Österreichische Kinderliteratur im Doppelpack

Zum Auftakt ihrer heurigen Lesereise in den Westen brachte die beliebte österreichische Kinderbuchautorin Gerda Anger-Schmidt ihren Sohn Martin Anger nach Kitzbühel an die Volksschule mit. Zu viele Köche verderben den Brei. Wie schaffen es dann zwei Autoren gemeinsam ein Buch zu schreiben, ja noch mehr, auch gemeinsam Lesungen zu geben? Das und mehr verrät das Schriftstellerduo in folgendem Interview für Lesen in Tirol.


Lesen in Tirol: Liebe Gerda, wir freuen uns, dass du den weiten Weg von Wien nach Tirol nicht gescheut hast und wiederum viele Schüler/innen mit Sprach- und Wortspielen zum Lachen bringst. Persönlich hast du es mit Reimen und Wortwitz sehr weit gebracht, nämlich bis zum Österreichischen Staatspreis 2007 für Kinderlyrik. Wer hat dir die Freude am kreativen Umgang mit Sprache in die Wiege gelegt? Und wie konntest du sie deinem Sohn Martin vermitteln?

Gerda Anger-Schmidt: Meine Mutter war eine sehr fantasievolle Frau und hat mir viele Geschichten erzählt. Kaum konnte ich selber lesen, war kein Buch mehr vor mir sicher. Und später kamen dann die gesprochene Sprache über Kabarett und Theater dazu. Martin war als Kind schon ein großer Sprachschöpfer und Sprachspieler. Da ich damals viele meiner Gedichte selbst vertonte, merkte ich, wie spielerisch leicht er Text und Musik behalten konnte und in der Folge selber eigene kleine Kompositionen mit sehr komplizierter Tonfolge und skurrilem Inhalt erfand.


Gerda Anger-Schmidt bringt ihre Zuhörer/innen zum Lachen

Lesen in Tirol: Lieber Martin, viele Kinder sträuben sich schon beim Hausaufgabenmachen, wenn sie mit der Mama zusammenarbeiten sollen. Du schreibst gemeinsam Bücher mit ihr. Gibt es da nicht manchmal Konflikte? Wer behält im Zweifelsfall das letzte Wort?

Martin Anger: Es gibt natürlich auch bei uns Konflikte, aber die sind schnell wieder aus der Welt geschafft, weil wir beide Humor haben und wissen: Mit einem Lachen lässt sich alles besser lösen. Wir entwickeln mitsammen die Ideen, ich bringe dabei die Dialoge ein, weil ich ja vom Improvisationstheater komme und Gerda ist mehr mit den Psychogrammen der Personen und dem Abrunden der Texte beschäftigt.

Lesen in Tirol: Mit Martin hast du die Krimi-Werkstatt Hey, baby, it´s crime time ins Leben gerufen. Was passiert um Himmels Willen nun in einer Krimiwerkstatt?

Gerda Anger-Schmidt: In unserer Krimiwerkstatt probieren wir aus, welche Themen und
Möglichkeiten sich ergeben, ohne Mord und Totschlag, einen Krimi für Kinder zu schreiben, der spannend und originell ist und Lust auf mehr macht.

Lesen in Tirol: Da ich dich, Martin, telefonisch nicht gleich erreichte, hörte ich deinen Anrufbeantworter ab. Vor Schreck habe ich sofort wieder aufgelegt. Da war sogar vom Zerstückelt- und Gekochtwerden die Rede, wenn man keine passende Nachricht hinterlässt... Für welche Altersgruppe schreibst du Kinderkrimis und sind die auch wirklich jugendfrei?

Martin Anger: Ja, unsere Kinderkrimis sind absolut jugendfrei. Auf meinem Anrufbeantworter ist die deutsche Synchronstimme von Anthony Hopkins aus dem Film Das Schweigen der Lämmer, die ich sehr magisch finde, wobei ich zugeben muss, dass der Text makaber ist, vor allem für die, die den Film nicht kennen. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass der Text falsche Fährten legt. Aber eines ist sicher: Kalt lässt er keinen und wird auch immer wieder thematisiert. Ich schreibe für Kinder von 8 - 11 Jahren, und in meinen Krimis wird weder gemordet noch Blut vergossen. Großes Ehrenwort!


Anger Martin

Lesen in Tirol: Stimmt es, das ihr beide gern kocht und auch essen geht? Was für Hobbys gibt es noch?

Martin Anger: Ja, das stimmt, Gerda konnte immer schon gut kochen. Bei mir hat sich das erst im eigenen Haushalt entwickelt, ich bevorzuge die scharfe Küche aus Thailand und Indien. Andere Hobbys: Mountainbiken, Schwimmen, Fitness, Kino, Freunde treffen, Reisen - sowohl Städte-Trips als auch Reisen in ferne Länder wie Vietnam, Thailand, Laos.

Lesen in Tirol: Liebe Gerda, ergänze bitte folgende Sätze:

Dein Sohn Martin ist ein Lebenskünstler. Beruflich ist er ein verlässllicher Lese-Partner, privat aber auch ein verrücktes Huhn, mit dem es einem nicht langweilig wird.
Am liebsten würde er eine Weltreise machen.
Ganz und gar nicht mag er Petersilie.
Er hat die Gabe, andere Menschen zu beheimaten, hat viel Empathie (Mitgefühl) und kann aus dem Stegreif Szenen aus dem Alltag nachspielen, die kein Auge trocken lassen.

Lesen in Tirol: Nun, Martin, bist du an der Reihe:

Deine Mutter Gerda schreibt Kinder- und Jugendbücher, Lyrik für Kinder und Erwachsene und bisweilen auch Hörspiele und Drehbücher.
Sie liebt Federn, Steine und die Stille. Sie mag es auch, irgendwo einfach nur zu sitzen und sich neue Geschichten auszudenken.
Ihre größte Stärke ist ihr Humor.

Lesen in Tirol: Welche Projekte habt ihr für die nahe Zukunft geplant und woran arbeitet ihr gerade?

Gerda Anger-Schmidt: In Arbeit ist ein neues Kinderbuch, im Kopf haben wir einen neuen Krimi und ein Bilderbuch. Im Herbst kommt ein Buch mit Rätselreimen (gemeinsam mit dem ORF) heraus.

Lesen in Tirol: Was wollt ihr den Lehrern/innen von Tirol noch sagen?

Martin Anger: Dass wir immer wieder gerne gemeinsam oder auch jeder für sich nach Tirol kommen, um den Kindern mit unseren Texten die Sprache schmackhaft zu machen und sie zum Lesen zu verführen.


Sprichwörter einmal anders...

Lesen in Tirol: Ich bedanke mich recht herzlich für das Interview, auch beim
Tiroler Kulturservice, welches Autorenlesungen unterstützt, die sonst an den Schulen schwer möglich wären. Weiterhin wünsche ich euch beiden viel Erfolg und freue mich auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen!

Buchtipps:
 

Der Fälscherbande auf der Spur Anger-Schmidt Gerda und Anger Martin


Neun nackte Nilpferddamen. Anger-Schmidt  Gerda

 
Muss man Miezen siezen?  Anger-Schmidt  Gerda


Noch schlimmer geht´s immer Anger-Schmidt Gerda, Ballinger Erich und Anger  Martin
 



Quelle oder Autor/-in: Dina Überall, 29.05. 2010

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