Mario Vargas Llosa: Literaturnobelpreisträger 2010

Der Literaturnobelpreis 2010 geht an den peruanischen Schriftsteller Mario Vargas Llosa für seine Kartographie der Machtstrukturen und scharfkantigen Bilder individuellen Widerstands, des Aufruhrs und der Niederlage, wie es in der offiziellen Begründung der Schwedischen Akademie lautet.

Mario Vargas Llosa wurde am 28. März 1936 in Arequipa in Peru geboren. In Lima besuchte er eine katholische Schule und später die Militärschule Leoncio Prado. In Lima und Madrid studierte Vargas Llosa Jura und Literaturwissenschaft in Lima und Madrid. 1955 heiratete er und 1959 zog er nach Paris, wo er sowohl als Journalist für die Nachrichtenagentur AFP und das Fernsehen als auch als Lehrer für Sprachen gearbeitet hat.

Sein internationaler Durchbruch als Schriftsteller gelang ihm 1963 mit dem Roman Die Stadt und die Hunde (La ciudad y los perros), in dem er seine Erfahrungen aus der Militärschule in Leoncio Prado verarbeitete. 1966 wurde der Romans ins Deutsche übersetzt.

Nach mehrjährigen Aufenthalten in Europa, wo er in Paris, London und Barcelona gelebt hatte, kehrte er 1974 nach Lima zurück und wurde 1975 an die Peruanische Akademie berufen. Seine Vorlesungs- und Unterrichtstätigkeiten führten in an zahlreiche Universitäten in Südamerika, in den USA und in Europa.

In einem telefonischen Interview mit Adam Smith, dem Herausgeber von Nobelprize.org, zeigte sich Mario Vargas Llosa von seiner Nobelpreisnominierung sehr überrascht:

 

Adam Smith: Was bedeutet es für Sie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden zu sein?

Mario Vargas Llosa: Nun ja, ich weiß es jetzt zwar, kann es aber immer noch nicht glauben, wissen sie? Ich muss es erst in den Zeitungen lesen. Ich bin sehr bewegt und es ist eine fantastische Unterstützung. Ganz offen gesagt, habe ich das nicht erwartet. Ich habe nie gewusst, dass ich mich unter den möglichen Kandidaten befinde. Aber wie auch immer ist es ein fantastisches Ereignis und ich fühle mich sehr, sehr überrascht.
Nobelprize.org: Telephon-Interview mit Mario Vargas Llosa

 

Mario Vargas Llosas setzt sich in seinem literarischen Schaffen besonders mit den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen in Peru auseinander. Der Hauptkritikpunkt in seinen Werken gilt undemokratischen und korrupten politischen Systemen, egal ob sie links- oder rechtsgerichtet sind. Vor allem die die hohe Gewaltbereitschaft und die mitunter rassistische Klassenordnung in Peru und Lateinamerika kommen immer wieder zur Sprache. Vor allem in seinen späteren Werken verarbeitet Vargas Llosa vermehrt auch Themen die über Peru und Lateinamerika hinausgehen.


Der Literaturnobelpreisträger 2010 Mario Vargas Llosa setzt sich in seinem reichen Werk kritisch mit den politischen und sozialen Problemen in seiner Heimat Peru und in der Welt auseinander. Originalfoto: Daniele Devoti, Creativ Commons

 

Zu seinem literarischen Schaffen zählen klassische Romane ebenso wie Kriminalgeschichten, politische Thriller, historische Romane, Theaterstücke, Komödien, Essays, politische Schriften und literaturwissenschaftliche Abhandlungen. Viele Werke sind autobiographisch geprägt und kritisieren antidemokratische und die Menschenrechte verletzende Regierungen.

Neben seiner Schriftstellerischen Tätigkeit gehörte Mario Vargas Llosas Engagement dem politischen Leben in Peru. 1990 bewarb sich der Schriftsteller um das peruanische Präsidentenamt. Obwohl er während des Wahlkampfes als Favorit gegolten hatte, musste er sich in einer Stichwahl dem Außenseiter Alberto Fujimori geschlagen geben.

In einem Interview, das Vargas Llosa 1996 mit der deutschen Zeitschrift Der Spiegel führte, sprach er sich ganz klar für ein politisches Engagement von Künstlern aus:

 

Ich empfinde es als wesentlich für meine Arbeit als Schriftsteller, mich an der politischen Debatte zu beteiligen und als Bürger Kritik zu üben. Literatur sollte sich von dem anstecken lassen, was draußen passiert, sonst wird sie trivial und dekadent.
Der Spiegel: Die Massen wollen Blut. 15/1996

In Bezug auf den Sozialstaat in Europa und das soziale Netz vertrat der Liberal-Demokrat Vargas Llosa in diesem Gespräch eine durchaus kritische Haltung:

Das Auffangsystem, das mit viel Idealismus und Großzügigkeit errichtet wurde, ist heute nicht mehr realistisch. [...] Ich glaube, Politiker haben die Pflicht zu erklären, dass die Reform weg von staatlichen Subventionen hin zur Eigeninitiative der Bürger nicht länger aufgeschoben werden kann.
Der Spiegel: Die Massen wollen Blut. 15/1996

 


Eine kleine Auswahl aus dem auf deutsch erschienenen
literaterarischen Schaffen von Mario Vargas Llosa:

 

    
v.l.n.r.: Das grüne Haus (1968), Die jungen Hunde (1975), Tante Julia und der Kunstschreiber
(1979), Demokratie heute (1993).

    
v.l.n.r.: Tod in den Anden (1997), Nationalismus als neue Bedrohung (2002), Das Fest des
Zeigenbocks (2001), Die Sprache der Leidenschaft (2002).

    
v.l.n.r.: Das Paradies ist anderswo (2004), Briefe an einen jungen Schriftsteller (2004),
Das böse Mädchen (2006), Die Welt des Juan Carlos Onetti (2009).

 

Weiterführende Links:

 

Andreas Markt-Huter, 13-10-2010

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