Buch-CoverWenn Bozen 2019 Kulturhauptstadt werden sollte, was erzählen wir dann Europa? - Wieder einmal ist es der Kulturphilosoph Armin Gatterer, der eine Frage der Zukunft mit Literatur in Verbindung bringt, üblicherweise rennt die Literatur ja bereits abgehangenen Geschichten und Stimmungen nach.

In der Antwort auf seine Frage stellt Armin Gatterer den Begriff der Narrativität, die Kunst des Erzählens in den Mittelpunkt. Vielleicht sind gerade die ziemlich wortverkümmerten, grobschlächtig in drei Sprachschalen zum Dünsten ausgebreiteten Südtiroler die idealen Erzähler. Denn Themen gibt es seit Jahrhunderten genug: Transit, Handel, Geschäfte, Kulturfluss, in die Heimat kommen und von ihr gehen.

Buch-CoverLangsamer! – Die Tante im Hintergrund kann noch so rufen, das Kind wird es dennoch auf die Schnauze hauen.

Irgendwie erinnert dieses literarische „Langsamer!“ an eine germanistisch-slavistische Tante, welche diesen betulichen Befehl jenen zuruft, die ohnehin schon langsam sind, nämlich den Lesern von heruntergefahrenen Texten von Verzögerungsautoren.

Buch-CoverEin Gedichtband wie geschaffen für das Internet. Da wechselt das lyrische Ich wie ein Surfer in den Wellen des Internets von einem Thema und von einem Ort zum nächsten, um schließlich ganz unverhofft mit neuer Maske wieder zurück zu kehren. Da heißt es anschnallen und festhalten.

Allen LeserInnen die es genau wissen wollen erhalten in einem Notglossar eine ultimative Verständnishilfe für die wichtigsten lyrischen Begriffe: ?Afterschock, das Nachbeben das naturgemäß mehr Entsetzen auslöst als das Erstbeben, zwar ist der Innovationswert geringer, dafür aber der Schock umso größer.? oder ?Lyrisches Ich: Entsteht bei der germanistischen Spaltung eines Schizoids, flüchtet oft in ein Gedicht und benimmt sich darin unberechenbar.?

Buch-Cover„Kurze Schnitte“ sind eher eine Erzählmethode als ein Buchtitel, man denkt sofort an Robert Altmanns „short cuts“, welche in der Filmkultur für Aufsehen sorgen, oder aber an die letzten Erzählungen Raymond Carvers, die 2002 auf deutsch ebenfalls mit dem Titel „Kurze Schnitte“ erschienen sind.

C. H. Huber hat in ihren 29 Anschnitten durchaus die ursprüngliche Bedeutung von „sort cut“ im Auge, nämlich ein Ziel ohne Umwege stracks zu erreichen. So mündet ein unauffälliger Liebesschub, der als zärtliche Hand im Schneckentempo auf die Protagonistin zu kriecht, mit einem lustpragmatischen Sturz auf die Couch.

pokos_skitourenbuch.jpgDramatisch schön ist aber auch das Vokabular, das Tourengehern zur Verfügung steht, wenn auf einen gelungenen Aufstieg ein geglückter Abschwung erfolgt ist.

In diesem Skitouren Handbuch geht es auch um das Ansinnen, mit der passenden Sprache jene gigantischen Selbstabenteur in den Mundgriff zu kriegen, mit der man am Montag von der Tour des Wochenendes erzählt und schon wieder die nächste plant.

Buch-CoverWie immer bei „ide“-Heften ist auch dieses Themenheft zum 200sten Geburtstag Adalbert Stifters in der Lage, den Deutschunterricht der aktuellen Saison zu verschönern und von der Interessenslage des Stoffes her upzudaten.

Darüber hinaus hat dieses Stifter-Heft auch die freche Eigenschaft, mehrere Generationen des Jahres 2005 in ihrer Stifter-Befindlichkeit zu beschreiben. Was wird vom Stifter-Jahr bleiben, wenn es aus ist?, heißt es süffisant in der Einbegleitung. Nach Ablauf des Stifter-Jahres kann man sagen: eine Menge!

stecher_fern.jpgDie ferne Geliebte, ferngesprochen, Fernziel, im fernen Chile, das nahe Ende ? diese Begriffskonstellationen ziehen quasi automatisch einen Aphorismus nach sich. Ein guter Aphorismus nämlich deutet auf etwas hin, ohne es direkt auszusprechen. So gesehen sind Nähe und Ferne, Annäherung und Entfernung die besten Anlasswörter für einen Aphorismus.

Was scheinbar lapidar klingt, ist beim zweiten Hinlesen gar nicht so blöd, scheinbar fixe Erkenntnisse flüchten in schlichte Behauptungen und so rutschen allmählich ganze philosophische Hanglagen ab.

Buch-CoverKalendergeschichten sind verlässlich, weil sie in prägnanter Form wieder kommen wie die Jahreszeiten, und sie sind aufregend wie die Monate, in denen sie geschehen.

Otto Licha hat quer über das ganze Jahr Geschichten ausfindig gemacht, in welchen sogenannte Zuagroaste einen Durchbruch oder Niederschlag in der neuen Umgebung erleben.

streng_wilde.jpgSchön eingefärbt in den Saisonfarben ist in Tirol tatsächlich ständig etwas los. Dabei gehen fast alle Bräuche auf das Treiben der Kirche im Jahreskreis zurück, die gottlosen heidnischen Sachen sind von der Kirche bravourös ausgerottet worden, und den Rest hat der Josephinismus besorgt.

Dennoch sind urigste Inszenierungen übrig geblieben und werden teils zur höheren Ehre Gottes, teils für den Tourismus und manchmal auch aus purer Gaudi aufgeführt. Blochziehen, Scheibenschlagen, Grasausläuten, Aperschnalzen, Landesprozession und Almabtrieb - die Bräuche sind immer gleich organisiert. Zu einem fixen Datum dürfen manche etwas vorführen, andere müssen zuschauen.

schaber_im_stein.jpgZu Beginn steht so etwas wie die Schöpfungsgeschichte der Alpen, sie sind tatsächlich steinalt und Zeit spielt bei ihnen keine Rolle. "Dein Jahrhundert ist meine Sekunde" (11) heißt es ehrfurchtsvoll bei Cees Nooteboom, der vor einer Felswand in die Knie geht.

Gletscher und Erdpyramiden haben gemeinsam, dass sie zwar wie ewig ausschauen, in Wirklichkeit aber höchst fragile und komplexe Gebilde sind. Für die Schicht von einem Zentimeter Eis braucht es übrigens 80 cm Neuschnee.