Jörg Fauser, Alles wird gut
Auf dem Weg zum Klassiker muss ein verstorbener Dichter ein, zwei Editionen des Gesamtwerks auf die Beine bringen.
Jörg Fauser hat ideale Voraussetzungen zu einem Klassiker, allein sein Tod, für den er sich pünktlich zum 43. Geburtstag auf der Autobahn überfahren lässt, lässt Germanisten vor Schicksalslust quiecken. Und auch sonst ist die Biographie prall voll von Begriffen wie Studienabbrecher, Flughafenarbeiter, Nachtwächter, Aushilfsangestellter, Nadel, Drogen, Istanbul.
Die zeitgenössischen Leser von Rohstoff, Alles wird gut, Tophane, Die Harry Gelb Story und Aqualunge lesen heute immer noch diese archaischen Werke saftvoller Wortrammstöße und bleiben jung, und die jungen Leser schütteln den Kopf, wie klar und logisch man eigentlich dichten könnte, wenn nicht die Germanisten alles versauen würden.
In der Neuausgabe „Alles wird gut“ wird der Titelroman auf eine Erzählung herunter gebeamt und mit unveröffentlichten Semireportagen chronologisch zum ersten Band der Erzählungen verschmolzen. Diese Vorgangsweise bei der Neuausgabe ist eine Würdigung der Schreibmethode, knapp an der Grenze zwischen Krimi und straffen Journalismus erzählt sich nämlich das Hauptwerk Jörg Fausers entlang. Eine schwere Nacht lang sausen im Außenseitermilieu Münchens die Sätze der Protagonisten aufeinander, es gibt so viele bereitwillige Frauen, dass die Männer den ihren nicht mehr in die Höhe bekommen.
Der Held Jonny Tristano driftet mit dem literarischen Augenmaß von Bukowski oder Keruac durch die Szenerie und lässt die Worte aufwummern, indem die Sätze noch während sie gesprochen werden in die Schatulle des Zitats schlüpfen. So reden die Randgruppen eigenartig gepflegt, der Sound einer vergangenen Zeit und die Mythenschalen der 68-er Generation tun ein Übriges, um „Alles wird gut“ heute wie einen Sagentrip durch die Großstadtmoderne zu empfinden, leicht näselnd erzählt wie eine Sagen-CD von Köhlmeier.
Freilich hört man ein bisschen das Rumpeln alter Nadeln, wenn sie über die Rillen der damaligen Zeit surren, aber es ist das Flunkern von grobkörnigem Film, das den Erzählduktus begleitet.
Jörg Fauser ist nach wie vor ein wilder, schmatzender Erzähler, der schon mal einen Trenzer zwischen die Wörter setzt, wenn es dann genauer wird.
Jörg Fauser, Alles wird gut. Gesammelte Erzählungen. Mit einem Vorwort von Helmut Krausser und einem Nachwort von Jürgen Ploog.
Berlin: Alexander Verlag 2005, 437 Seiten, EUR 19,90. ISBN 978-3-89581-119-7
Weiterführende Links:
Alexander-Verlag: Jörg Fauser, Alles wird gut
Wikipedia: Jörg Fauser
Helmuth Schönauer, 20-02-2006