Hugo Bonatti über Wilhelm Busch

Hugo Bonatti, geb. 1933, ist eine in der österreichischen Literatur einmalige Erscheinung. Er bezeichnet sich selbst als verhinderten Musiker und Komponisten. Bonatti überträgt musikalische Elemente und Gesetze auf seine Prosa. Worte sind für ihn ein unermesslicher Reichtum gebündelter Laute, welche durch ihre Akkorde und Rhythmen Kräfte des Geistes und Gemütes anregen.

Der Prosa und Dramatikpreisträger der Stadt Innsbruck hält im In- und Ausland zahlreiche Lesungen. Für die Teilnehmer/innen des PH-Lehrganges Ausbildung zum/zur Schulbibliothekarin rezitierte er Max und Moritz.

Dina Überall, die Leiterin des Lehrgangs Ausbildung zum/r Schulbibliothekar/in sprach für Lesen in Tirol mit Hugo Bonatti über Wilhelm Busch und seinen Max und Moritz.



Lesen in Tirol: Was schätzen Sie an diesem Klassiker von Wilhelm Busch? Ist er auch abseits des Jubiläumsjahres noch aktuell?

Hugo Bonatti: Dass Max und Moritz ein einmaliger Wurf ist, steht gewiss außer Debatte. Die einzelnen Streiche sprühen nur so vor Lebendigkeit, Unmittelbarkeit, Ideenreichtum, Witz, Satire, d. h. Gesellschaftskritik. Obwohl Busch in einem Brief von einem Kinderbuch spricht, ists doch nur sekundär ein solches - insofern, als eben Kinder  die Hauptakteure sind; aber dass er hier vor allem die dörfliche Erwachsenenwelt geißelt, darüber gibts wohl keinen Zweifel. Man weiß ja auch ziemlich genau Bescheid über die Vorbilder; teils ists sogar er selbst - als Bub. Wer darüber Genaueres nachlesen will, dem sei Dietmar Griesers Buch Die kleinen Helden empfohlen.



Lesen in Tirol: Wann haben Sie alle Streiche der wohl berühmtesten Lausbuben seit fast 100 Jahren auswendig gelernt?

Hugo Bonatti: Auswendig gelernt, nämlich bewusst, überhaupt nie! Ich kann Max und Moritz seit meiner Kindheit auswendig, rein vom Lesen her.

Lesen in Tirol: Welcher ist Ihr persönlicher Lieblingsstreich?

Hugo Bonatti: Also  e i n e n  Lieblingsstreich hab ich nicht; liebe vielmehr die Streiche 1 - 4 und den letzten ziemlich gleich, während mir scheint, dass die Streiche 5 über den Onkel Fritz und 6 über den Bäckermeister etwas abfallen - nicht zeichnerisch, sondern allgemein.



Lesen in Tirol: Was ist wichtig beim Rezitieren?

Hugo Bonatti: Naja, die Sachen nicht bloß vorlesen, sondern sie lebendigst vortragen, d. h. auch ?spielen, schauspielern, durch Gebärden begleiten und so. Das will freilich gelernt sein! Am wichtigsten scheint mir die Betonung des ?erzählerischen Elements, das Es war einmal. Und natürlich: m u s i k a l i s c h  lesen, will sagen: die Stimme frei schwingen lassen; heißt weiter: bald höher, bald tiefer sprechen, wie es der Text erfordert, bald langsam, bald schnell(er). Kurz gesagt: Das  L e b e n,  das in den Texten steckt, herausholen!

Lesen in Tirol: Danke für das Interview.









Quelle oder Autor/-in: Dina Überall (RE)

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