Carolin Philipps, Made in Vietnam
In einer Geschichte, die unter die Haut geht, erzählt Carolin Philipps von der Ausbeutung von vietnamesischen Arbeitern, von Jugendarbeit, von den unsäglichen Arbeitsbedingung in den Fabriken, von erdrückender Not in den Familien - und von den Markenturnschuhen, die wir so gerne, gedankenlos, an den Füßen tragen.
Lan ist 14 Jahre alt und arbeitet schon seit einiger Zeit in einer Fabrik, in der Turnschuhe hergestellt werden. Die Umstände, unter denen die Menschen dort arbeiten müssen, sind katastrophal. Es gibt keine Pausen, einen freien Tag nur alle paar Wochen (wenn überhaupt), unbezahlte Überstunden. Die Hitze ist schier unerträglich und vom beißenden Gestand des Klebstoffes bekommt Lan in den ersten Wochen, in denen sie in der Fabrik arbeitet, fürchterliche Kopfschmerzen.
Dagegen wird es sicher Proteste geben? Weit gefehlt. Wer aufmuckt, wird umgehend ersetzt, denn vor dem Tor warten bereits "frische' Arbeiter auf ihre Chance. Das Arbeitspensum, das den jungen, oft minderjährigen Arbeitern aufgebürdet wird, ist kaum zu bewältigen. Besonders erschreckend ist eine Strafmaßnahme, die die unerbittlichen Aufseherinnen anwenden, wenn ein Arbeiter auf Grund des ständigen Schlafentzuges einnickt: Der Ertappte wird auf einen Stuhl gestellt und Streichhölzer werden demjenigen in die Augen gespießt, sodass ein Schließen der Augen nicht mehr möglichen ist.
Diese Höllenqualen müssen oft stundenlang ausgehalten werden. Lans sehr geringer Lohn sichert das Überleben der Familie auf dem Land, obwohl sie gerne zur Schule gehen würde, doch die Umstände lassen dies nichts zu. Wenig später ist die Familie sogar gezwungen, auch ihre noch jüngere Tochter zum Arbeiten zu schicken - ein Schicksal, das sie mit unzähligen Altersgenossen in Vietnam teilt.
Per Zufall kommt Lan mit der Familie des unerbittlichen Firmenbesitzers in Kontakt. Der Großvater, der mit seiner eigenen Sippe nichts mehr zu tun haben möchte, da alle nur mehr dem Geld hinterher jagen und sorglos den Luxus genießen, holt die geschickte Lan immer wieder aus der Fabrik, damit sie ihm bei der Schlangenzucht hilft.
Die Geschichte erreicht ihren Höhepunkt, als Kontrolleure die Firma besuchen wollen, um dieser ein immens wichtiges Gütesiegel zu verleihen, das faire Arbeitsbedingungen garantiert. Die Arbeiter müssen um jeden Preis diese Gelegenheit ergreifen, um auf ihr Leid und die Ausbeutung aufmerksam zu machen, was - mit Lans Hilfe - im letzten Moment gelingt... Immer wieder bekommt der Leser auch Einblicke in die Geschichte Vietnams, Lans Großvater erzählt sehr lebendig vom Vietnamkrieg, von den Widerstandskämpfern und den Tunnelsystemen, in denen sich die Kämpfer versteckt haben.
Made in Vietnam ist sehr klar und verständlich geschrieben, die Geschichte ist packend und wie maßgeschneidert für jugendliche Leser. Woran wir alle mit unserem gedankenlosen Konsum beteiligt sind, wird hervorragend herausgearbeitet und regt zum intensiven Nachdenken an - vielleicht eine Perspektive, die so mancher Teenager bis dato nicht kannte, wenn es um Markenkleidung ging. Dieses Buch regt sicherlich zur intensiven Beschäftigung im Unterricht an, denn die Frage: "Was können wir dagegen tun?' wird wohl jedem auf der Seele brennen, der dieses Buch gelesen hat.
Carolin Philipps, Made in Vietnam. S/W Abbildungen, ab 14 Jahren
Wien: Ueberreuter-Verlag 2009 ,140 Seiten, 9,95, EUR, ISBN: 978-3-8000-5421-3
Weiterführende Links:
Ueberreuter-Verlag: Carolin Philipps, Made in Vietnam
Homepage: Carolin Philipps