Lukas Meschik, Anleitung zum Fest

Buch-CoverKann man von einem knapp zwanzig jährigen Autor als Leser etwas Aufregendes fürs Leben lernen? - Und wie, wenn der Autor frech und ungezwungen das Leben ausleuchtet!

Lukas Meschik erzählt von Standard-Situationen in einer Szenerie jugendlicher Außenseiter. Die Gesellschaft hat diese Helden entweder noch nicht entdeckt oder bereits vorsorglich ausgespuckt. So spielen vor allem die magischen Orte der Subkultur eine große Rolle, während die offizielle Stadt oft nur als Abtritt für unendlich langes Herum-Streifen fungiert.

Die neun Episoden haben so seltsame Titel wie "ein ortloser Ort", "Tage der Trägheit", "Die Neuordnung der Synapsen" oder "Was uns an Amputation denken lässt".

Die so genannte Gattungsbezeichnung dieser Texte gibt auch eine prägnante Beschlagwortung des erzählerischen Unterfangens ab: Ein Glück, Acht Gegensätze, Die Wahrheit, Eine Dorfmär, Massentaugliche Entspannungsübung.

Schon in der Eingangsgeschichte löst sich eine Nacht quasi unter den Füßen des Helden auf, stundenlang durchstreift der Held die skurrilen Außenseiter-Posten eines im Dunklen abgetauchten Gemeinwesens, durch völlig irreale Spots zwischendurch grell zum Aufzucken gebracht. Und dann hat jede Nacht so eine berüchtigte Sterbestunde, in der alle Schwachen und Moribunden jeweils das Zeitliche segnen.

Tage der Trägheit verbringt ein Liebespaar, wobei nicht klar ist, ob es sich um ein hetero- oder homoerotisches Verhältnis handelt, weil das erzählende Ich geschlechtslos gegenüber Joe aufgestellt ist.

Ich glaube, er mag mich. Jedenfalls sagt er es manchmal. Er kitzelt mich, weil wir frieren. Das Fenster steht offen, dass es offener nicht geht. (39)

Joe sagt, die Liebe ist ein Spiel, in dem man verliert und verlorengeht. (42)

Die Tage vergehen träge, während die Uni ihr Programm abspult, aber die beiden gehen nicht hin.

Das perfekte Ende der Erzählungen spiegelt sich in der Anleitung zum Fest wieder. Ein paar frustrierte Alltags-Benützer machen sich bei Sonnenuntergang fein, um etwas zu erleben. Die Figuren putzen sich heraus, Paare necken sich auf die ungeduldige Art, wie langgediente Paare eben ungeduldig sind, Professoren spielen ihre Marotten aus, die Benutzung der Prostituierten erfolgt auf eigene Gefahr. Das Fest ist vielleicht nichts anderes als das Abspulen einer unbekannten Spielregel. Auch diese Nacht kann wieder ihre Opfer fordern, es schließt sich der Kreis.

[...] also wird man eines Tages im Bett liegen bleiben oder am frisch beregneten Gürtel, der berühmten Vielspurstraße Wiens, dem Angstgegner der Autofahrer, in einen Krankenwagen laufen, der natürlichste alles natürlichen Tode, das Blaulicht schwillt an, der Körper durch die Nacht geschleudert, die Seele von der Kühlerhaube tropfend, man stelle sich vor, dass es schnell geht, man ist dann weg. (238)

Lukas Meschiks Erzählungen sind ein heftiger Auslauf der Seelen durch eine wörterverstellte Stadtlandschaft, die Ecken und Kanten der aufgestellten Barrieren brennen auf der Haut der Erfahrung fürchterlich, wenn die Figuren durch die Hindernisse einfach durchgerannt sind.

Lukas Meschik, Anleitung zum Fest. Erzählungen.
Wien: Luftschacht 2010. 238 Seiten. EUR 19,50. ISBN 978-3-902373-53-3.

 

Helmuth Schönauer, 24-11-2010

Bibliographie

AutorIn

Lukas Meschik

Buchtitel

Anleitung zum Fest

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Luftschacht

Seitenzahl

238

Preis in EUR

19,50

ISBN

978-3-902373-53-3

Kurzbiographie AutorIn

Lukas Meschik, geb. 1988 in Wien, lebt in Wien.

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