liam callanan, ich erfinde parisLängst ist Literatur ein globalisiertes Geschäftsmodell geworden, in dem Autoren ähnlich einem Spielerfinder mit allen Tricks versuchen, den Leser zu fesseln und für ein paar Stunden von dessen Realität abzuschnüren. Der moderne Roman gleicht oft eher einer Spielkonsole, mit der man sich wegzappt, als einer Anleitung, wie man die weggezappte Welt aushalten könnte.

Eine ganze Industrie von Creative Writing wirbt quer über den amerikanischen Kontinent jedes Semester um neue Schüler, und die Professoren verfassen dabei Romane, worin sie ihre Writing-Thesen ausprobieren. Zumindest die Schüler müssen das alles lesen, womit sich eine satte Buch-Auflage verkaufen lässt.

gerhard jaschke, gemischte freudenAb wann wird der Nagel, an dem das Bild hängt, selbst zum Bild? Wie stark muss ein Satz sein, dass er einen Absatz tragen kann? Wie fett darf eine Headline ausfallen, dass sie den darunterliegenden Text gerade noch nicht erschlägt?

Gerhard Jaschkes Sprachradar hat die Fähigkeit zur Rundumsicht und zum Rundumschlag. Seine 360-Grad-Version von der Welt zeigt immer das Allgemeine in einem Mikrokosmos. Umgekehrt kann sich in der Mickrigkeit eines Satzes ein ganzes Sozio-Universum auftun.

judith le huray_materialien zu monsterboy„Das Unterrichtsmaterial unterstützt Sie dabei, Ihren Schülern die Bedeutung eines respektvollen Miteinanders zu vermitteln, indem es die Themen der Lektüre auf vielfältige Art und Weise aufgreift. Es ist in einen didaktischen Teil und daran anschließende Kopiervorlagen gegliedert.“ (S. 3)

Die speziell für die Schule konzipierte Lektüre „Monsterboy“ liegt in zwei Fassungen vor: eine für gute und eine „light Version“ für schwächere Leserinnen und Leser. Damit ist eine gezielte und gemeinsame Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Buches für alle Lesertypen im Unterricht möglich.

stefan kutzenberger, friedingerDie Fiktion ist ja per se etwas Farbloses und Diffuses, das erst beim Lesen Konsistenz erlangt. Im Falle von schwerer Fiktion entsteht daraus ein Kosmos, der sich zu einer handfesten Figur verdichtet.

Stefan Kutzenberger hat einen raffinierten Erzählplan. Er geht scheinbar autofiktional in die Figur des Stefan Kutzenberger über, der eine schwere Schreibkrise durchmachen muss, weil er eigentlich bloß Vater in einer glücklichen Familie sein will. Stark lastet die Sendung auf ihm, ein Schriftsteller sein zu müssen, seine Frau hat Mitleid und schenkt ihm eine Auszeit, er darf in Kreta befreit von der Familie einen Schreiburlaub zelebrieren.

helmuth schönauer pension„Jeder, der von Helmuth Schönauers fünftausend Buchbesprechungen erfährt, fragt sich, wie schreibt man fünftausend Buchbesprechungen, und wieso tut man das.“ (S. 5)

Auch nach seiner Pensionierung beschäftigt sich der Tiroler Schriftsteller Helmuth Schönauer mit literarischen Neuerscheinungen zwar mit einem besonderen Blick auf den Tiroler Literaturbetrieb ohne aber internationale Besonderheiten aus dem Auge zu verlieren.

bestsellerBestseller sind Bücher, die eine Zeitlang in aller Munde sind und deshalb die zögerliche Leserschaft in die Bibliothek locken. Viele Erstkontakte zu den Lesern verdanken wir Bibliothekare den Bestsellern, denen wir freilich Euphorie-begrenzt begegnen.

Jörg Magenau sucht aus den fast unendlich vielfältigen Angeboten jeder Saison jene deutschsprachigen Bücher heraus, die seit 1945 ein sagenhaftes Motiv in die Literatur gebracht und seinerzeit die Diskussion geprägt haben. Daraus entsteht eine Literaturgeschichte aus Bestsellern mit Bestsellern und für Leute, die auf Bestseller abfahren.

Hier schläft das Tier mit ZöpfenLyrik ist nur im Hardcore ein poetisches Gebilde, das aus seltsamen Wortkonstellationen besteht. In der dynamischen Gedichte-Welt der Gegenwart sitzt die Poesie als Humor, Wissenschaft, Dramaturgie oder Drehbuch zwischen den Zeilen. Manche Gedichte dieser Bauart sind nur durch Zufall ein Gedicht geworden, genauso gut könnten sie ein Spielfilm oder ein Theaterstück sein.

Margret Kreidl wählt für die Gedichtsammlung den seltsamen Titel „Hier schläft das Tier mit Zöpfen“. Das geht auf das Sprichwort zurück: Hüte dich vor dem Tier, das Zöpfe hat. (55)

Geschichten von AnderenWenn man lange genug magisch auf eine Gegend schaut, entsteht dabei die Literatur wie von selbst. Der schwedische Wald hat, wie übrigens auch der Innsbrucker Mitterweg, die Kraft, täglich neue Geschichten wachsen zu lassen.

Der Grazer Literaturverwalter und Schriftsteller Manfred Mixner sitzt schon seit Jahren im schwedischen Wald und blättert in alten Aufzeichnungen, sortiert die Geschichten neu und holt Höhepunkte der Literaturvermittlung als Rundfunkmacher und Literaturhausbetreiber aus den Mappen.

markus köhle, slam oidaSlam-Ignoranten vergleichen diese Kunstgattung mit dem Jodeln. Beides wird an besonders herzigen Abenden als Wettbewerb auf der Bühne aufgeführt, hat mit Sprache nur am Rande zu tun, gilt als vollkommen unpolitisch und würdigt vor allem die Tagesverfassung.

Markus Köhle und Mieze Medusa kontern dieser unverfrorenen These mit einem sogenannten Handbuch „Slam, Oida!“, darin geht es um satte fünfzehn Jahre Poetry Slam in Österreich. In einem literaturhistorischen Abriss wird diese Epoche Jahr für Jahr aufgerollt. Slam Poetry ist ein Musterbeispiel für eine inszenierte Kunstbewegung, die streng nach Richtlinien des Marketings vorgeht.

catherine lowell, die kapitel meines HerzensWenn es tausend Gründe gibt, weshalb man einen Roman lesen kann, dann wird wohl auch einer dabei sein für den Roman „Die Kapitel meines Herzens“, der sehr stromlinienförmig daherkommt. Wie alle Produkte aus der Welt des „Kreative Writing“ ist der Roman ein Produkt und kein Kunstwerk. Als Produkt macht er vieles richtig.

Catherine Lowell hat diesen Roman quasi als Masterarbeit für Fiktion geschrieben. Der Stoff ist höchst anspruchsvoll, es handelt sich wieder einmal um die Geschwister Bronte, die die literarische Welt seit den 1840er Jahren aufmischen. Das Schicksal der Heldin Samantha ist ein sehr hohes und gebildetes, sie ist nämlich die letzte Nachfahrin der Bronte-Dynastie.