Philosophie | Religion

Robin Forstenhäusler u.a., Probleme des Antirassismus

andreas.markt-huter - 06.10.2023

andreas stahl, probleme des antirassismus„Anlass des vorliegenden Sammelbandes zu Problemen des Antirassismus ist ein grundlegendes Unbehagen mit diesen, in der Öffentlichkeit oft kritiklos und mit großer moralischer Verve verbreiteten Dogmen des vorherrschenden Antirassismus. Es stellen sich Fragen wie: Was soll eigentlich ›systemischer‹ oder ›institutioneller Rassismus‹ sein? Verdrängt dieser Begriff allmählich gesellschaftstheoretische Ansätze überhaupt …“ (S. 9)

Von Amerika kommend hat die Diskussion über Rassismus, Antirassismus, strukturellen Rassismus, kulturelle Aneignung u.a. auch Europa voll erfasst und sorgt, medial unterstützt, immer wieder für heftige, zum Teil sehr emotionale und meist moralisch hochgeladene Diskussionen zwischen verschiedenen Gruppen der Gesellschaft. „Probleme des Antirassismus“ setzt sich dazu kritisch mit den theoretischen Grundlagen und den dahinterliegenden Grundkonzepten der Antirassismusbewegung auseinander.

Judith Herrin, Ravenna. Hauptstadt des Imperiums, Schmelztiegel der Kulturen

andreas.markt-huter - 11.09.2023

judith herrin, ravenna„Ravenna war ein Knotenpunkt allererster Güte, der die enormen Kräfte, die das Mittelmeer teilen und der westlichen Hälfte der römischen Welt neue Bedeutung verleihen sollte, konzentrierte und zum Teil auch definierte. Die Geschichte Ravennas ist daher nicht bloß die Geschichte einer Stadt, ihrer Herrscher und ihrer Bewohner. Sie erfordert eine viel größer angelegte Darstellung der unterschiedlichen Kräfte und Mächte, die hier gebündelt wurden und Ravenna zum Schmelztiegel Europas machten.“ (S. 27)

Die renommierte englische Althistorikerin und Byzantinistin Judith Herrin stellt in ihrer Monographie „Ravenna“ die politische, religiöse und kulturelle Entwicklung einer außergewöhnlichen Stadt zwischen dem 5. und 9. Jahrhundert vor, die ihre Blütezeit im 5. und 6. Jahrhundert als Hauptstadt des Weströmischen und gotischen Reiches erlebt hat und heute noch seine Besucher mit ihren Baudenkmälern begeistert.

Evgenij Dajnov, Politik und Rock’n’Roll

andreas.markt-huter - 08.09.2023

evgenij dajnov, politik und rockn roll„Seit den frühen Sechzigern bis weit in die ersten Jahre des 21. Jahrhunderts hinein war Rock´n Roll der bevorzugte Schauplatz für den Tanz des Zeitgeistes. Dieser Geist ist natürlich auch in anderen Bereichen präsent – wie im Kino, im Theater, in der bildenden Kunst und der Literatur, mit denen ich mich ebenfalls befassen werde.“ (S. 10)

Evgenij Dajnov zeichnet eine Geschichte des Rock’n’Rolls in seiner politischen Dimension als Reaktion auf gesellschaftliche und soziale Verhältnisse und gleichzeitig aber auch als Antrieb und Anstoß für gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen im Zeitraum zwischen 1960 und 2020.

Noam Chomsky / Marv Waterstone, Konsequenzen des Kapitalismus

andreas.markt-huter - 28.07.2023

noam Chomsky und marv waterstone, konsequenzen des kapitalismus„Scheinbar endlose Kriege sowohl der heißen auch der kalten Art überall auf der Welt. Immer umfangreichere und gravierendere Umweltkatastrophen. Beispielloser globaler Reichtum und beispiellose Ungleichheit der Einkommen. Und, als Reaktion auf diese und weitere Symptome systemischen Zusammenbruchs immer repressivere und autoritärere Regimes, die sich einer extrem spalterischen Rhetorik bedienen. Das sind die Bedingungen, die das tägliche Leben von Milliarden von Menschen auf unserem Planeten charakterisieren.“ (S. 7)

Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem Kapitalismus stehen seine Folgen, die sich als Umwelt- und Klimakrise, militärische Eskalationen und eine neoliberale Durchdringung unserer Wirtschaft und Gesellschaft äußern.

Konrad Paul Liessmann, Lauter Lügen

h.schoenauer - 19.07.2023

konrad paul liessmann, lauter lügenWas für ein Cover! - Lauter Lügen | Lauter Lägen | Konrad Liessmann | Lauter Lügen. Der Philosoph steht mitten unter Lügen.

Konrad Paul Liessmann ist mit den beiden Tugenden Selbstvertrauen und Selbstironie gesegnet, was vor allem den Lesern zugute kommt. Denn je nach Strenge des Gedankens ist man geneigt, sich manchmal der übersteigerten, dann wieder der lustigen Seite des Denkens zuzuwenden.

„Lauter Lügen“ ist eine Essaysammlung aus den Jahren 2016 bis 2022. Als philosophische Überlegungen wurden die Texte in der „Neuen Zürcher Zeitung“ und „Kleinen Zeitung“ abgedruckt. Beide Zeitungen haben hohes Renommee, wenn auch verschieden gelagertes Publikum, dem liberalen Schweizer Freigeist steht auf der anderen Seite der klerikal Österreichische Kleingeist gegenüber. Die Essays freilich sind so offen gestaltet, dass sie an beiden Segmenten andocken können.

Reinhard Margreiter, Wohnen im Zeitalter der Mobilität

h.schoenauer - 26.05.2023

reinhard margreiter, wohnen im zeitalter der mobilitätDie Wohnung ist nach dem Blastoderm und der Kleidung unsere dritte Haut, in der wir leben. Die vierte wäre das politische Gemeinwesen. So ungefähr ist für das Ende des letzten Jahrhunderts das Curriculum der Erwachsenenbildung aufgebaut. Anhand der vier Häute können damit alle Probleme des adulten Menschen besprochen und fallweise gelöst werden.

Das Wohnen an sich ist zwar seit Jahrhunderten jenes Thema, das dem Denken und Philosophieren eine weite Bühne bietet, man denke nur an den berühmten Heideggersatz „Die Sprache ist das Haus des Seins“. Im gegenwärtigen Diskurs freilich handelt das Wohnen vom Schaffen von Wohnraum, der Materialisation von Kapital und einem vorläufigen Endzustand einer Gesellschaft, die in den Segmenten Tourismus und Migration ständig unterwegs ist.

Joachim Gunter Hammer, Quantenschäume

h.schoenauer - 19.05.2023

joachim gunter hammer_quantenschäumeWenn ein physikalisches Thema mit einem Nobelpreis für Physik ausgestattet wird, sollte dann nicht auch in der Lyrik dieses Thema aufgegriffen werden?

Joachim Gunter Hammer verfasst schon ein Leben lang Gedichte, die in der Welt der Physik spielen, mit mathematischen Formulierungen jonglieren und biologische Kreisläufe jäh unterbrechen, um sie poetisch fortzusetzen.

Im Diskurs über seine Gedichte tauchen manchmal plastische Bilder auf, um die Vorgänge rund um seine Lyrik halbwegs in Worte zu fassen. Ein bemerkenswerter Vergleich spricht davon, dass Joachim Gunter Hammer nicht Gedichte „baut“, indem etwas aus dem Nichts konstruiert wird, sondern dass er sie „abbaut“, wie Erze in der Montanistik.

Alain Deneault, Die Herrschaft der extremen Mitte

andreas.markt-huter - 15.05.2023

alain denault, die herrschaft der extremen mitte„Was kann ein Mittelmäßiger am besten? Einen anderen Mittelmäßigen erkennen. Sie tun sich zusammen, kraulen sich gegenseitig das Fell und danken es mit einer Gegenleistung, um einem wachsenden Klan den Rücken zu stärken, denn schon bald werden sie andere Mittelmäßige anziehen. Wichtig dabei ist nicht so sehr, Dummheit zu vermeiden, als sie mit Bildern der Macht zu schmücken.“ (S. 11)

Wenn nur mehr die Macht des Geldes regiert und alle sich in den Dienst der Reichen und Mächtigen stellen, um deren selbstbezogene Ziele zu verfolgen, herrscht das Mittelmaß, das nicht mehr über ein vorgegebenes Denken und Handeln hinauskann und das alle Bereiche des geistigen, ökonomischen und kulturellen Lebens durchzieht.

Alain Finkielkraut, Vom Ende der Literatur

andreas.markt-huter - 01.05.2023

alain finkielkraut vom ende der literatur„In normalen Zeiten stehen uns zwei Mittel zur Verfügung, um zu verhindern, dass das Besondere im Allgemeinen untergeht: die Literatur und das Recht. Die Beachtung von Unterschieden und die Weigerung, pauschalierend zu denken – charakteristisch sowohl für die juristische als auch für die literarische Betrachtung des menschlichen Lebens –, bewahren uns vor ideologischem Denken. In revolutionären Zeiten aber gehen Menschlichkeit und Scharfblick solcher Art in der Flut der mitleidlosen Anteilnahme unter …“ (S. 78 f)

Alain Finkielkraut gilt als einer der bekanntesten und provokantesten französischen Philosophen der Gegenwart. Dabei stellt er ganz bewusst gängige dominierende Strömungen des politischen und gesellschaftlichen Diskurses in Frage und untersucht sie auf ihren Hintergrund und ihre Folgen.

Ronald Weinberger, Die Astronomie und der liebe Gott

h.schoenauer - 22.02.2023

ronald weinberger, die astronomie und der liebe gottBücher über große Themen unterliegen dem Erzählparadoxon: Je größer das Thema, desto bescheidener hat die Erzählhaltung auszufallen.

Ronald Weinberger nimmt sich berufsbedingt das größte denkbare Thema zu Herzen, das wahlweise mit All, Weltraum oder Universum bezeichnet wird. Seinen bescheidenen Erzählstandpunkt drückt er in einer Widmung aus, indem er sich bei den Eltern bedankt, die ihn als Teil des Universums auf die Welt gebracht haben. Nebenbei sind sie fröhlich geblieben und erst in hohem Alter abgeklärt verstorben.