Friedrich Hahn, wie gesagt

Buch-Cover„Wie gesagt“ ist neben der Fügung „meine Damen und Herren“ die am meisten verwendete Floskel bei Reden im Nationalrat. Diese Fügung unterstreicht bloß, dass alles, was semantisch verfügt worden ist, jetzt ins Leere geht.

Friedrich Hahn setzt seinem „Wie-gesagt-Zyklus“ den Gedichten diese Floskel in die Brüstung, wie man oft einem Haus einen Balkon verpasst. Die Fügung ist da und hat keinen anderen Sinn, als auf sich selbst aufmerksam zu machen. Wenn etwas so gehäuft vorkommt, läuft alles wie gesagt, soll heißen, wie geschmiert.

Im Kernzyklus zu Beginn des Bandes geht es um Themen wie Kälte, Spiel, Improvisation, Zumutung oder Geschenk. Alle diese Gesprächsbojen taumeln tagsüber im See des öffentlichen Sermons. Es handelt sich um scheinbar belanglose Zuckungen, die aber letztlich doch einen Sinn aufblitzen lassen, welcher den lyrischen Figuren eher ungewollt entfahren ist, als dass diese ihn bewußt abgesetzt hätten. So tritt an der entscheidenden Stelle des Gedichtes „reimloses“ das Pedal als lyrische Figur auf und ins Leere. (35)

In der kurzen Geschichte über Lisa, die Stadt und die Kunst, macht zuerst Lisa die Liebesdienste gratis, dann kunstvoll, als sie mit der Kunst scheitert, macht sie es wieder gratis. Die einzelnen Abschnitte sind zu Textquader geformt, als ob jemand einmal ein großes Haus voller Lebensentwürfe damit bauen wollte, aber die Textziegel bleiben unbehauen im Riff der Story gestrandet.

Bei den so genannten Überraschungsgedichten sind die Überraschungen oft schon durch das Figurenset vorprogrammiert. Wenn etwa Kellnerin, Koch und Schweinsmedaillions zusammenkommen, kann letztlich nur eine schweinisches Aha-Erlebnis daraus hervorgehen (80).

Die erotischen Episoden eines Unerotischen sind abgehangene Erlebnishappen eines Anti-Casanova, voller Altersweisheit, Altersaufregung und langweiliger Zuwendung an sich selbst.

viel streicheln. die fremde, rote natur. auf ein neues, dachte ich mir noch. und es war, wie es immer war. (98)

Den Abschluss bilden die „Vorgänge“, hier handelt es sich um den Abdruck einer Wort-Performace im Volkstheater am 30.6.2005. Diese Performance endet mit den vier Grundverhaltensregeln in der Literatur:

etwas sagen – und etwas anderes tun; / etwas tun – und etwas anderes denken; / etwas denken – und etwas anders fühlen; / etwas fühlen – und etwas anderes sagen (118)

Wie gesagt: Bravo und vor den Vorhang!

Friedrich Hahn: wie gesagt. neue zyklen.
Wien: Passagen 2005. 118 Seiten. EUR 14,90. ISBN 3-85165-721-7.

 

Helmuth Schönauer, 21-12-2005

Bibliographie

AutorIn

Friedrich Hahn

Buchtitel

wie gesagt

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2005

Verlag

Passagen

Seitenzahl

118

Preis in EUR

EUR 14,90

ISBN

3-85165-721-7

Kurzbiographie AutorIn

Friedrich Hahn, geb. 1952, lebt in Wien.

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