Literaturnobelpreis 2011 geht an Tomas Tranströmer

Den Literaturnobelpreis behalten sich die Schweden dieses Jahr im eigenen Land. Der 80-jährige schwedische Lyriker Tomas Tranströmer erhält in diesem Jahr die begehrte Auszeichnung mit der Begründung: weil er uns mit seinen verdichteten, transparenten Bildern einen frischen Zugang zur Realität gibt.

Nicht vielen ist der schwedische Poet Tomas Tranströmer wirklich ein Begriff, auch wenn zahlreiche seiner Lyrikbände in deutschen Übersetzungen erschienen sind, wie z.B. die Gedichtsammlungen Der wilde Marktplatz (1983/dt.1985), Für Lebende und Tote (1989/dt. 1993) oder Das große Rätsel (2004/dt. 2005).

Tranströmer stammt aus einer bürgerlichen Familie. Nach der Scheidung seiner Eltern lebte er bei seiner Mutter, die Lehrerin war. Er studierte Psychologie und arbeitet u.a. als Betriebspsychologe in einer Jugendstrafanstalt. 1965 zieht der mittlerweile verheiratete Lyriker in die Stadt Västeras, die seit 1997 einen nach ihm benannten Tranströmer-Preis für Literatur vergibt. Von 1980 bis zu seinem Ruhestand arbeitet Tranströmer als Arbeitspsychologe beim schwedischen Arbeitsamt. Im Jahr 1990 erlitt er einen schweren Schlaganfall, von dem er sich nur schwer wieder erholte.

Tomas Tranströmers Stilmittel liegt in der sprachlichen Verdichtung, die mit möglichst wenigen Worten auskommt und in der Wirkung der vielfältigen Assoziationen. Dabei dienten ihm vor allem die strengen formalen Vorgaben des japanischen Haiku-Gedichts als Inspiration. Tranströmer selbst ist alles andere als ein Vielschreiber. Auch sein Oeuvre zeichnet sich durch Minimalismus aus und umfasst nicht einmal 100 Texte. Er selbst bezeichnete seine Gedichte als Gegengift zum Trommelfeuer der Massenmedien und der Werbeindustrie.


Bei uns weniger bekannt, gilt Tomas Tranströmer in Schweden als ganz großer Lyriker, dessen Gedichte sich durch seine sprachliche Verdichtung und seinen Minimalismus auszeichnen. Bildquelle: Andrei Romanenko, Wikipedia

Peter Englund der Sprecher der Nobelpreis-Akademie bezeichnete den Lyriker Tomas Tranströmer als einen der größten Poeten unserer Zeit. Er hat den Preis bekommen, weil er uns in komprimierten, erhellenden Bildern neue Wege zum Wirklichen weist.

Aber nicht alle zeigen sich von der Wahl der Schwedischen Akademie begeistert, wie z.B. der bekannte Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, der demonstrativ noch nicht einmal den Namen des Literaturnobelpreisträgers gehört zu haben will: Ich habe keine Ahnung, wer der Lyriker ist, sagte er am Donnerstag in einer ersten Reaktion der dpa.

Überaus positiv hingegen wird die Verleihung des Literaturnobelpreises an Tomas Tranströmer in einem Beitrag von Jan Scheper in der deutschen Tageszeitung TAZ kommentiert:

Nach 14 Jahren geht der Nobelpreis erstmals wieder an einen Lyriker. Tomas Tranströmer ist eine kluge Wahl, die auch die Bedeutung der literatischen Gattung betont. [...]

Mit dem diesjährigen Literaturnobelpreis hat man einen großen Poeta minor ausgezeichnet. Einen dem Erkennen verhafteten Minimalisten, der die Sprache stets mit liebevoller Härte bei ihrer in die Worte hineinreichenden Wurzel zu packen wusste und weiß.
Jan Scheper, TAZ, 7.10.2011

 

Weiterführende Links:

Kurier: Lyrik mit dem Literaturnobelpreis 2011 ausgezeichnet
Presse: Drei Gedichte von Nobelpreisträger Tranströmer
Spiegel-Online: Literaturnobelpreis geht an Tomas Tranströmer
Die Lyrik des Tomas Tranströmer: Wie Silber, bei einem Pfandleiher
Der Standard: Der Fallschirm der Worte
Nobelprize.org: Literaturnobelpreis 2011
Wikipedia: Thomas Tranströmer

 

Andreas Markt-Huter, 07-10-2011

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