Die Schulbibliothek und Öffentliche Bücherei in Mötz - Teil 1

Im Jänner 2009 ist die Öffentliche Bücherei Mötz neu eröffnet worden. Dabei hat sich einiges geändert: Es wurden nicht nur die Räumlichkeiten der Bücherei gewechselt, sondern die Öffentliche Bücherei und die Schulbibliothek in gemeinsamen Räumlichkeiten im Keller des Kindergartens Mötz untergebracht.

Neben gemeinsamen Räumlichkeiten haben die Öffentliche Bücherei und die Schulbiblithek in Mötz auch noch die Leitung gemeinsam: die Lehrerin und Pädagogin Eva Maria Egger. Bereits in den wenigen Monaten seit der Neueröffnung hat sich die Zusammenlegung beider Bibliotheken als großer Erfolg gezeigt.

Die Öffentliche Bücherei und Schulbibliothek in Mötz besitzt derzeit insgesamt 3620 Medien. Diese setzen sich wie folgt zusammen:

  • 2294 Kinder- und Jugendbücher
  • 695 Titel Belletristik
  • 631 Sachbücher
  • ca. 100 Spiele
  • 3 laufende Zeitschriften

Für die Zukunft soll das Angebot noch um Hörbucher erweitert werden.


Seit Jänner 2009 leitet Bibliotheksleiterin Eva Maria Egger (Bild vorne rechts) und ihr  Team die Geschicke der neuen Bücherei in Mötz. Alberta Krabacher-Kuprian (Bild hinten links) ist für den Bereich der Erwachsenen-Literatur zuständig. Foto: Markt-Huter

 

Lesen in Tirol hat die Bibliotheksleiterin Eva Maria Egger und Büchereimitarbeiterin Mag. Alberta Krabacher-Kuprian, die beruflich als Mitarbeiterin der Studienbibliothek der Pädagogischen Hochschule in Innsbruck tätig ist, in der Schulbibliothek und Öffentliche Bücherei in Mötz besucht und sie über Neustart der Bücherei befragt.

 

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Lesen in Tirol: Im Jänner 2009 wurde die Öffentliche Bibliothek Mötz mit der Schulbücherei in Mötz zusammengelegt. Welche Gründe waren ausschlaggebend für die Übersiedlung der Bücherei?

Eva Maria Egger: Ursprünglich war die Öffentliche Bücherei Mötz in einem Gebäude untergebracht, das sich zuletzt als nicht mehr verwendbar erwiesen hat. Angefangen vom schwer zugänglichen Eingang bis hin zu den Räumlichkeiten der Bibliothek waren sowohl die Arbeit als auch der Besuch in der Bücherei niemandem mehr zumutbar. Daher haben wir uns auf die Suche nach einem neuen Quartier gemacht. Zufälliger Weise war auch die Schulbibliothek im Aufbau begriffen und noch sehr provisorisch eingerichtet. Es hat sich infolge dessen die Möglichkeit eröffnet, beide Büchereien in denselben Räumlichkeiten unterzubringen und neu einzurichten.

Alberta Krabacher-Kuprian: Die Träger der Öffentlichen Bücherei in Mötz waren von je her Gemeinde und Pfarre Mötz gemeinsam, wobei die Pfarre die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hatte. Die Räumlichkeiten der ehemaligen Öffentlichen Bücherei waren zwar zentral gelegenen, hatten aber eine sehr steile Stiege, auch das Mobiliar war bereits uralt und die Reinigung der Räume musste als sehr nachlässig bezeichnet werden.


Alberta Krabacher-Kuprian (Bild links): Wir haben uns die Frage gestellt, ob es nicht sinnvoller ist, wenn es nur eine Bibliothek gibt. Eva Maria Egger (Bild rechts) Zufälliger Weise hat sich Möglichkeit eröffnet, beide Büchereien in denselben Räumlichkeiten unterzubringen. Foto: Markt-Huter

 

Nachdem auch die Schulbibliothek neu eingerichtet werden sollte, hat sich für die Mitarbeiterinnen der Öffentlichen Bücherei die Frage gestellt: Ist es nicht sinnvoller, wenn es nur eine Bibliothek gibt, wenn sich die Öffentliche Bibliothek und die Schulbibliothek keine Konkurrenz machen? Wir haben darauf hin den beiden Trägern den Vorschlag unterbreitet, die Büchereien zusammenzulegen. Gleichzeit damit wurde die Gemeinde aufgefordert, neue Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Damit war auch die Hoffnung verbunden, das Verantwortungsbewusstsein der Gemeinde für das Büchereiwesen zu stärken.

Unser ursprüngliches Anliegen, im neu geplanten Gemeindeamt im Dorfzentrum Räumlichkeiten für die Bücherei zu bekommen, ist von Seiten der Gemeinde auf taube Ohren gestoßen. Und so befindet sich unsere Bücherei nun im Keller des Kindergartens, gleich neben der Volksschule, womit wir nun aber durchaus zufrieden sind.

Lesen in Tirol: Hat sich das Interesse der Gemeinde am Büchereiwesen durch die neue Bibliothek verstärkt?

Eva Maria Egger: Ich würde sagen, dass das Interesse der Gemeinde an der Bücherei zwar nach wie vor nicht übermäßig groß ist, dass es sich aber doch ein wenig gebessert hat, seit der Bürgermeister und der Gemeinderat bei der Neueinrichtung der Bücherei involviert worden sind. Wir haben gemeinsam andere Büchereien besucht und angeschaut. Besonders wichtig war seitens der Gemeinde natürlich, wie die budgetären Angelegenheiten von öffentlichen Büchereien in anderen Gemeinden gehandhabt werden. Dabei dürfte wahrscheinlich doch das Verständnis und das Interesse für das Büchereiwesen ein wenig gewachsen sein.

Alberta Krabacher-Kuprian: Der Umschwung für einen Neustart der Öffentlichen Bücherei in Mötz erfolgte, als das alte Büchereiteam die Entscheidung getroffen hatte, die Bücherei in den alten Räumlichkeiten zu schließen. Wir haben uns entschlossen, einen offenen Brief an alle für die Öffentliche Bücherei zuständigen Stellen zu schreiben, in dem wir erklärten, dass die räumlichen Zustände in der Bücherei untragbar geworden seien. Diesen Brief haben wir an das Land Tirol, die Diözese Innsbruck, den Büchereiverband Österreichs sowie an die Gemeinde und die Pfarre in Mötz geschickt. Diese Vorgehensweise hat die beiden Träger, Gemeinde und Pfarre, natürlich sehr unter Zugzwang gesetzt.


Wenn es um die Bücherei geht heißt es zwar immer: Kinder sollen lesen! Das Verständnis dafür, dass eine Bücherei wirklich notwendig ist, dürfte aber eher gering sein! Foto: Markt-Huter

 

Eva Maria Egger: Vor allem deshalb, weil von Seiten des Landes nachgefragt worden war, weshalb es in Mötz keine Bücherei mehr gebe. So sahen sich beide gezwungen zu handeln. Eine Gemeinde hat schließlich auch einen Bildungsauftrag.

Alberta Krabacher-Kuprian: Ich denke, dass es für eine Gemeinde nun doch schwer gewesen wäre zu sagen: Nein, bei uns muss es keine Öffentliche Bücherei geben. Bücher, Lesen und Bildung sind uns unwichtig!

Lesen in Tirol: Wie würden Sie den Stellenwert der Öffentlichen Bücherei in der Gemeinde auch im Vergleich mit anderen Vereinen beurteilen?

Eva Maria Egger: Ingesamt muss gesagt werden, dass in unserer Gemeinde, wie auch in vielen anderen kleinen Tiroler Gemeinden, das Verständnis für Bildung und Kultur als recht bescheiden zu bezeichnen ist. Wir können uns derzeit aber auf einen gewissen Rückhalt in der Gemeinde stützen, obwohl die Überzeugung, dass eine Bücherei wirklich notwendig ist, eher gering sein dürfte.

Alberta Krabacher-Kuprian: Wenn es um die Bücherei geht, heißt es zwar immer: Kinder sollen lesen! aber dass eine Bücherei auch für Erwachsene ein kultureller Anziehungspunkt sein könnte, wird in unserer Gemeinde nur von ganz wenigen wahrgenommen. Vielleicht halten es unsere Gemeinderäte nicht für notwendig, sich für so eine kleine Gruppe wie die Leser besonders einzusetzen. In Bezug auf die Kinder lässt sich so ein Standpunkt natürlich viel schwerer aufrechterhalten.

Eva Maria Egger: Dazu möchte ich aus der Sicht der Schulbibliothekarin noch etwas anfügen. Selbst wenn es um die Aufgaben der Bücherei für Kinder geht, ist es oft Schwerarbeit bei den Trägern für ein gewisses Verständnis zu werben. Viele sehen einfach nicht, dass eine Bücherei mehr bedeutet, als nur Bücher aus einem Regal zu nehmen und wieder zurück zu stellen.


In kleinen Gemeinden ist der Stellenwert von Öffentlichen Büchereien oft gering. Es ist mühsam zu zeigen, dass nicht nur Bücher verliehen werden, sondern auch Leseförderung für die Kinder stattfindet. Foto: Markt-Huter

Im Grunde dominiert im Zusammenhang mit einer Bücherei immer noch die alte Vorstellung: Buchbestände müssen nicht erneuert und aktualisiert werden, weil ja doch immer neue Kinder nachkommen und für die sind schließlich auch alte Bücher neu. Es ist sehr mühsam zu zeigen, dass bei uns nicht nur Bücher verliehen werden, sondern dass auch wichtige Arbeit für Kinder geleistet wird, dass Leseförderung stattfindet.

Lesen in Tirol: Wie stellt sich für Sie das Bild der Öffentlichen Büchereien in Tirol aus ihrer Sicht dar? Welche politische und öffentliche Bedeutung wird den Öffentlichen Bibliotheken beigemessen? Wo liegen die Stärken und Schwächen?

Eva Maria Egger: In großen finanzkräftigen Gemeinden haben Öffentliche Bibliotheken sicherlich einen höheren Stellenwert als in kleinen Gemeinden. Bei den großen denke ich z.B. an die Stadtbüchereien in Innsbruck oder in Schwaz. In kleinen Gemeinden wie Mötz ist der Stellenwert doch viel geringer. Hier beschränkt sich das Interesse meist auf die wenigen interessierte MitarbeiterInnen und Benutzerinnen und Nutzer der Bücherei.

Alberta Krabacher-Kuprian: Ich glaube auch, dass der Stellenwert von Büchereien in kleinen Gemeinden eher verschwindend ist. Büchereien werden hier vor allem als Buchausleihstelle betrachtet, die im Grunde nur von sehr wenigen benötigt wird. Dass den Büchereien darüber hinaus noch eine gesellschaftliche und kommunikative Bedeutung als sozialer Treffpunkt zukommen könnte, wird im Grunde nicht gesehen. Hier misst man beispielsweise dem Musikverein, dem Schützenwesen, der Feuerwehr u.a. einen viel höheren Stellenwert bei. Diese Einschätzung schlägt sich natürlich in der finanziellen Förderung durch die Gemeinde nieder.

Lesen in Tirol: Woher nimmt man als Bibliothekarin bei solchen Rahmenbedingungen die Motivation für die ehrenamtliche Tätigkeit in der Bücherei?


Lesen gehört ganz selbstverständlich zum Leben. In einer Gemeinde müssen Bücher und Medien für alle und besonders für Kinder frei zugänglich sein. Foto: Markt-Huter

 

Eva Maria Egger: Ich komme frisch aus der Ausbildung als Bibliothekarin und bin von daher noch sehr motiviert. Ich arbeite als Schulbibliothekarin sehr viel mit Kindern, was sich natürlich bei meiner Arbeit als öffentliche Bibliothekarin oft überschneidet. Die Schülerinnen und Schüler kommen dann auch nach der Schule oder am Nachmittag in ihrer Freizeit in die Bücherei. Ich hoffe aber darauf, dass es über die Kinder gelingt, auch erwachsenen Lesern den Weg in die Bücherei zu eröffnen.

Alberta Krabacher-Kuprian: Wir haben derzeit ein neues Büchereiteam und sind uns selbst, als Team zunächst auch einmal wichtig. Wir treffen uns regelmäßig und motivieren uns gegenseitig, was sich bei allen in einem großen Engagement niederschlägt. Es gab auch schon Zeiten, wo es schwer war, sich für die Büchereiarbeit zu motivieren. Das ist nach langjährigen erfolglosen Kämpfen um mehr Stellenwert in der Gemeinde natürlich nicht verwunderlich.

Ich selbst bin hauptberuflich Bibliothekarin und habe von klein auf mit Lesen und mit Büchern zu tun gehabt. Dadurch hat sich die Bedeutung meiner Tätigkeit als Bibliothekarin für die Gemeinde gar nie in Frage gestellt. Für mich gehört Lesen ganz selbstverständlich zum Leben dazu und es gibt keinen Zweifel, dass in einer Gemeinde Bücher und Medien in einer Öffentlichen Bücherei für alle und besonders für Kinder frei zugänglich sein müssen.

Lesen in Tirol: Was sind die Vorteile, die sich aus der Zusammenlegung der Öffentlichen Bücherei mit der Schulbibliothek ergeben haben?

Eva Maria Egger: Ehrlich gesagt, profitieren beide Büchereien sehr stark von der Zusammenlegung. Wir haben jetzt mehr Medien, wir haben mehr Bücher und wir können die Software gemeinsam benützen. Wir ersparen uns damit sehr viel an Geld, was wir sinnvoller für den Einkauf neuer Medien nutzen können.


In der Volksschule in Mötz besucht jeden Montag eine Klasse die Schulbibliothek. Mit den Schülerinnen und Schülern wird in dieser Zeit ein spezielles lesepädagogisches Programm durchgeführt. Foto: Markt-Huter

 

In unserer Schulbibliothek läuft die Arbeit derzeit ausgezeichnet, vor allem auch weil unsere Schulleiterin sehr daran interessiert ist, dass die SchülerInnen die Bücherei auch im Unterricht regelmäßig besuchen. Außerdem hat sie zugesagt, sich für ein fixes Budget für die Schulbibliothek zu engagieren. Für die Kinder gehört die Bücherei bereits so selbstverständlich zum Schulalltag, dass sie auch in ihrer Freizeit die Bücherei besuchen. So unterstützen sich Schulbücherei und Öffentliche Bücherei gegenseitig.

Zur Zeit der alten Bücherei, als es noch keine Schulbibliothek gegeben hat, sind die Schulklassen zweimal im Jahr eingeladen worden, die Bücherei zu besuchen, wobei dann alle Kinder einen Büchereiausweis erhalten haben. Meist ist dann der Besuch von Kindern einen Monat lang angestiegen, um dann wieder kontinuierlich zurück zu gehen.

Seit der Zusammenlegung der Öffentlichen Bücherei mit der Schulbücherei bleibt das Interesse der Kinder an der Bücherei gleich bleibend hoch. Die Kinder werden durch die Nähe zur Schule an einen Besuch erinnert, außerdem werden häufig Bücher in Klassenstärke aus unserer Bücherei für den Unterricht entliehen.

Ein weiterer Nebeneffekt der Verbindung ist, dass Kinder ihre Eltern mitbringen oder dass Kinder Bücher für ihre Eltern ausleihen. Immer wieder kommen auch Eltern, die ihre Kinder von der Schule abholen, zu uns in die Bücherei, schauen sich unseren Medienbestand an und lassen sich als BenutzerInnen einschreiben.

Lesen in Tirol: Hat sich die Zusammenarbeit der Bücherei mit der Schule verstärkt?

Eva Maria Egger: Dadurch dass ich beide Büchereien leite, weiß ich was Sache ist, sodass die Absprachen zwischen verschiedenen Büchereileitungen entfallen. Vor der Eröffnung der öffentlichen Bücherei gab es eine Sitzung mit der Direktorin der Volksschule Mötz, in der praktische Dinge abgesprochen worden sind, wie z.B.: wer darf kopieren, für wen steht das Laminiergerät zur Verfügung, oder wer erhält einen Schlüssel für die Bücherei. Die Direktorin hat sich dabei der Bücherei gegenüber als ganz besonders wohlwollend erwiesen.

 
Durch den regelmäßigen Besuch der Bücherei im Unterricht gehört die Bücherei wie selbstverständlich zum Schulalltag. Viele Kinder besuchen die Bücherei auch noch nach dem Unterricht oder am Nachmittag. Foto: Markt-Huter

 

Es gibt derzeit einen festen Besuchplan von Klassen in der Bücherei. Alle vier Wochen kommt am Montag eine der vier Volksschulklassen zur so genannten Montagsbüchereistunde. Damit besucht jede Klasse zehnmal im Jahr unsere Bücherei. An diesem Tag führe ich immer ein spezielles lesepädagogisches Programm mit den Schülerinnen und Schülern durch.

Diese Montagsbüchereistunden werden von den Klassenlehrern unterschiedlich geschätzt. Die meisten empfinden sie als Bereicherung für ihren Unterricht, manche sehen sie mehr als verlorene Stunde, bei der sie notgedrungen mitmachen müssen. Letzen Endes dürfte es aber doch allen passen, zumindest kommen alle Lehrerinnen in die Bücherei, um für den Unterricht Bücher in Klassenstärke auszuleihen.

 

>> Die Schulbibliothek und Öffentliche Bücherei in Mötz - Teil 2

 

Weiterführende Links:

 

Andreas Markt-Huter, 27-03-2009