Robert Prosser, Feuerwerk

Buch-Cover

Ein Feuerwerk zu beschreiben, ist beinahe unmöglich, denn es ist größer als das Blickfeld des Auges und verzischt schneller, als der Betrachter mit seiner Beobachtung nachkommen kann.

Bei Robert Prossers Feuerwerk geht es ähnlich zu. In einer unbeschreiblichen Dichte und Gleichzeitigkeit passieren Dinge, die sich nicht an die Beschreibbarkeit halten. In einem scheinbar halb verwitterten Komposthaufen der Erinnerung toben sich allerhand semantische Lebewesen aus, die den Text ordentlich in Wallung bringen.

Was man so auf den ersten Blick ausmachen kann, handelt es sich bei dem Text um zehn Kapitel, die wie im Countdown-Verfahren von zehn abwärts gezählt werden, bis bei null die Zündung der Gegenwart eintritt.

[...] aber kein Mensch, bloß: zwei Stimmen, die in Städten, über gerodetem Wald kurz auflichtern und eine davon fragt: Wie fängt es an? Ich glaub, ich war. (171)

Bis zu diesem Ende, an dem sich offensichtlich alles auflöst, treiben Erinnerungsströme an Reisen in verschiedene Kontinente und deren Städte auf einander zu und driften an einander ab. Halbwegs konkret wird es in einem heißen Stadtteil in Venezuelas Hauptstadt, einmal versammeln sich Erlebnisse am Tiananmen-Platz in Peking, und auch ein im Tracking-Fieber dahin loderndes Relax-Feuer in Nepal lässt sich noch ausmachen. Dann wiederum gehen Zuneigungsschübe zweier Personen, die Lust nach heftiger Liebe und der unkontrollierte Input von Landschaftssegmenten in langen Absätzen in einander über.

Den letzten Kuss gibst du nicht mir, sondern der Leere, dem Eis meinetwegen davor noch ein Streifen Horizont eingeschoben, unterzüngelnd ins Speichelnass gelegt kitzelt es den Mundraum und zwingt fast zu sprechen, zu lieben Hauptsache oral das Gestein zu erfahren... (53)

In die einzelnen Kapitel sind Schlagwörter eingearbeitet, die einerseits Reflexe auslösen, andererseits das soeben als Text ausgebrochene Material unter einem ersten Ordnungsbegriff versammeln. Shockbuster, Lichtfang. Hochspannung, Schwebegefahr, Knochenbrecher, Pornograffiti, Hexenschuss, Papageienschreie, Amalgam. Diese Begriffe erklären fürs erste das Erzählverfahren, nach dem die einzelnen Textpartituren komponiert sind, etwa straff wie ein Graffiti oder kreischend wie Papageien im Dschungel.

Robert Prosser verlangt vom Leser nichts anderes als die Aufgabe der gängigen Lesegewohnheiten. Sein Thema ist ja vielleicht das versteckte Erzählen unter erschwerten Bedingungen. Viele Konstellationen sind aufgebaut wie ein Laborversuch, überall dampft und brodelt es, ständig könnte etwas in die Luft gehen. Allmählich jedoch kriegt man als Leser diesen Text unter Kontrolle, das Feuerwerk kann kontrolliert abgebrannt werden.

Robert Prosser, Feuerwerk. Prosa
Wien: Klever 2011, 170 Seiten, 17,90 €, ISBN 978-3-902665-29-4

 

Helmuth Schönauer, 18-04-2011

Bibliographie

AutorIn

Robert Prosser

Buchtitel

Feuerwerk

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Klever

Seitenzahl

170

Preis in EUR

17,90

ISBN

978-3-902665-29-4

Kurzbiographie AutorIn

Robert Prosser, geb. 1983 im Tiroler Alpenmassiv, lebt in Wien.

Themenbereiche