Schulbibliothek als Ort der Begegnung

Im Oktober 2007 beginnt ein neuer Ausbildungskurs für Schulbibliothekar/innen. Die Nachfrage nach Kursplätzen war enorm. 27 Ausbildungsplätze konnten vergeben werden. Lesen in Tirol sprach mit Landesschulinspektor HR Dr. Reinhold Wöll über die Bedeutung der Schulbibliotheken.

Lesen in Tirol: Welche Bedeutung haben Büchereien in der Schule?

Reinhold Wöll: Hoffentlich eine ganz zentrale. Als Rückzugsraum einerseits, wo Schüler/innen ihren Interessen nachgehen können, und als Unterrichtsraum andererseits, in dem Unterricht stattfindet, der über die reine Wissensvermittlung hinausgeht. In multimedialen Schulbibliotheken lernt man Arbeitstechniken wie Recherchieren u.a. auf vorzügliche Weise. Im Übrigen drücken wir in Tirol durch die Regelung der Abschlagstunden unsere Wertschätzung für die Arbeit in den Bibliotheken aus. Das ist nicht in allen Bundesländern so. Hier sei dem Land Tirol, sprich Abteilung Bildung und dem Landesrat Dr. Koler gedankt.

Lesen in Tirol: Werden Schulbibliotheken dieser Erwartung gerecht?

Reinhold Wöll: Davon gehe ich aus. In der Ausbildung zum Schulbibliothekar/zur Schulbibliothekarin wird mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass die Schulbibliothek an zentraler Stelle im Schulgebäude angesiedelt sein soll. Zuweilen verhindern lokale Begebenheiten und Zwänge dieses Vorhaben. Aber es rächt sich am Ende immer, wenn Kompromisse eingegangen werden und die Schulbibliothek im Keller oder Dachboden, fernab von den Klassen und dem Konferenzzimmer, errichtet wird.

Lesen in Tirol: Sie verstehen die Schulbibliothek als Ort der Begegnung?

Reinhold Wöll: In einer funktionierenden Bücherei soll sich etwas tun! Deshalb muss sie leicht erreichbar sein. Im Idealfall wird sie täglich, wenn nicht sogar mehrmals pro Tag für die individuelle Benützung durch Schüler/innen und Lehrer/innen geöffnet sein. Die Bibliothekar/innen müssen Mittel und Wege finden, durch spezielle Angebote, aber auch durch nicht allzu restriktive Reglementierungen möglichst vielen Schüler/innen den Weg in die Bibliothek schmackhaft zu machen.

Lesen in Tirol: Welche Aufgabe kommt den Bibliothekar/innen zu?

Reinhold Wöll: Die Direktor/innen entsenden in die Ausbildungskurse Kolleg/innen, die auch innnerhalb der Schulgemeinschaft eine wichtige Rolle spielen. Bibliothekar/innen müssen ihre Kolleg/innen überzeugen können, wenn es um die Durchführung von Projekten u. ä. geht. Da sind Menschen fehl am Platz, die sich ins stille Kämmerchen zurückziehen wollen!

Lesen in Tirol: Sehen Sie Möglichkeiten, Schulbibliotheken noch attraktiver zu machen?

Reinhold Wöll: Attraktiv ist eine Bücherei in meinen Augen dann, wenn sie für den Unterricht in allen Fächern zugänglich ist. Ausgebuchte Bibliothekspläne sind oft ein Spiegel für die Akzeptanz der Bücherei. Sie soll so oft wie möglich geöffnet sein. Interessierte Lehrpersonen, ja mitunter auch Schüler/innen können in den Betrieb eingebunden werden und Medien selbständig verleihen. Im Zeitalter digitaler Bibliotheken mit unterschiedlichen Mitarbeiterrechten eine Selbstverständlichkeit.

Lesen in Tirol: Kann das gutgehen? Es heißt, viele Köche verderben den Brei.

Reinhold Wöll: Ich wünsche den Bibliothekar/innen ein ausreichend großes Maß an Gelassenheit, er/sie  kann und soll nicht für alles und jedes die Verantwortung tragen. Eine Schulbibliothek funktioniert, wenn viele die Angebote nützen und ebenso viele sich verantwortungsvoll und mit Freude in der Schulbibliothek aufhalten.

Lesen in Tirol: Nachfrage, welches Buch haben Sie im Sommer besonders genossen?

Reinhold Wöll: Nun, den Roman von Prange Die Philosophin. Ein historischer Roman mit allen Zutaten von Wahrheit, Verrat, Intrige, Revolution und Liebe. Die Protagonistin begegnet Diderot und hält trotz aller Irrungen und Wirrungen an ihrem Philosophen unerschütterlich fest. Eine bemerkenswerte Frau. Mehr verrate ich nicht, bitte selber lesen.

Lesen in Tirol: Danke für das Gespräch.

Reinhold Wöll: Ich bedanke mich für die Arbeit in den Schulbliotheken und für die anspruchvolle Ausbildung durch das Team Embacher Reinhold und Überall Dina.

 

Raimund Senn, 27-09-2007



Quelle oder Autor/-in: Lesen in Tirol

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