Harald Gordon, Schussfeld

Buch-Cover

Atemlos verfolgen wir die letzten Tage eines jugendlichen Attentäters, der ein Massaker unter seinen Mitschülern verübt hat. Minutiös werden wir in sein Denken und Handeln verstrickt und anstatt uns distanzieren zu können, werden wir vom Autor immer tiefer in einen schwarzen Abgrund gezogen.

Es ist mittlerweile zehn Jahre her, dass es an der Highschool in Columbine nahe Denver zu einem tragischen Schulmassaker gekommen ist, das weltweites Aufsehen erregt hat. Zwölf Schüler und ein Lehrer mussten damals sterben, bevor sich die beiden jugendlichen Attentäter selbst das Leben nahmen. Zurück blieben die Fragen, was in den beiden vorgegangen sein muss und wie es dazu kommen konnte.

Der 14-jährige Schüler Anderson Clark wird verhaftet und eingesperrt. Er hat gerade mit einem Bekannten an einer Schule einer amerikanischen Kleinstadt ein Massaker angerichtet. Harald Gordon stellt sich vor den Attentäter hin und versetzt sich Auge in Auge mit ihm in sein Denken und Handeln, stellt ihm Fragen und versucht zu verstehen, was passiert ist.

Aber du sagst gar nichts, Anderson, hörst immer nur zu, wie ich mir deine Geschichte denke, und denkst dir vielleicht, es war alles ganz anders. Aber wie sollen wir das herauskriegen aus dir, will ja auch nichts hinein. (146)

Fast klischeeartig erscheint das Umfeld in dem sich Anderson bewegt: Desolate Familienverhältnisse, Schwierigkeiten in der Schule und unglücklich in ein Mädchen verliebt. Plötzlich ergibt sich für ihn die Gelegenheit, den anderen einmal richtig zu zeigen, wer man ist und das Mädchen das er liebt zu beeindrucken. Aber es kommt alles ganz anders.

Harald Gordon setzt sich in seinem Roman mit diesem unbestimmten Gefühl der Einsamkeit, der Sprachlosigkeit, Verwirrung und Leere auseinander, die nach Gewaltexzessen bei den Betroffenen und in der Öffentlichkeit zurück bleiben. Alle Versuche dem Schmerz zu entkommen, indem wir die Tat oder die Täter psychologisch durchleuchten und erklären oder den Tathergang minutiös zu rekonstruieren versuchen, scheitern, ja müssen scheitern, wenn wir uns diese exzessive Gewalt plötzlich selbst in den Mittelpunkt des Fragens zurück schleudert.

Oder glaubst du, du bist der Einzige, der über Leben und Tod bestimmt? Das können wir auch. Längst schon steht es in den Köpfen derer, die deine Geschichte kennen. Geschrieben und Gedruckt. / Und dann sag ich mir, wie macht er das, dass ich noch immer mehr über mich rede als über ihn, mich hinreißen lasse. (148)

Harald Gordons Roman Schussfeld ist ein atemloser Roman. Die stakkatoartigen Sätze dringen wie ein Maschinengewehr in den Kopf des Lesers und hinterlassen Orientierungslosigkeit. Was bleibt, ist die schmerzliche Erkenntnis, dass sich die Wirklichkeit des Grauens der Vernunft umso stärker entzieht, je weiter wir in sie vorzudringen versuchen.

Harald Gordon, Schussfeld. Ab 16 Jahren.
Innsbruck: Kyrene-Verlag 2009, 163 Seiten, 16,50 €, ISBN 978-3-900009-51-9

 

Weiterführende Links:
Wikipedia: Homepage Harald Gordon
Wikipedia: Schulmassaker von Littleton

 

Andreas Markt-Huter, 22-10-2009

Bibliographie

AutorIn

Harald Gordon

Buchtitel

Schussfeld

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Kyrene-Verlag

Seitenzahl

163

Preis in EUR

16,50

ISBN

978-3-900009-51-9

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Harald Gordon wurde in Leoben geboren und arbeitet als AHS-Lehrer in Knittelfeld. Seit 1990 veröffentlicht er Lyrik und Romane. Im Mittelpunkt seiner Werke stehen vor allem die Probleme der Jugend in der heutigen Zeit. Er lebt mit seiner Frau in Großlobming in der Obersteiermark.