. Mit Illustrationen von Yayo Kawamura, ab 8 Jahren
Stuttgart: Gabriel Verlag 2009, 123 Seiten, 8,90 EUR, ISBN: 978-3-522-30183-1
Weiterführende Links:
Gabriel-Verlag: Nikola Huppertz, Karla, Sengül und das Fenster zur Welt
Kinderbücher und Jugendbücher: Interview mit Nikola Huppertz
Sylvia Heim, 14-07-2009